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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.11.1861
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 25.11.1861
- Sprache
- Deutsch
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»V? 145, 25. November. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 2547 deutschen Buchhandels lehrt uns, daß die Verkchrswcisc schon im 15., namentlich aber im 16., 17. bis zum zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts und von da ab noch in theilwciser Geltung bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts das Changcgeschäft, der Ta lisch- Handel war. Der Tauschhandel ist sonst die primitivste Form eines commcrcicllcn Lebens, und cs muß auf den ersten Blick auffallen, daß der Buchhandel, die Frucht einer schon weit vor geschrittenen Cultur, dieser Form noch so lange bedurfte. Dem Kaufherrn jener Zeit siel cs nicht ein, auf den Frankfurter und Leipziger Messen Tuch gegen Leder, Leder gegen Tuch zu verhan deln; jedenfalls konnten ihn hierzu nur besondere Interessen ver mögen, während die Regel für ihn der Umsatz gegen Geld war. Der Buchhändler aber hatte keine freie Wahl; sowenig wie er sich nach den Anforderungen des Geschäfts dazu entschließen konnte, seinen Sortirncntsbcdarf gegen baarcs Geld zu decken, da er sich bei der Unbestimmtheit des Absatzes unter solchen Umständen auf das Allcrnothwendigste hätte beschränken müssen, so wenig konnte er im Allgemeinen darauf rechnen, seinen eigenen Verlag auf den Messen anders als Buch gegen Buch umzusetzen. Verlags - und Sorlimcntsthätigkcit gingen daher Hand in Hand; die eine setzte die andere voraus; der Buchführer zog mit seinen Büchcrfässern nach Frankfurt und Leipzig als Verleger, insofern er seine eigene Production zu Markte führte,und er kehrte heim alsSor- timentcr, insofern er die gegen den eigenen Verlag «ungelöste Change mit sich führte. Schon gegen Ende des 17. Jahrhunderts bereitete sich in dieser Geschäftseinrichtung eine Umgestaltung vor. Der Tauschhandel war so lange vollkommen naturgemäß, als — mit Kirchhofs zu sprechen — der Buchhandel nur über einen beschränkten, ziemlich gleichmäßig gebildeten und gleichmäßig li terarisch-productiven Thcil vonDcutschland verbreitet war. Diese Voraussetzung traf zu im Zeitalter der gelehrten Buchhändler, also hauptsächlich im 16. und 17. Jahrhundert. Sobald der Buch handel eine größere Ausdehnung erlangte und sein Betrieb das industrielle Gepräge der Neuzeit annahm, mußte das Chan- gcgeschäft mancherlei Jnconvenicnzcn mit sich führen. Der Eintritt des industriellen Zeitalters kündigte sich schon gegen Ende des 17. Jahrhundcls an, wo die vortheilhafte Lage des Sorti- mcntshandels, der glänzende Aufschwung des Verlagshandcls, hcrbeigeführt durch den Impuls, welchen die gelehrten Studien und die deutsche Nationalliceratur um jene Zeit empfingen, eine sichtbare Vermehrung der Firmen hervorrief. In natürlichem Zu sammenhänge damit stieg die Äerlagsproduction als Umsatzmittel gegen den Bedarf an Sortiment und verwässerte und verschlech terte sich. Dadurch entstand ein Mißvcrhältniß im allgemeinen Aequivalcnt der buchhändlcrischen Waare, wie es der Change- vcrkehr zur Grundbedingung hatte. Die tüchtigen und durch ihr literarisches Terrain bevorzugten Pcoducenten, wie die Leipziger Verleger, fanden in der Change gegen die industriösc Production der bloßen Büchcrfabrikanten kein Interesse mehr, und bei der Ver mehrung der Sortimentsthätigkeit, die ihrer nicht entbehren konnte, sahen sie sich auch mehr und mehr der Nothwcndigkcit überhoben, selbst Sortimcntsgeschäfte zu betreiben. Dadurch trat allmählich eincTrcnnung des Verlagshandels vom Sortiments- Handel ein. Allein cs war den deutschen Verlegern nicht, nach Art der Ausländer, gestattet, nun direct zum Baacverkchr überzuge hen. Gegen den Baarvcrkehr als Regel sträubte sich nach wie vor der Gcschäftsinstinct des deutschen Buchhandels, und die Ver leger waren daher genöthigt, den Sortimentern Conccssionen zu machen. Die pro Novit ate- und ü Conditio «-Versen dungen entstanden, an sic reihten