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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.08.1886
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- 04.08.1886
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- Deutsch
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^5 178, 4. August 1886. Nichtamtlicher Teil. 4155 In den ersten fünfzig Jahren nach Erfindung des Buchdrucks waren Drucker und Verleger fast immer eine Person. Auch Koberger stellte die Werke seines Verlages zunächst nur in der eigenen Offizin her, die bald einen bedeutenden Umfang erreichte, denn es wird berichtet, daß Koberger mit vierundzwanzig Pressen druckte und ein Personal von hundert Gesellen beschäftigte. Die Pressen waren natürlich noch die einfachen Holzpressen, die erst lang sam im Laufe der Jahrhunderte, zu unseren komplizierten Maschinen vervollkommnet wurden, während sich in der Art des Setzens und der Herrichtnng der Drucke so wesentliche Umgestal tungen nicht mehr vollzogen haben. Der Schwerpunkt von Guten bergs Erfindung liegt nach der neuen Forschung in der Ver wendung gegossener, also absolut gleicher Buchstaben; sowohl der Pressendruck von Holztafeln, als auch die Zusammensetzung hölzerner geschnittener Buchstaben zu Titelzeilen oder Unterschriften war schon vor ihm bekannt. Aber ganze Bücher herzustellen war auf diese Weise unmöglich, da schon die geringste Ungleichheit der Buchstaben selbst bei dem Satz einer einzigen Kolumne ein unent wirrbares Durcheinandcrhervorgebracht haben würde. Die Druckerei Kobergers vereinigte in sich alle für den Buchdruck arbeitenden Gewerbe, so also besonders auch die Schriftgießerei, wie denn über haupt in den Anfängen des Buchdrucks jede Druckerei ihre eigenen Schriften schneiden und gießen ließ, während erst später besondere Schriftgießereien in Straßburg, Basel, Augsburg und Nürnberg entstanden. In Bezug auf die Schriftform und überhaupt die äußere Ausstattung der Bücher lehnte man sich zunächst möglichst an die Handschriften an und suchte diese nachzuahmen. Die Schreibkunst hatte sich im Mittelalter zu so hoher Vollkommenheit entwickelt, daß es begreiflich ist, wenn die junge Kunst des Buchdrucks zunächst sich bestrebte, jener mit ihren Erzeugnissen gleichzukommen. Daß ihr dies gelungen ist, lehren schon die ersten Drucke, die eine Gleich mäßigkeit der Schrift, eine Sorgfalt der äußeren Anordnung, eine Vorzüglichkeit des verwendeten Materials an Papier und Farbe und endlich eine künstlerische Ausschmückung der Bücher zeigen, die mit Recht den Neid der heutige» Drucker erwecken. Diese äußere Vollendung gewinnt noch an Bedeutung, wenn wir uns die Mangel haftigkeit der damaligen technischen Hilfsmittel vergegenwärtigen. Das große Folioformat der Handschriften wurde auch für die Druckwerke festgehalten. Unter den mehr als zweihundert aus Kobergers Offizin hcrvorgegaugcnen Drucken finden sich nur wenige in Quart oder Oktav; das letztere Format fand zuerst größere An wendung bei den berühmten Klassikerausgaben des Aldus Mauritius in Venedig, den sogenannten Aldinen. Papier wurde damals bereits in Süddeutschland hergcstellt, und auch für Anthonius Koberger war der Bezug desselben kein besonders schwieriger. Viel ungünstiger dagegen gestaltete sich die Lieferung an die auswärtigen für ihn druckenden Offizinen. Durch die langjährige Verbindung mit dem bedeutenden Baseler Drucker Haus Ämcrbach, an den Koberger das Papier meist von Straßburg aus liefern ließ, zieht sich die beständige Klage über die Mangel haftigkeit des gelieferten Stoffs oder unpassendes Format u. s. w. An Güte war das Papier jener Zeit dem unser» meist weit über legen; dagegen konnte bei der Ursprünglichkeit der Herstellungsart keine rechte Gleichmäßigkeit erreicht werden, und zu satinieren ver stand man überhaupt nicht; alles Papier wurde vielmehr vor dem Druck gefeuchtet, und Anthonius Koberger hatte für seine Offizin zur Beschaffung des hierzu nötigen Wassers eine eigene Wasserleitung bauen lassen, die heute noch vorhanden ist und Zeugnis von der Großartigkeit der