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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.03.1902
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- Erscheinungsdatum
- 18.03.1902
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- Deutsch
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^ 68, 18. März 1902. Nichtamtlicher Teil. 2887 Nichtamtlicher Teil Das neue deutsche Urheberrecht und die Vereinigten Staaten von Amerika. Bekanntlich hat das Deutsche Reich unterm 15. Januar 1892 mit den Vereinigten Staaten einen Litteraturvertrag abgeschlossen, nach welchem den Bürgern dieser Staaten im Deutschen Reiche an Werken der Litteratur und Kunst der selbe Schutz zugesprochen wird, der den deutschen Reichs angehörigen zusteht. Diesen ist dagegen der gleiche Schutz in den Vereinigten Staaten garantiert, welchen die dortigen Bürger auf Grund des Urhebcrrechtsgesetzes vom 3. März 1891 genießen. Das deutsch-amerikanische Uebereinkommen ist also ein Reziprozitätsvertrag. Das Unvorteilhafte dieses Vertrages für die deutschen Autoren liegt nun aber darin, daß das amerikanische Gesetz zur Erlangung des Urheberrechtes an Werken der Litte ratur die Erfüllung einer Formalität voraussetzt, der zwar die Bürger der Vereinigten Staaten leicht, die Angehörigen anderer Nationen so gut wie unmöglich Nachkommen können, nämlich, daß die Werke in den Vereinigten Staaten her gestellt werden. Es kann auch keinem Zweifel unter liegen, daß Deutschland sich auf diesen Reziprozitätsvertrag niemals eingelassen hätte, wenn nicht Kunstwerke, unter die auch Holzschnitte fallen, See- und Landkarten, Musi kalten und dramatische Werke von dieser Bedingung der Herstellung in den Vereinigten Staaten ausgeschlossen wären. Der that- jächliche Stand der Sache ist also der, daß zwar ein in den Vereinigten Staaten hergestelltes Buch ohne Genehmigung des Inhabers des Oop^ri^bt in Deutschland weder nachgedruckt noch übersetzt werden darf, daß aber ein in Deutschland er schienenes Buch von den Aankees nach Belieben nachgedruckt und übersetzt werden darf. So kommt es, daß man in New Dork z. B. einen Ebersschen Roman schon vor Jahren zu 80 oder gar 40 Pfennig kaufen konnte. Mit dem Inkrafttreten des neuen deutschen Urheber rechtes am 1. Januar werden aber unsere Beziehungen zu Amerika noch viel strenger, weil die Bürger der Vereinigten Staaten auf Grund ihres Scheines denselben Schutz zu be anspruchen haben wie die deutschen Urheber in Deutschland. Gerade aber in Bezug auf die Uebersetzungsberechtigung ent hält das neue Gesetz einschneidende Bestimmungen. Nach dem bis zum 1. Januar 1902 geltenden Gesetz vom 11. Juni 1870 Z 6 waren in Deutschland und also auch die in den Vereinigten Staaten erschienenen Werke gegen Uebersetzung nur dann geschützt, wenn der Urheber sich das Recht der Uebersetzung auf dem Titelblatte oder an der Spitze des Werkes Vorbehalten hatte. Ferner mußte der Urheber innerhalb des ersten Jahres nach Erscheinen seines Werkes eine Uebersetzung beginnen und binnen der ersten drei Jahre nach Erscheinen des Originals beenden; den Beginn und die Vollendung der Uebersetzung mußte er innerhalb dieser Fristen in der Leipziger Eintragsrolle anmelden. Waren diese Be dingungen erfüllt, so durfte fünf Jahre lang vom ersten Erscheinen der rechtmäßigen Uebersetzung an gerechnet eine nicht autorisierte Uebersetzung nicht erscheinen. Das waren recht schwere Bedingungen, und es ist nicht allzu oft vorgekommen, daß sie von den amerikanischen Autoren erfüllt worden sind. Jedenfalls aber war die Ueber setzung nach Ablauf von fünf Jahren nach Erscheinen des Originals gestattet. Das ist nun nach dem 1. Januar 