für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. H e r a u s g e g e b e n von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. ^§93. Dienstags, den 22. October 1839. Preßverhandlungen der Badischen zweiten Kammer über den Antrag des Abgeordneten Rotteck auf Wiederherstel lung einigen Rechtszustandes in Sachen der Presse. (Fortsetzung.) Sander fortfahrend: Wenn wir aber zugleich im Commissionsbcricht auch noch der Censur erwähnen und ihre Erleichterung verlangen, so sind wir hierzu leider ge zwungen ; denn in der Lage, in der wir uns befinden, ist sie noch am härtesten, und ihre Erleichterung ist immerhin eine Erleichterung unsers Zustandes. Es ist zwar der Be hauptung , daß die Censur bei uns strenger als in andern Deutschen Staaten sei, von dem Herrn Minister der aus wärtigen Angelegenheiten widersprochen worden; aber er möge unsere Blätter mit jenen anderer Deutscher Staaten vergleichen, und er wird finden, daß in andern Ländern viel milder censirt wird. Was die Nachrichten aus Amerika und Ostindien betrifft, da muß ich bekennen, ist unsere Censur nicht streng; aber gegen Artikel selbst das Inland betreffend, ist sie so streng, daß unsere Blätter kaum etwas darüber enthalten. Der Grund davon ist auch einfach: wir hatten eine Preßfreiheit, wir haben mitunter den Mund am weitesten aufgethan, und er ist uns deshalb am festesten geschlossen worden. Sieben Jahre sind seit Zurücknahme unserer Preßfreiheit umlaufen, wahrlich sieben fette Jahre an Censur und sieben magere Jahre an Freiheit, und wohl dürfen wir jetzt eine Erleichterung unserer Presse hoffen und erwarten. Der Herr Präsident des Ministeriums des Innern hat auch die Zusicherung crtheilt, die Censur werde in Zukunft milder gehandhabt werden. Man hat diese Zusicherung angenommen, ich nehme sie auch an, ja ich er kläre mich damit zufrieden; denn ich wenigstens verlange 6r Jahrgang. nicht, daß über die Censur ein Gesetz, daß eine Censurord- nung gegeben werde; alle Verordnungen und Gesetze über Handhabung der Censur führen meines Erachtens zu nichts; die Censur ist und bleibt eine Willkür, und die Willkür läßt sich nicht in Gesetze bannen. Wie gesagt also, die Zusicherung einer mildern Censur nehme ich an, ich wieder hole aber, daß ich mich nicht dem anschließe, daß eine Cen- surordnung gegeben werden soll, und will in jetziger Zeit überhaupt kein neues Preßgesetz ; denn so, wie man uns jetzt ein Preßgesetz geben will und kann, so will ich cs nicht, und so, wie ich es will, bekomme ich cs nicht." Staats rath Nebenius: „Das ist die Wahrheit." Rotteck cntgegnete: „Ich hatte mich nochmals er hoben, blos um auf einige Aeußerungen des Herrn Mini sters des Auswärtigen ein paar Worte zu erwiedern; allein cs haben die Abgeordneten Duttlinger, v- Jtzstein und Welcker schon das Nöthige gesagt, und ich bin daher jetzt dessen überhoben. Nur noch einiges Wenige muß ich hin zufügen : ich muß nämlich erklären und laut ausrufen, daß die Aeußerungen des Herrn Ministers mich nicht nur be trübt, sondern in das höchste Erstaunen gesetzt haben. Was der Herr Präsident des Ministeriums des Innern sagte, daß nämlich die Strenge gerechtfertigt werde durch den ein mal vorhandenen und unabwendbaren factischen Zustand, dem man sich daher unterwerfen müsse, hat noch einige Ent schuldigung für sich; aber daß das ganze System des Preß- zwanges, welches in einem großen Theile von Deutschland herrscht, daß das ganze System einer so tyrannischen Cen sur so gelobt und gepriesen werden könne als etwas, wovon die Ruhe Deutschlands abhänge, als etwas, wofür man dem Deutschen Bunde dankbar sein müsse, als etwas, was vielen 170