Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputieren des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Siedacteur: Or. I. Sl. Bergt. Commissionnair: A. Frohberger. 39. Freitag, den 26. September 1834. Buchhandel. Was für Kenntnisse muß jetzt ein Buchhändler haben? Nachtrag zu dem Aufsatze in dio. 3K. Daß der Umfang der Kenntnisse, welche in No. 36 des Börsenblattes für einen Buchhändler als erforderlich aufgestellt wurden, nicht geschlossen sey, war um so leichter vorauszusehen, da so Manches nicht berührt wor ben ist, was noch andere Tugenden des Buchhändlers be trifft. Wer wollte daran zweifeln, daß sich der Buch händler, dessen ganzes Geschäft vorzüglich auf wechsel seitiges Vertrauen stützt, durch eine strenge Beobachtung der Ordnung, durch Fleiß, Treue, Umsicht und Klug heit auszeichnen muß ? Diese Tugenden sind für ihn be sonders erforderlich, da sie eigentlich die Seele seines Gewerbes ausmachen. Er gewährt Vertrauen, An dere schenken ihm dieses wiederum, und sein Ehrenpunkt muß seyn, dieses nie zu verletzen. Daher kann man mit Recht annehmen, daß es unter diesem Stande sehr viele höchst ehrcnwerthe Männer giebt, welche die Recht schaffenheit, die Ordnungsliebe und die Achtung gegen die Menschheit (Humanität) über alles schätzen. Sie erfüllen ihre Verbindlichkeiten aufs gewissenhafteste und zahlen zur bestimmten Zeit alles zu Heller und Pfenni gen. Sie ehren dadurch ihr Geschäft, wie sie zur Be förderung der Wissenschaften und der Ausbildung des Geistes und zur Verbreitung der Aufklärung eifrig bei tragen. Ihre Rechnungen führen sie in der größten Ord nung, tragen alles sorgfältig ein und sind augenblicklich im Stande, über ihr Geschäft richtig Rechnung abzule gen. Ihr Scharfblick zeigt ihnen immer, wie es steht. Was nun das eigentlich Technische des Buchhan dels anbclangt, so muß der Buchhändler eben so geübt im Rechnen als im Schreiben seyn und alle die kleinen 1- Jahrgang. Geschäfte genau verstehen, welche der Betrieb des deut schen Buchhandels erfordert. Auch muß er wissen, wer ein Buch verlegt hat, welchen Preis es hat, welches die neueste oder beste Ausgabe ist und ob es noch im Buch handel za haben ist und, wenn er als Verleger austritt, ob ein Werk dieser Art, das die weiter fortgeschrittenen Einsichten der Zeit enthält, nicht blos Beifall, sondern auch Absatz sinder. Der junge Buchhändler, der sein Ge schäft gehörig verstehen lernen will, muß sich besonders im Briefschreiben eine große Geschicklichkeit verschaffen; er muß nicht blos deutlich schreiben, sondern die Einklei dung seines Brieses muß verständlich, überzeugend und Kenntnisse verrathend seyn. Geübtheit im Denken, eine große Gewalt über die Sprache, in der er schreibt, und ein umfassender Ueberblick des Ganzen muß das Ge präge seiner Arbeiten verrathen. Dem Buchhändler, sowohl dem Anfänger als dem in seinen Geschäften Erfahrenen, muß besonders an einer ausgcbreiteten Menschenkenntniß gelegen seyn. Er bietet seine Bücher feil, will Absatz derselben finden und be darf hierzu das Wohlwollen Anderer: er will diese zu sei nem Vortheile benutzen; er muß daher wissen, wie er die Neigungen und das Vertrauen Anderer gewinnt. Wer in dem Gesichte der Menschen ihre Denkart liefet und ihre Gesinnung gewinnt, der kann sie zu seinen Zwecken benutzen. Daher bedarf der Buchhändler, der mit Gebildeten und Ungebildeten, Gelehrten und Unge lehrten verkehrt, besonders eine tiefe, eingreifende, um fassende und mannigfache Menschenkenntniß. Hierzu em pfehlen wir vorzüglich: Knigge, über den Umgang mit Menschen. 11.Originalausgabe, durchges.und aufs neue stark vermehrt von Wilmsen, 1—4- Theil, 1830. Kant's Anweisung zur Menscheu- und Welt- kenntniß, 1831. Kant's Menschenkunde oder philosophische Anthropologie, 1831. Kant's Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. 4. Origi nalausgabe mit einem Vorworte von Herbart, 1833. 39