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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.12.1861
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 09.12.1861
- Sprache
- Deutsch
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M 151, 9. December. Börsenblatt für de» deutschen Buchhandel. 2681 Preußen und die deutsche ZeituugSprcssc. Leipzig, 2. Dcc. Wie es „der Fluch der bösen Thal" ist, „daß sie fortzcugend Böses muß gebären", so sehen wir aus je dem einmal begangenen Jrrthum, aus jedem verschuldeten Miß griff eine lange Reihe von Consequenzcn sich entwickeln, welche im Geiste der ursprünglichen Thal fortwirken und in ihrer un heilvollen Bahn nur äußerst schwer aufzuhalten sind. Als Man- teuffcl-Quchl die Tagcsliteratur mit dem Zollstock geißelten und den Organen derselben eine ganz unverhältnißmäßigeSteuer auf zwangen, da wußte man, was es zu bedeuten habe, und wunderte sich weder über die Thal selbst, noch über die Motive ihrer Urhe ber. Unbedingt aber glaubte man zu der Hoffnung berechtigt zu sein, daß die Beseitigung des Manteuffel'schcn Regiments auch die Tagcspresse wieder in den ihr gebührenden günstiger» Status guo anlv zurückführen werde. Diese Hoffnung ist nicht in Erfül lung gegangen. Das Ministerium Auerswald-Schwcrin hat, wie in andern Dingen, so auch in dieser speciellen Beziehung, der Ta- gcsprefsc nicht jenes Wohlwollen und jene Berücksichtigung ge gönnt, welche die frühere politische und parlamentarische Tätig keit der Mitglieder desselben erwarten ließ, und wenn wir ihrer kühlen, unfreundlichen Haltung auch nicht äbnlicheBeweggründe unterlegen wollen, wie der Einführung des Zollstocks, so müssen wir ihnen doch wenigstens denselben Mangel an Verständniß für die wahre Bedeutung, die großartige» Interessen und die eigcn- thümlichen Lcbensbedingungcn der Tagcspresse zum Vorwurf ma chen, welcher die deutsche Bureaukratic aller Länder und Systeme in bemerkenswcrther Unabänderlichkeit auszcichnet. Dieser be dauerliche Mangel ist ein Erbstück jener unseligen Einseitigkeit, welche nicht dahin gelangt, die Tagespresse als einen der wichtig sten Factcrcn unseres ganzen Geistes- und Volkslebens und zu gleich als einen sehr bedeutenden Zweig der deutschen Industrie zu achten, sonder» in tendenziöser Verblendung daran sesihalt, in der Tagcspresse lediglich ein sehr überflüssiges, jedenfalls nur zum Aerger der Privilegirten geschaffenes nothwcndiges Nebel Haffen und verfolgen zu müssen. Ein Gefühl bitterer Wehmuth muß je den Vorurtheilslosen bei dem Gedanken ergreifen, daß gerade in Deutschland, gerade unter einem so hochgebildeten „Volk von Denkern" in den höchsten Spitzen des staatlichen und gesellschaft lichen Lebens vielfach eine Unklarheit der Auffassung und eine Unfreundlichkeit der Gesinnung gegenüber der Tagcsliteratur herrscht, wie sic in den Ländern der wahrhaft freien Presse selbst in den niedersten Schichten des weit weniger gebildeten Volkes kaum anzutrcffen sein dürfte. Leider ist es eine der jüngsten Publikationen der preußischen Legislatur, welche uns zur Erneuerung dieser Betrachtungen Veranlassung gibt; leider haben wir heute von einem Stück preu ßischer Gesetzgebung zu sprechen, welches nicht nur in den alten Gleisen der Mißachtung der eigenen Tagespresse sich bewegt, son dern mit kühnerem Schwünge sich so weit «ersteigt, der Presse und dem solidarisch mit ihr verbundenen Buchhandel des gesamm- ten Deutschland den Fehdehandschuh hinzuwerfen: von dem kö niglich preußischen Gesetze „wegen Erhebung dcc Stempelsteuer von Zeitungen, Zeitschriften undAnzcigeblättern" vom 29. Juni d. I. und dem dasselbe einführenden Regulativ vom 7. Nov. d. I. Das Gesetz (wir sehen hier von den nur auf Preußen be züglichen Bestimmungen desselben ab) ordnet an, daß alle öfter als zweimal wöchentlich, ferner alle nicht so oft, aber mit politi schen Nachrichten erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften, und endlich die Anzeigcblättcr aller Art, d. h. mit bezahlten In seraten versehene Blätter, „welche in deutscher Sprache au ßerhalb des preußischen Staats erscheinen" und in denselben