Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Her ausgegeben von den Deputieren des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. 28. Redakteur: 0r. I. A. Bergt. Commissionnair: A. Frohberqer. Freitag, den 11. Juli 1834. Buchhandel. ,,Zn dem Buchhändler-Geschäft sollten nur dieje nigen zugclassen werden, die dasselbe praktisch erlernt, also Lehrjahre bestanden haben." Dieser Wunsch ist sowohl im Buchhändler - Wochen blatt öffentlich, als sonst auch schriftlich und mündlich oft ausgesprochen worden; es fragt sich, ob er beiden Zwei gen, dem Verlags- wie dem Sortimentshandcl, gelten soll? Der Betrieb des Sortimentshandels in rechter Art erfordert allerdings, daß man sich demselben von Jugend auf gewidmet habe. Die Handhabung der Bücher, als Eollationiren, Preiszeichnen, Ordnen, Ein raumen, Katalogisiren, Versenden, Verpacken u. s. w., erheischt lange Uebung, und die hiebei nothwendige Pünkt lichkeit kann nur in jungen Jahren unter Zucht eingewöhnt werden; die Kenntnis der Bücher, auch nur der Titel, Verleger und Preise in ausgebreitetem Umfange laßt sich nur in fortdauernder Beschäftigung, mit dem Sortiment gewinnen; die paffende, anständig-hingebende Art, das kaufende Publicum zu behandeln, will ebenfalls praktisch erworben scyn— gewiß: der seinem Berufe entsprechende Sortimcnthändler kann nicht ohne lange Schule gebildet werden. Aber Lehrjahre dürfen nicht als durchaus genügend angesehen werden; die darin gewonnenen technischen Fer tigkeiten liefern wohl brauchbare Gchülfen, aber ohne Sinn für die Literatur selbst, für den inneren Werth unsrer Waare,— ohne Auffaffen des Geistes der Zeit, worin man lebt, wird nie ein Sortimentshändler, wie ihn Wissenschaft und Publicum bedürfen, ins Leben treten. Erinnere man sich als Beispiel des vor Jahren in Leipzig verstorbenen Fr. Bruder: einen geschickteren Handhaber des Sortiments gab es nie, aber die eigene t- Jahrgang. Handlung wußte er nicht zu führen; ausgebreitetere Bü chertitel-Kenntnis besaßKeiner, aber diesem Titel - Reich- thume ohne Inhalt erlag sein Verstand. Da fast alle Sortimentshandlungcn im Besitze ge lernter Buchhändler sind, so scheint unnöthig, noch be sondere Regeln zu ihren Gunsten aufzustellen, wohl aber darf man fragen: ob denn auch die Ausübung dieses Geschäfts durch solche Gelernte derzeit so beschaffen sey, daß nicht Vieles zu wünschen übrig bleibe? Die Uebel, welche den Sortimentshandel drücken, werden keineswcges von den Wenigen unter uns, die die üblichen (?) Lehrjahre nicht bestanden haben, verursacht, sondern durch die nicht etablirten Pfuscher, deren Geld bei der Mehrheit der Verleger und bei einigen leipziger Commissionnairen stets Waare findet. Nicht- Gelernten den Zutritt zum geregelten Buchhandel gänz lich zu verschließen, würde den heimlichen Handel noch vermehren. Lasten wir lieber den Verhältnissen ihren Lauf, da, der Natur der Sache nach, der Sortimentshandel immer in den Händen gelernter Buchhändler bleiben wird, und da die eindringenden Fremdlinge so schweres Lehrgeld ge ben müssen, daß sie meistens wieder untergehen; die aber, welche als Ausnahmen bestehen bleiben, können wir Ge lernten uns als Eollegen gern gefallen lasten. Auch hier mögen Beispiele sprechen: der größte Vertrieb, der im deutschen Buchhandel je Statt gefun den hat, wird derzeit von einer Handlung erwirkt, deren Besitzt«: (unser geehrter und sehr beliebter Col lege) früher Kaufmann war, und der nur wenig von der Manipulation des Sortiments verstehen mag. — Eine der größten Handlungen, die auf drei Söhne vererbt wurde, deren keiner übliche Lehrjahre be standen hat, wird mit gleicher Einsicht, Geschicklichkeit und Thäligkeit im lebhaftesten Umschwung fortgeführt.— Die erste Buchhandlung, die von Eöln, welches sonst für den deutschen Buchhandel nicht existirte, zu uns 28