für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvereins. 11. Freitags., den 5. Februar 1841. Ein Wort über die Gründung einer Lehranstalt für junge Buchhändler. Dem gegenwärtigen Redakteur des Börsenblattes schien es zeitgemäß, einen srühern Plan des Herrn Perthes, eine höhere Lehranstalt für junge Buchhändler gegründet zu sehen, jetzt neuerdings anzuregen und zur Diskussion zu bringen. Es ist oft bemerkt worden, daß, wenn ein Gegenstand, er sei welcher er wolle, zur Erörterung kommt und ein leb hafteres Für und Wider hervorbringt, gerade hierin das bis dahin Verborgene hcrvortritt und das Bedürfniß desselben sich ankündigt. Recht erfreulich war es daher, vom Rhein und von der Saale Stimmen zu hören, die cs mindestens der Mühe werth hielten, auf dieses wichtige Thema einzugehen; doppelt erfreulich, da wir so oft die niederschlagende Erfahrung machen mußten, daß gar so selten das Bestreben, welches die Interessen unsres edlen Geschäftes zum Ziele hatten, Anklang, oder mit einem richtigem Worte, Kampf hervor brachte; denn Kampf allein ist Leben und nur in dem Aus tausch und Widerstreit der Meinungen wird hier, wie überall, die Wahrheit sich entwickeln, befestigen. Herr Bädeker in Coblenz tritt nun entschieden gegen die in Vorschlag gebrachte Buchhändler-Lehranstalt auf; er meint, daß durch die überhaupt vorhandenen, vom Staat erhaltenen Lehranstalten für die Erreichung jeder, mithin auch der buchhändlerischen Bildung hinlänglich gesorgt sei. Und allerdings braucht der Buchhändler gewiß nichts anders zu lernen und zu wissen, als was auf Bürger- und Realschulen, Gnmnasicn und Universitäten überhaupt erlernt werden kann; denn dies sind die Bildungsschulen unserer gelehrtesten und ausgezeichnetsten Männer gewesen, und es versteht sich ganz von selbst, daß der große Fond von Kennt nissen, der hier überliefert wird, auch für die tiefere und innerliche Bildung des Buchhändlers genügt. Allein wenn Hr. Bädeker aus diesem Grunde jede andre Gelegenheit 8r Jahrgang. zur besonder» Ausbildung und Lehre des Buchhändlers über flüssig oder gar schädlich findet, so übersieht er dabei erstlich, daß cs gewisse Kenntnisse giebt, die der Buchhändler nicht entbehren kann, und die in keiner jener Unterrichtsanstalten gegeben werden können, und zweitens, daß nicht alle junge Leute, die dem Buchhandel sich widmen, aus Rücksicht der Zeit und des Geldes im Stande sind, den Weg der Aus bildung einzuschlagen, den Hr. Bädeker ihnen wohlmeinend anräth. Sollte jeder junge Mensch, der Buchhändler werden will, alle Elassen der Gymnasien durchlaufen, ein Jahr die Universität besuchen und dann in die Lehre treten, so würde es in wenigen Jahren nur einige Buchhändler geben im vollen Sinne des Wortes, und 500 Handwerker. Wie viele, die sich unserm Stande widmen, besitzen die Mittel, diese langsame und kostspielige Laufbahn durchzumachcn? Nicht zu gedenken, daß nur sehr wenigen Handlungen mit solchen jungen Leuten gedient wäre! — Diese aber darum ausschließcn wollen, hieße eine Aristokratie des Reichthums da begründen, wo gewiß eben so sehr wie irgendwo, eine Aristokratie des Geistes, des Talents und der ehrenwcrthen, tüchtigen Gesinnung allein zu dulden ist. Wie andere Stände auch und wie namentlich die Geschichte unserer Ge lehrten zeigt, hat auch der Buchhändlerstand oft aus jenen ärmern jungen Leuten seine tüchtigsten Mitglieder gewonnen. Für diejenigen also, die nach Herrn Bädekcrs Anweisung Gymnasien, Universitäten besuchen können, bedarf es keiner besondern Lehranstalt; aber der Mehrzahl jener jungen Leute, die mit kaum vollendetem 14. Jahre das väterliche Haus verlassen müssen und 4 Jahre in die Lehre wandern, wo größtenthcils das wenige Gelernte durch triviale, geistlose Arbeiten spurlos vorüber gehet, dieser sich anzunehmcn, für diese zu sorgen, ist eine Schuld, eine Ehrensache. > Otto Wigand. 19