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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.09.1844
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 17.09.1844
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- Deutsch
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2715 83 2716 sterialordre befohlen worden, streng darauf zu sehen, daß die liebe Schuljugend, außer einem ABE-Buche, dem Katechis mus, der Bibel und höchstens WilmsensKinderfrcund, keine andern Bücher sehen soll. — Sehr richtig bemerkte neulich die Wiener Theaterzcitung: „Kehrten auch die Schriftsteller hinsichtlich des Honorars zu ihrer frühern Uneigcnnützigkeit zurück, so hatte der Buchhan del dann immer erst noch das Problem zu lösen, daß die Leute, welche Bücher lesen wollen, dieselben auch kaufen. Hierin genügen dem Publicum die Leihbibliotheken und Leute, die nach ihrer Bildung und gesellschaftlichen Stellung sich schämen sollten, ein geborgtes Buch zu lesen, rühmen sich öffentlich, kein Geld für Bücher auszugcbcn, und setzen lieber Freund und Feind in Contribution, um eine Lectüre zu er langen, nach der ihnen gelüstet, statt ihre schuldige Beisteuer zur Unterstützung der Literatur herzugebcn." Wer jetzt kauft, ist eine Säule der Literatur, wer schreibt und das Büchcrmcer vermehrt, liefert eine» Beitrag mehr zu ihrer Vernichtung. Der alte Adel, wie ec vor Zeiten, in Allem grandios aber honnett, stolz aber freigebig, durch Feu dallasten drückend, aber durch seinen Aufwand für Gewerbe, Luxus und Buchhandel belebend war, hielt eine prächtige Bibliothek in den herrlichsten Einbänden für einen wesentli chen und unerläßlichen Bestandtheil seiner Würde und des Glanzes seines Hauses; kein Buch wurde von ihm in die Hand genommen, was schon durch andere, wohl gar niederere Hände gegangen war; das Büchccschreiben überließ er „den armen Teufeln," was in seinen Augen auch die ersten Ge nies und die gelehrtesten der Nation waren- Dieser Adel oder vielmehr besten jetzt lebende Nachkommenschaft macht heut zu Tage theilwcise die Literatur zum eigenen Erwerbs zweig, denn zu keiner Zeit hat man so viele adelige Schrift steller und Schriftstellerinnen gehabt, als jetzt, namentlich im belletristischen Fache, wo in der Regel der dritte ein Edel mann ist. Ein Beobachter dieser Gegenstände theilte kürzlich in ei nem öffentlichen Blatte nachstehenden Vorfall mit: „vor we nigen Tagen stand ich in der Schroederschen Buchhandlung unter den Linden in Berlin. Eine glänzende Equipage fuhr vor und ein vornehmer Herr, besten Namen ich verschweige, stieg aus, um einige französische Bücher, diefür ihn bereit la gen, in Empfang zu nehmen. — Haben Sie den neuen Ro man von Willibald Alexis? fragte er, — den Urban Grun dier? Hier ist er, sagte der Eommis, er kostet 3 Thalcr. —- O! ich will ihn nicht kaufen, erwiedcrte jener; meine Frau wünscht ihn bloß zu lesen, und Sie werden wohl so gefällig sein, mir ihn zu borgen. — Sehr gerne, Herr Graf, allein wir können ein ausgeschnittenes Buch dann schwer verkaufen. — Ich will Ihnen für das Lesen gerne etwas vergüten, auch soll cs bloß von der Seite ausgeschnitten werden. — Der Eommis protestirte gegen die Vergütung mit der ironischen Bemerkung, daß eine Buchhandlung keine Leihbibliothek sei. Der Graf nahm das Buch und ging. Welche sarkastischen Bemerkungen der Eommis hinter ihm her machte, hörte er freilich nicht. Allein ich hätte ihn gefragt, ob es zu Zeiten seines Großvaters auch Sitte gewesen, daß