sich die übrigen Zuchaten desCommissionshandcls: dicRcmittenden undDisponcnden nicht abgesctztcr Artikel u. s. w., und mit der ersten Sicherung, der allgemeineren Anerkennung der neuen Geschäftseinrichtung war der Geburtsact des industriellen Zeitalters im deutschen Buchhan del, allerdings in etwas schwererer Art, als cs hier skizzirl wird, vollzogen. Diese innere Conscqucnz, dieser logische Gang in der Ent wickelung unserer deutschen Geschäftseinrichtungen ist, wenn das Naturgemäße darin nicht allsoglcich erkannt wirdj, wenigstens ge eignet, zum Nachdenken anzurcgcn. Der deutsche Buchhandel sträubt sich vier Jahrhunderte lang, seiner Waare die allcrge- wöhnlichste dircctc Umsatzfähigkeit kaufmännischer Waare zu- zucrkcnncn. Drei Jahrhunderte lang treibt er Tauschhandel und im letzten Jahrhundert geht er zu einem Commissionshandcl, zu einem Vertrauens- und Crcditsystem über, über dessen Gemein gültigkeit und Ausdehnung der cxactc Kaufmann lächelt und der Buchhandel des Auslandes die Achsel zuckt. Und trotz der wohl gemeinten Winke, die ihm von den verschiedensten Seiten gege ben werden, um ihn von seinem unkaufmännischen, eigengearte- tcn Treiben abzubringcn, trotz der zahllosen Resormvorschläge, womit viele seiner erleuchteten Jünger sich nun schon seitDccen- nien abmühen,ihn auf ihre eigencHöhe kaufmänni sch er Auf fassung zu erheben, er bcharrt bei seiner Hartköpfigkeit und ge- berdct sich so, als wenn er für alle Zeiten gesonnen sei, seinen eigenen Weg und nicht den Weg Anderer zu gehen. Ich will die Andeutung der Gründe versuchen, welche den Buchhandel zu seinem nach kaufmännischer Anschauung eigen- thümlichenVerfahren nöthigen, und bei einer genaueren Ausfüh rung, als sic hier möglich ist, würde sich wahrscheinlich ergeben, daß der deutsche Buchhandel in seiner unscheinbarsten Usance mehr kaufmännischen Sinn oder, besser gesagt, mehr G e s ch ä f t s- geist vccräth, als alle Diejenigen zusammcngenommen, deren Geschäftsvcrstand sich dem Buchhandel gegenüber über die ge wöhnlichen Formen, das breitgetretene Geleise des kaufmännischen Betriebes nicht zu erheben vermag. Der Verbrauch von literarischen Erzeugnissen geht zum ge ringsten Thcile aus einem n o t h w cnd i gen, in der Hauptsache aus einem freien Bedürfnisse hervor. Wollten wir uns auf das nothwendigc Bedürfniß beschränken, so könnten wir unsere Production und die Zahl der vorhandenen Firmen um ein Be trächtliches reducircn. Das freie Bedürfniß, welches unserer Waare zu Grunde liegt, gestattet uns die progressive Vermehrung unserer productiven Leistung, soweit wie wir eben durch unsere Leistung dasBcdürfniß erweitern. Unsere Industrie— und, allen Gegenreden zumTrotz, Industrielle sind wir nach dem productiven Theil unserer Thätigkeit — unsere Industrie, sage ich, hat nur dieEigcnschaft voraus, vorzugsweise cinep r o p a g a n d i st i sch e zu sein. Indem wir das Bedürfniß anregcn, aufsuchen und befrie digen, legen wir den Keim zu immer neuen Bedürfnissen. Einen vorhandenen, bestimmten Bedarf kennen wir im Großen und Ganzen nicht, und wir können daher auch niemals so stricte davon sprechen, den literarischen Bedarf zu befriedigen. Wir befriedi gen ihn nur soweit, als die literarische Thätigkeit und unsere ge schäftlichen Combinationcn Bedarf schaffen. Diese Stellung unserer productiven Thätigkeit unterscheidet uns wesentlich von andern industriell - commerciellen Zweigen. Die Nachfrage mel det sich bei uns weniger als sonstwo von selbst, wir müssen mehr als jeder andere Handelszweig die Kauflust anregcn und die Käu fer aufsuchen. Der Verleger leitet seine Operationen nicht nach bestimmten Anforderungen des Marktes, sondern indem er ope- rirt, sucht er dem literarischen Verkehr alte und neue Käufer im mer wieder zuzuführcn. Das Buch aber, welches auf dem Lager des Verlegers der Nachfrage harrt, ist, geringe Ausnahme abge rechnet, der Hauptsache nach Maculatur; nur im Vertriebe erhält es seine Umsatzfähigkeit. Analog ist es mtt"dcm Sorti menter bestellt. Er kann seinen bestimmten Bedarf nur zum ge-
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