ein- Aeführt werden, einer preußischen Stempelsteuer unterliegen sol len, welche „ein Drittheil des am Orte ihres Erscheinens gelten de» Abonncmentsprcises", jedoch höchstens 2s4 Thlr. von jedem Jahrgange eines Exemplars, beträgt. In diesen wenigen Zeilen liegt eine Fülle von Stoff zu den mannigfaltigste» Betrachtungen. Zuvörderst ist es wedernach den Lehren der Volkswirthschaft, noch nach den Geboten des Rechts und der Billigkeit zu rechtfer tigen, daß überhaupt von Zeitungen und Zeitschriften noch eine Stempelsteuer erhoben wird, nachdem Schriftsteller und Papier- fabrikantcn, Buchhändler und Buchdrucker, Maschinenbauer und Buchbinder und wer sonst noch in geschäftlicher Beziehung zu den Werkstätten und Erzeugnissen der Tagespresse steht, bereits zur Gewerbesteuer herangezogen worden sind. Wenn auf einmal ein Gesetz erschiene, nach welchem jeder Landwirth von jedem Scheffel Getreide, den er verkauft, oder jeder Tuchfabrikanr von jedem Stück Tuch, das er absetzt, noch einmal irgend eine Steuer zahlen müßte, — welch ein furchtbarer, und zwar sehr gerechtfer tigter Schrei der Entrüstung würde ertönen, wie würden alleJn- dustriellc, alle Landwirthe sich wie Ein Mann erheben gegen solche doppelte Besteuerung, und wie würden die Sympathien der gan zen denkenden Bevölkerung den Klagen der also Belasteten sich zuwenden ! Ja noch mehr, keine Regierung würde es wagen, solch ein Gesetz nur zu erdenken, und keine Volksvertretung, es gut- zuhcißen! Der Presse gegenüber kennt man solche Rücksichten der Gerechtigkeit und der Billigkeit, wie cs scheint, gar nicht, den Zeitungen namentlich glaubt man außer strengen Gesetzen und polizeilichen Beschränkungen aller Art auch noch Steuern aufs Gcrathewohl aufwälzeu zu dürfen. Die klügelnde Weisheit die ser unbarmherzigen Finanzkunst hat zwar einen Trost bei ihrem rücksichtslosen Vorgehen: schließlich sei es ja doch der Eonsu- mcnt (Abonnent der Zeitschrift), welcher die auf derselben lasten den Steuern thatsächlich zu tragen habe. Es wird dabei nur über sehen, daß dieser Grund überhaupt jede auf Eonsumtibilien be liebig gelegte Steuer rechtfertigen würde, und daß anderseits erfahrungsgemäß jede Preiserhöhung (die nothwcndige Folge des Steueraufschlags) die Absatzfähigkeit des Stcucrobjects vermin dert, den Erlös aus demselben schmälert und am Ende also doch nur auf den Schaden des Producenten hinausläuft. Zu diesen allgemeinen Erwägungen treten noch ganz beson dere, positiv-rechtliche. Die Grundgesetze des Zollvereins haben keine andere Basis und keinen ander» Zweck, als: Beseitigung der zwischen den einzelnen Staaten desselben vorhanden gewese nen Schranken des freien Verkehrs, Herstellung eines allgemei nen großen Handels- und Verkehrsgebiets, und es ist nur eine selbstverständliche Consequenz davon, daß zwischen den verschie denen Ländern des Zollvereins Einfuhrzölle nicht mehr erhoben werden. Im Vertrag vom 4. Sept. 1853 wird zwar vereinbart, daß jeder Vereinsstaat die auf der Hervorbringung, der Zuberei tung oder dem Verbrauche von Erzeugnissen ruhenden „inner»" Steuern beibchalten, oder verändern, oder dergleichen neue ein- führcu dürfe, es ist aber zugleich auch bestimmt, daß „für jetzt" solche Abgaben nur auf eine Anzahl ausdrücklich angegebener Er zeugnisse, worunter jedoch leeres oder bedrucktes Papier, Bücher, Zeitschriften oder irgendwelche literarische Gegenstände sich nicht befinden, gelegt werden dürfen. Das neue preußische Gesetz erhebt vom 1. Januar 1862 an von der weitaus größten Mehrzahl aller nichtpreußischen Zeitungen und Zeitschriften Deutschlands eine Steuer, welche'zwar nur als eine Stempelsteuer auftritt, that sächlich aber ohne Widerrede nur eine Eingangssteuer dar- stcllt. Es ist also wohl nicht zu viel behauptet, wenn wir sa gen, das in Rede sichende Gesetz verstoße klar und direct ge gen die Zollvercinsverträgc. Wir müßten bei unserer Be hauptung selbst dann verbleiben, wenn wir es nur mit einer reinen Stempelsteuer zu thun hätten; wenigstens besagt der zwi schen dem Zollverein und Oesterreich abgeschlossene Tarif vom
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