1902 ganz anders geworden. Das neue deutsche Urheberrecht hat erstens die Förm lichkeit des Vorbehalts der Uebersetzungsberechtigung fallen lassen. Ferner aber ist die Uebersetzung in Deutschland ebenso lange verboten wie der Nachdruck, d. h. während des ganzen Lebens des Verfassers und noch dreißig Jahre über seinen Tod hinaus! Da nun Z 1 des Uebereinkommens zwischen dem Deutschen Reich und den Vereinigten Staaten besagt, daß die »Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika im Deutschen Reich den Schutz des Urheberrechts bezüglich der Werke der Litteratur und Kunst, sowie den Schutz der Photographien gegen unbefugte Nach bildung auf derselben Grundlage genießen sollen, wie solche den Reichsangehörigen gesetzlich zusteht«, so dürfen in den Vereinigten Staaten erschienene Werke in Deutschland erst dreißig Jahre nach dem Tode des Urhebers übersetzt werden I Die Autoren der Vereinigten Staaten sind demnach in Bezug auf das Verbot unberechtigter Uebersetzung in Deutschland bei weitem besser gestelH^als diejenigen irgend eines anderen Landes, während die Bürger der Vereinigten Staaten die in Deutschland erschienenen Werke nach wie vor sowohl Nachdrucken als übersetzen dürfen! Die Berner Konvention, die unsere Beziehungen mit Belgien, Frankreich, Großbritannien, Haiti, Italien, Japan, Luxemburg, Monaco, Norwegen, der Schweiz, Spanien und Tunis regelt, bestimmt, daß die Schutzdauer in den bezüg lichen Verbandsländern die Dauer des im Ursprungslands ge währten Schutzes nicht übersteigen kann. Das Uebersetzungs- recht ist aber nur dann während der Dauer des Rechtes am Originale geschützt, wenn der Autor in dem betreffenden Verbandslande innerhalb zehn Jahre vom ersten Erscheinen des Originals ab eine Uebersetzung in der Sprache, für welche der Schutz in Anspruch genommen wer den soll, selbst veröffentlicht oder veröffentlichen läßt. Dieser schwerwiegende Vorbehalt trifft für die Amerikaner nicht zu: sie sind in Deutschland völlig schutzberechtigt, während für unsere Autoren genau das Gegenteil gilt! Wie aus dem Bericht über die Thätigkeit der amtlichen Stelle für den deutschen Buch-, Kunst- und Musikalienverlng in New Jork über das Jahr 1901 hervorgeht, sind in dein Verlauf dieses ganzen Jahres, sage und schreibe, zwei Bücher in Amerika gegen Nachdruck oder Uebersetzung geschützt ge wesen, während alle in den Vereinigten Staaten herausge kommenen Werke ohne weiteres in Deutschland den vollen Urheberrechtsschutz genossen! Selbst die Verfasser der Berner Konvention, die gewiß den Urheberrechtsschutz ernstlich und nach Möglichkeit verfechten, haben die Ueberzeugung zum Ausdruck gebracht, daß die Uebersetzungsmöglichkeit eines Werkes auf die Dauer nicht verhindert werden darf. Die Konvention giebt ein nicht schon früher übersetztes Werk nach zehn Jahren für die Ueber- tragung frei, und so ist nun die unglaubliche Lage geschaffen, daß Werke von Franzosen, Engländern, Italienern re. unter Umständen zehn Jahre nach ihrem Erscheinen in Deutschland übersetzt werden dürfen, daß aber die Werke der Angehörigen der Vereinigten Staaten erst dreißig Jahre nach dem Tode des Urhebers ohne Genehmigung übertragen werden können. Immer in Ansehung der Behandlung unseier deutschen Autoren durch die Amerikaner dürfte es wohl keinem Zweifel unterliegen, daß ein so ungleiches Verhältnis des Deutschen Reiches auf die Dauer nicht würdig ist. Die 1v92er Kon vention hat wirklich lange genug bestanden und sollte nun mehr zu grinsten eines für deutsche Autoren günstigeren Ver trages so bald wie möglich gekündigt werden! Köln, 14. März 1902. G. Hölscher. 317*
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