ein reicher Graf vom vornehmsten Ton sich von einem Buchhändler eine Gefälligkeit hätte erzeigen lasten, um 3 Thaler zu ersparen, und ob die gnädige Eomtessin, seine Großmutter, auch um diese Ersparung ein Buch unaufgeschnitten verschlang, d. h. in der unbequemsten Lage, wie ein Bettler, der zwischen dem Hausthor den geschenkten Bisten hinuntcrschluckt, ohne viel nach Comfort zu fragen." Daß dieses nicht das einzige Beispiel in dieser Art ist, kann man in jeder Buchhandlung erfragen. Durch diesen hiermit nachgewiesenen, zunehmenden Ab satzmangel sieht das Buchhandlergeschäft den traurigsten Zei ten entgegen, ja der Jammer ist bereits zu einer großen Höhe gestiegen, die noch bekannter sein würde, suchte nicht Einer dem Andern seine Noch und Sorge zu verbergen. Allein hier reicht es nicht aus, wenn wir gute Miene zum bösen Spiel machen, denn wir können es uns gar nicht mehr ver hehlen, daß die Novitäten, selbst wenn sie ü Ooncl. verlangt waren, zurückkommen wie sie versendet waren, — daß Fälle Vorkommen, wo auf 200 Thaler ordinaic Transport Zah lungen von circs 10 Thalcr und darunter saldircn, daß cs nichts seltenes ist, wenn Verleger, statt Saldi cinzustreichen, solche in gar nichts verschwinden sehen, ja sogar noch für Jnscrtionsgcbühren herauszahlen müssen. Diese Zustände sind um so bedenklicher, da man nicht wahrnimmt, daß sie abschrecken. Im Gegcntheil mehren sich die neuen Erscheinungen mit jedem Jahre, wovon jeder Meß-Eatalog den Beweis liefert, um so bedenklicher, als die Kauflust zu Büchern mit jedem Jahre abnimmt. Sie hat den höchsten Grad erreicht und geht so weit, daß, wie ich kürz lich selbst erlebt habe, sogar von ganz neuen und vortrefflichen Localschriftcn, die nur allein für den Ort selbst geschrieben waren und nach allen menschl. Berechnungen für sehr viele Bewohner desselben das allergrößte Interesse haben mußten, Anzeigen in der alleinigen starkgclesenen Ortszcirung nicht die Folge hatten, daß auch nur ein einziges Exemplar davon wäre verlangt worden. Und statt daß wir die Federn aller Journalisten, auf die wir Einfluß haben, in Bewegung setzen sollten, das Publi cum auf seine unglaubliche Literaturtaubheit aufmerksam zu machen, ihm solche als ein wahres Zeitgebrcchen vorzuwer fen, an sein Ehrgefühl zu appelliren, daß es bei solcher In differenz nicht mehr verdiene, noch eine Literatur zu haben, statt solches auf die traurigen Folgen, die hieraus für Wissen schaft, Bildung und Intelligenz endlich hervorgchcn müssen, zu verweisen, statt daß wir mit allen Hebeln dahin wirken sollten, den Sinn für Literatur, wie er jetzt noch in Oesterreich am wenigsten im Verfall ist, wieder zum Modegeschmack zu erheben, was uns vielleicht im Ganzen eben so gut glücken könnte, als cs im Einzelnen z. B. bei den Zweigroschcnaus- gaben, bei den illustrirten Werken, bei den famosen Geheim nissen vieler großen Städte, bei den Conversationslexicis u. andern nur durch die Buchhändler in Gang und Aufnahme gebrachten Modeartikeln geglückt ist, suchen wir den Grund dieser noch gar nicht so dagewesencn Gleichgültigkeit gegen die Literatur in ihr und in dem Buchhandel selbst, ja wir klagen uns selbst öffentlich an, und bestärken das Publicum in dieser uns so nachtheiligen Stimmung, in dem wir ihm selbst weiß machen, die Schriftstellerin sei tief wie noch nie gesunken und verdiene nicht mehr seine Auf merksamkeit, eine Behauptung, die bei vielen decmaligen
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