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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.08.1861
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1861-08-19
- Erscheinungsdatum
- 19.08.1861
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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»U 103, 19. August. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 1725 Werkes, also noch vor der Herausgabe, um Darleihung seines Manuscripts zu diesem Behufe anging. Wer über eine größere Anzahl von wissenschaftlich gebildeten Sklaven und Freigelassenen als zuverlässigen und correcten Abschreibern zu verfügen hatte, konnte durch diese nicht nur seine eigenen, sondern auch Anderer Werke, im Einverständniß mit den Verfassern, vervielfältigen und dergestalt veröffentlichen. In diesem Sinne war z. B. auch Cicero der Verleger fremder wie eigener Schriften, namentlich der Annalen seines Bruders. Der Verkauf und der Gewinn fiel in solchen Fällen wohl meist den Freigelassenen zu. Indem diese aber mehr und mehr das Bücherabschreiben und den Vertrieb der Abschriften zu einem selbständigen Gewerbe ausbildetcn, erwuchs aus ihnen, denen sich auch Fremde, namentlich Griechen anschlos sen, der eigentliche Stand der öffentlichen Buchhändler. Einen Ucbergang zu diesen, und den großartigsten Wende punkt in der Entwicklung des römischen Buchhandels überhaupt, bildete der berühmte PomponiuS Atticus, der Freund des Cicero. Er beschäftigte seine sämmtlichcn Sclaven mit Schreibereien. In seiner Ofsicin, welche alles übertraf, was man bis dahin von Anstalten dieser Art kannte, wimmelte es, wie in unfern heutigen Druckereien, von Arbeitern aller Gattungen, welche theils das Papier und die übrigen Materialien und Instrumente in Stand setzten, theils die Vervielfältigung der Abschriften und die Cor- recturen betrieben, theils die vollendeten Bücher kunstmäßig aus- rollten, mit Einband, Titel und sonstigem Schmuck versahen. Atticus besaß dergestalt ein Büchermagazin, wie es heute wohl in der ganzen Welt bei keinem Verlags- oder Sortimentshändlcr gefunden wird. Bei ihm hat auch Cicero die meisten seiner Werke verlegt, wie z. B. die Akademischen Untersuchungen, den Redner, seine Briefe, die Reden gegen Antonius und für Ligarius. Die letztere hatte sich nach Cicero's eigenem Ausdruck so trefflich verkauft, daß er seinen Entschluß kund gibt, fortan alles, was er noch schreiben werde, nur bei ihm in Verlag zu geben. Wir haben gleich hier wieder ein Beispiel von der außerordentlichen Größe der Auflagen. Denn Cicero hatte in dieser Rede einen längst Verstorbenen aus Versehen als lebend cingeführt, und trug dem Atticus auf, nachdem das Buch doch schon einen trefflichen Absatz gefunden, den Fehler nachträglich in allen Exemplaren, d. h. natürlich in den noch auf dem Lager vorräthigen, durch Til gung des Namens corrigircn zu lassen. Wie groß muß nun aber nicht, trotz des schon erfolgten großen Absatzes, der noch übrige Vorcath von Exemplaren gewesen sein, da nicht weniger als drei der ausgezeichnetsten Schreiber zur Correctur dieses einen Feh lers bestimmt wurden. Konnten diese doch schon innerhalb dreier Tage gewiß mindestens 1000 Exemplare berichtigen! Daß At ticus übrigens sich nicht nur mit der Vervielfältigung, sondern auch mit dem Verkauf der Abschriften befaßte, daß seine Tätig keit nicht eine bloße Liebhaberei, sondern ein wirklicher Geschäfts betrieb war, dies erhellt schon aus dem gerühmten trefflichen Verkauf der Ligarischen Rede. Auch finden wir unter seinen Kunden Cicero selbst, der z. B. ein Exemplar des Serapion käuf lich von ihm entnimmt. Atticus mit seiner großartigen Ofsicin und seiner ausge zeichneten literarischen Bildung ist den ersten großen Buchdruckern der neueren Jahrhunderte zu vergleichen. In den Anfängen der Entwicklung einer den literarischen Verkehr