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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.05.1863
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 11.05.1863
- Sprache
- Deutsch
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Nicht n mtli Oesterreichische und preußische Preßgesetze. Durch das Preßgcsctz vom 17. December 1862, das Gesetz übcr das Strafverfahren in Prcßsachcn, das Gesetz, betreffend einige Ergänzungen des allgemeinen und des Militär-Strafge setzes, beide von demselben Tage, und die dazu gehörige Amtsin- ffruction ist in Oesterreich die durch das Patent vom 27. Mai 1852 cingeführlc Preßordnung in Oesterreich diesseits der Leitha aufge hoben und dadurch vielfach ein anderer Rechtszustand der Presse begründet worden. Die Verhandlungen über jene Gesetze hatten im Reichsrathe lebhafte und langwierige Verhandlungen hervor- gerufcn, bis Hr. v. Schmerling durch seinen welthistorisch gewor denen Ausspruch: „Wir können warten" das Abgeordnetenhaus zu Eoncessioncn zwang, die eine Verständigung ermöglichten. Die periodische Presse in Oesterreich hat den 9. März, an welchem Tage diese Gesetzgebung in das Leben trat, zwar „mit Lci- chenjubcl und mit Hochzeitsklagc", aber doch nicht „in gleichen Schalen wägend Leid und Lust" ausgenommen, sondern entschie den ihre Genugthuung darüber an den Tag gelegt, daß zwar strenge, aber doch von Gerichten zu handhabende Bestimmungen an die Stelle des polizeilichen Einflusses getreten sind. Wir wol len uns dem Ausdrucke dieser Genugthuung gern entschließen, denn jeder Fortschritt, den die Freiheit, insbesondere die Preß freiheit irgendwo macht, ist für die Freunde der Freiheit alleror ten ein Gegenstand der Freude. Wenn aber oesterreichische Zei tungen diese Gesetze als eine vollständige Befreiung der Presse von polizeilichem Einflüsse geschildert haben, so müssen wir dies leider als eine Uebcrtrcibnng bezeichnen. Eine solche Befreiung besteht in Deutschland leider nicht, denn das Recht der polizeili chen Beschlagnahme, wo cs sich finde, ist ein Rest der Ecnsur und mit der wahren Preßfreiheit unverträglich. Der wesentliche Fortschritt, den man in Oesterreich gemacht hat, besteht darin, daß das System der polizeilichen Verordnun gen aufgehört hat und durch ein Repressivsystem, dessen einzelne Bestimmungen vielfach den preußischen entlehnt wurden, ersetzt worden ist. Wir sehen hier eine moralische Eroberung vor uns, die Preußen gemacht hat, ohne daß wir indessen darauf stolz zu sein Ursache haben. Dennoch sekcn wir seltsamer Weise, daß gerade in diesen Tagen die ocsterreichischen Zeitungen lüsterne Seitenblicke auf die Fleischtöpfe der Preßfreiheit werfen, an denen wir zeh ren, und jeden Fall eifrig registrircn, in dem hier zu Lande eine Freisprechung oder Verurtheilung in eine mäßige Geldbuße er folgt. Das wicdergebornc, verjüngte Oesterreich, von dessen Fort schritten nicht allein die Augsburger Zeitung, sondern auch der entschieden liberale Nürnberger Eorrespondent so wundcrsvicl zu vermelden wissen, beneidet das Preußen, welches sich augenblick lich auf dem Culminationspunktc der Richtung befindet, welche durch die Hrn. v. Bismarck und Graf Lippe bezeichnet wird! Sehen wir, wie weit dieses Neidgefühl durch die Gesetze gerecht fertigt wird. Ungünstiger als bei uns ist die Preßfreiheit in Oesterreich in folgenden wesentlichen Beziehungen gestellt. Jeder Verurthei lung zur Seite geht ein Verfall eines Theils der Eaution, unter Umständen sogar der ganzen Eaution, der neben der verwirkten Strafe auszusprcchen ist (ß. 35.) — eine Maßregel, durch welche allerdings auch ein gut situirtes Blatt ziemlich schnell zu Grunde gerichtet werden kann. Die Aufnahme von Berichtigungen in Zeitungen kann durch das Gericht oder die Staats-Anwaltschaft erzwungen werden, zu welchem Behufs insbesondere das Erschri ck) t v Th eil. ncn suspcndirt werden darf (tz. 19.), während bei uns nur der ordentliche Weg der Execution zulässig ist (§tz. 26. 