ganzen Anlage ablegt. Um dem durch die kostbare Ausstattung der Handschriften verwöhnten Geschmack jener kunstsinnigen Zeit Rechnung zu tragen, wurde besonders den auf Pergament gedruckten Prachtexemplaren wertvoller Bücher — vor allem der Bibel — nach ihrer typo graphischen Herstellung durch die Hand der Jlluministeu in mühe voller Arbeit und manchmal in verschwenderischer Fülle künstlerischer Schmuck verliehen. Zu diesem Behufe ließ man beim Setzen die Anfangsbuchstaben der Kapitel, Absätze und Sätze fort, und diese wurden dann durch herrliche gemalte Initialen und farbige Buch staben ersetzt. Man umgab die Kolumnen mit zierlichen Arabesken und Raukenwerk, umzog wohl auch jede Seite der mächtigen Folianten mit feinen roten Linien, ja in dem Prachtvollen Exemplar der im Leipziger graphischen Museum befindlichen zwcinndvierzig- zeiligen Bibel Gutenbergs findet sich sogar jede Zeile rot unterzogen Nur vereinzelt stellte mau diese Initialen und Linien in der ersten Zeit des Buchdrucks durch mehrfarbigen Druck her. Zuerst findet sich der Druck zweifarbiger Initialen in einem von Fust und Schösser 1457 gedruckten Psalterium. Zur Ausführung dieser Arbeiten unterhielt Anthonius Koberger dauernd eine Anzahl Jllumiuisten, die sich meist aus den früheren Schreibern rekrutierten, und denen wir als Zugehörige zu dem großen Betriebe noch die Buchbinder und endlich die gelehrten Helfer bei Herstellung der Druckwerke, die Korrektoren, zuzählen. Es ist nur selbstverständlich, daß mit der Erfindung der Buch druckerkunst nicht auch zugleich eine neue Litteratur aus dem Boden wuchs, die den Pressen die nötige Beschäftigung gegeben hätte. Darauf brauchte man aber auch nicht zu warten; waren doch in den Handschriftensammlungen der Klöster und Städte die wertvollsten Manuskripte aufgehäust, unter denen man nur das Beste zu wählen brauchte, um die Welt mit vorzüglichen Büchern zu versorgen. Den Begriff des literarischen Eigentums kannte man damals noch nicht, und es wurde gedruckt, wessen man habhaft werden konnte. Und hier setzt nun eigentlich bereits die verlegerische Thätigkeit der Buchdrucker ein, denen in den meisten Fällen nicht nur die Be schaffung der Manuskripte, sondern auch die Veranlassung von Textvergleichung der verschiedenen lateinischen Handschriften und kritischer Herausgabe zufiel. Die Sprache der gelehrten Welt war damals ausnahmslos die lateinische; der Humanismus begann be reits das Deutsche in die Schriftsprache einzuführen; zur vollen Geltung kam unsere Muttersprache aber erst durch die Reformation, die einmal auf die breitesten Schichten des Volkes in Sprache und Schrift zu wirken suchte, die vor allem aber durch Luthers Bibel übersetzung eine Allen verständliche deutsche Schriftsprache über haupt erst schuf, und die darum mittelbar auch die Schöpferin eines nationalen Buchhandels wurde, während derselbe bis dahin ein durchaus kosmopolitisches Gepräge trug. Einen vorzüglichen Einblick in diese Seite der Thätigkeit Kobergers gewährt uns die ausführliche Schilderung Hases von den Schwierigkeiten, mit denen Koberger bei der Herausgabe des siebenbändigen Bibelwerks des heiligen Hugo, welches Amerbach in Basel für ihn druckte, zu kämpfen hatte. Sieben Jahre lang wurde Deutschland nicht nur, sondern Frankreich und England nach Exem plaren — dies der technische Ausdruck für die dem Druck zu Grunde liegenden Handschriften — durchsucht, und hatte man dann wirklich irgendwo in einem Kloster einen Teil des großen Kommentars ent deckt, dann weigerten wohl die vorsichtigen Mönche die Dar leihung des kostbaren Schatzes, und wenn selbst eine Bürgschaft des Rats von Nürnberg nicht half, dann blieb schließlich nichts weiter übrig, als den Band an Ort und Stelle abschreiben zu lassen. Selbstverständlich war dann noch eine sachverständige Re vision nötig, und erst wenn diese beendigt war, konnte der Satz beginnen. Wenn wir dazu die Schwierigkeiten des Verkehrs jener Zeit berücksichtigen, die nicht nur in der Mangelhaftigkeit der Ver- 561*
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