fördernden Kunst fertigkeit — das haben wir eben auch nach Erfindung der Buch druckerkunst gesehen — sind es immer zunächst Männer der Wis senschaft selbst, hervorragende Geister, welche sich an die Spitze ^ dieser Entwicklung stellen. Allmählich werden diese dann in eben dem Maße seltener, als die Kunst zu einem bloßen Broderwerbe und damit zu einem rein technischen Handwerke sich gestaltet. Als Lucian schrieb, war Mangel an wissenschaftlicher Bildung bei den Verlegern die gewöhnlichste Erscheinung. Daß schon in Cicero's Zeit der Buchhandel von großer Be deutung war, kann keinem Zweifel unterliegen; doch erst unter den Kaisern im nächsten Jahrhundert hat er sich zur höchsten Blüthe entwickelt. Nun wimmelte cs in Rom von Buchhändlern in alle» Stadtvierteln; ihre Läden (tsbornsv, libolli, librsrias) nahmen die Fronten ganzer Straßentheile ein. Namentlich finden wir sie am Forum in der Nähe der Curie, um das Argiletum, im Vicus Sandalarius, von dem Galen ausdrücklich sagt, daß er der Hauptbezirk der Buchhändler sei; ferner in den sogenannten Sigillariis und anderwärts. In einen dieser Läden am Forum flüchtete einst sich Clodius, als er vom Antonius verfolgt ward; aus ihnen raffte nachmals, als man seinen Leichnam in der Curie verbrannte, das Volk die Bücherballen zusammen, womit cs die Gluth des Scheiterhaufens schürte ; ihrer wird auch sonst gele gentlich erwähnt. Eine ganze Reihe von Firmen ist uns noch heute bekannt. So die Firma der gefeierten Gerüdcr Sosius, der Verleger des Horaz, deren Handlung im Argiletum am Cäsarischcn Marktplatz, nahe bei dem Vcrtumnustempel und der Janussäule belegen war; die des Atrectus ebendaselbst, des Secundus beim Fricdcnstempel und dem Palladischen Forum, des Q. Valcrianus Pollius und des berühmten Tryphon, in dessen Verlag Martial und Quin- tilian erschienen, während die drei zuvorgcnannten, bei denen die Gedichte Martial's ebenfalls zu kaufen waren, vorzugsweise Sor timentshändlcr gewesen zu sein scheinen. Ferner Cn. Pompejus Phrixus in der Via Sacra, der zugleich den Doctortitel führte; Dorus, der Verleger der Werke des Cicero und des Titus Livius in den Zeiten Nero's und Seneca's; Demetrius der Antiquar und Andere. Aber auch in den übrigen Städten Italiens und in den Provinzen treffen wir Buchhändler an. So in Brundusium, in Alexandrien, in Lugdunum (Lyon), in Rheims, in Vienne; überhaupt überall im Reiche, wo eine Theilnahme an den geisti gen Bewegungen der Zeit und mithin an den literarischen Erschei nungen, in denen sic sich wiederspiegelten, vorhanden war, überall, wo die Interessen der Bildung und der Schulen einen mehr als gewöhnlichen Bücherbedarf bedingten. Die Buchhändler führten den Titel: lübrarii, llibliopolso und Antiquar». lübrarii hießen eigentlich die Abschreiber, öiblio- polao die Verkäufer. Wie aber gegenwärtig der Buchdrucker oder Buchdruckereibesitzer und der Buchhändler oft in einer Person verbunden sind, so waren auch damals häufig die Abschreiber zu gleich Verkäufer, und, umgekehrt, die Verkäufer zugleich mittel bare Vervielfältiger der Manuskripte oder Inhaber von Ofsicinen, in denen sie eine Mehrzahl von Abschreibern beschäftigten, die, wenn sie nicht Sclaven waren, einen Tageslohn oder eine Ent schädigung nach bestimmten Sätzen empfingen. Aus diesem Grunde wurden beide Ausdrücke auch unterschiedslos für den Buchhändler gebraucht. Ebenso machte man zwar zuweilen einen Unterschied zwischen Antiquaren als Vervielfältigern und Ver käufern alter, und den Libraren als Vervielfältigern und Ver käufern sowohl alter wie neuer Bücher; indeß fanden sich doch, gleichwie heutzutage, auch bei den Antiquaren nicht selten neue Artikel vorcäthig. Die Kleinkrämcr unter den Büchervcrkäufern nannte man auch wohl labolliones und labrarioli. (Fortsetzung in Nr. 104.)
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