44.), welcher allerdings dasselbe Resultat haben wird. Besonders kleinlich ist die oesterreichische Bestimmung, daß dem Abdrucke amtlicher Ver fügungen in derselben Nummer keine Zusätze oder Bemerkungen hinzugcfügt werden dürfen (tz. 22.). Das Staatsministerium kann ohne weiteres ausländischen Druckschriften den Postdebit entziehen (§. 26.), während bei uns eine Verurtheilung vor- hergehcn muß (H. 52.). Dagegen treten wir hier schon in das Gebiet derjenigen Be stimmungen , bei denen Oesterreich günstiger gestellt ist, als Preu ßen, denn dort ist das Recht des Verbots ausdrücklich aufge hoben, während es bei uns noch in Kraft besteht. In Oesterreich wird bei Aufhebung ungegründctcr Beschlagnahmen Ersatz aus der Staatskasse geleistet (Gesetz über das Strafverfahren §. 10.), wozu hier die finanziellen Mittel des Staats nicht aus- reichen würden. Der Staatsanwalt muß binnen acht Tagen nach erfolgter Beschlagnahme die Anklage überweisen, oder gerichtliche Voruntersuchung beantragen (H. 9.), eine Anordnung, wodurch einer Verschleppung wirksam vorgebcugt wird. Der Staatsan walt darf seine Anklage gegen Entschädigung des Verfolgten vor dem Urthcil zurücknehmen (H. 14.). In größer« Städten ist die Preßpolizci unmittelbar der Staatsanwaltschaftuntcrgeben (h. 21. der Amtsinstruction), wodurch wenigstens den bei uns so zahl reichen Fällen vorgebcugt wird, daß eine von der Polizei verfügte Beschlagnahme von der Staatsanwaltschaft folgenden Tags wie der aufgehoben werden muß. Die bei uns geltende Bestimmung, daß eine Anklageschrift oder ein anderes Schriftstück eines Eri- minalprozesses nicht vor Beendigung des Prozesses veröffentlicht werden darf (tz. 48.), ist in Oesterreich ersetzt durch die verständi gere , fast wörtlich aus dem Lose 6o prooeäure übernommene Vorschrift, daß ein Anklagebcschluß oder eine Anklageschrift nicht veröffentlicht werden darf, bevor in der Hauptverhandlung davon Gebrauch gemacht ist (Art. VI.); auch wird dort auf Geldbuße,' hier auf Gcfängnißstrafe erkannt. Endlich ist in Oesterreich die Verfolgung dcrAmtsehrcnbelcidigung vielfach an dieZustimmung des Verletzten gebunden (Art. V.). Die übrigen Abweichungen sind von geringer Erheblichkeit für die Lage der Presse, und man wird einräumcn, daß die Ocsterreichcr keinen Grund haben, uns um unsere Gesetze zu beneiden. Nun ist aber freilich die Lage der Presse nicht allein von den Gesetzen abhängig, sondern von dem Geiste, in dem sie gehandhabt werden, und von der Widerstandskraft, welche die Presse entwickelt. Wir haben trotz unserer mangelhaften Gesetze von 1858 bis 1861 einen zufriedenstellenden Zustand der Preß freiheit gehabt. Hc. v. Schmerling vertritt das Prinzip des Eonstitutiona- lismus vielleicht ebenso aufrichtig und gewiß resoluter, als un sere liberalen Minister es gcthan haben. Allein er wirkt unter anderen Verhältnissen. Bei uns stehen nur politische Prinzipien einander gegenüber, in Oesterreich verschiedene Nationalitäten. Der Gegensatz der Ecntralistcn und Föderalisten wurzelt darin, daß mittelst der Ecntcalisation ein Thcil der deutschen Nationali tät ihre Interessen wirksamer geltend machen zu können glaubt. Nationale Gegensätze innerhalb desselben Staates üben niemals dieselbe Toleranz gegen einander aus, wie die extremsten politi schen Richtungen. Dann aber weiß die oesterreichische Regierung die Macht der Presse besser zu würdigen, als die preußische. Sie begünstigt ! die ccntralistischen Zeitungen, und gestattet denselben gern eine
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