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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.02.1883
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- Erscheinungsdatum
- 21.02.1883
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- Deutsch
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massenhaften, in wilder Hetzjagd einander drängenden Publi kationen, welche weit weniger aus der Initiative der Schrift steller als vielmehr aus der Speculation der Buchhändler her vorgegangen sind. Alles und Jedes muß auf einmal illustrirt werden, nicht bloß die naturwissenschaftlichen und kunstgeschicht lichen Bücher, denen allerdings eine gute Illustration fast un erläßlich ist, sondern auch Bücher aus wissenschaftlichen Gebieten, welche einer derartigen Ausschmückung ganz und gar nicht be dürfen. Ich erinnere an jene „illustrirten" Literatur- und Musik geschichten, wo uns Abbildungen von Portraits, Handschriften, Wohn- und Geburtshäusern berühmter Männer, Druck- und Schriftproben und noch manch' anderes Bildwerk kunterbuntester und heterogenster Art im wildesten Durcheinander dargeboten wird, so daß nicht bloß der ruhige typographische Eindruck ge stört, sondern jede stetige Aufmerksamkeit und Concentration des Lesers auf die geschichtliche Darstellung verwirrt wird. Dies alles dient ja nicht dem Bedürfniß nach Belehrung, sondern erregt nur den Kitzel einer fahrigen Neugier, die von einem ernsten liebevollen Versenken in den Stoff himmelweit entfernt ist. Aber dieser nämliche Hang nach Zerstreuung, nach Neuem, Pikantem, Aufregendem, der in der heutigen Welt epidemisch geworden ist, wird ja auch in jenen Dichterillustrationen nach Kräften gepflegt, so daß die Worte eines Lessing, Schiller, Goethe der Willkür einer ganzen Compagnie von Illustratoren preisgegeben werden. Was soll aus einer Vertiefung in den Geist unserer Classiker, den unsere Zeit nöthiger hat als je, schließlich werden, wenn uns beim Lesen jeden Augenblick das Gesicht irgend eines dieser liebenswürdigen „Illustratoren" über die Schulter blickt! Es ist vielleicht der Mühe Werth, die Entstehung der wissen schaftlichen Illustration (soweit sie als Holzschnitt dem Text eingedruckt wird) zu verfolgen. Ich wähle dazu die kunstge schichtliche Literatur, weil sich hier Anfänge und weitere Ent wicklung am klarsten darlegen lassen. Als Kugler, der Be gründer der modernen Kunstgeschichte, mit seiner „Geschichte der Malerei" hervortrat (1837), war an eine Ausstattung mit Illu strationen noch gar nicht zu denken. Auch die beiden späteren Auflagen dieses zu seiner Zeit vortrefflichen Buches verzichteten auf diese Art der Ausstattung. Ebenso gab Kugler (1841) sein „Handbuch der Kunstgeschichte" noch ohne Illustrationen heraus, wie denn auch die zweite Auflage dieses grundlegenden Werkes ohne Bildschmuck erschien. Für die Veranschaulichung des kunst geschichtlichen Materials dagegen sorgte der Verfasser durch Be gründung des großen Bilderwerkes, der „Denkmäler der Kunst", welche allerdings bis auf den heutigen Tag das reichste und beste Sammelwerk dieser Art geblieben sind. Dieselbe Zurück haltung bemerken wir dann in Schnaase's berühmter Geschichte der bildenden Künste, deren erste Bände (seit 1843 erschienen) aus Illustrationen gänzlich verzichten. Erst im vierten Bande des großartig angelegten Werkes (1850) beginnen einige kleine schüchterne Bilder sich einzustellen, und auch im weiteren Fort gang seiner Arbeit hat der Verfasser nur das Nothwendigste an Illustrationen hinzugefügt. Das von I. A. Romberg begründete, von Fr. Fabcr sort- geführte „Conversationslexicon für bildende Kunst" (seit 1845) war vielleicht das erste deutsche Buch, welches die Textillustra tion für die Kunstwissenschaft zu verwerthen bemüht war. Leider mußte das gar zu weitschweifig angelegte Unternehmen ins Stocken gerathen, ehe es nur die Hälfte seines Pensums absolvirt hatte. Dann kam 1855 meine „Geschichte der Architektur", welche zunächst aus ausgiebige Jllustrirung des Textes bedacht war und gewiß zum Theil diesem Umstande ihren außergewöhnlichen Er folg verdankte. Ihr folgte der „Grundriß der Kunstgeschichte" und diesem die „Geschichte der Plastik", Bücher, welche in allen ihren Auflagen die gediegene und reichhaltige Ausstattung mit Holzschnitten prinzipiell und consequent verfolgten. Seitdem hat die kunstgeschichtliche Literatur sich zu außerordentlichem Umfang entwickelt und die Text-Illustration immer eifriger angebaut. Aber in dieser Illustration, so verdienstlich im Ganzen sie ist, offenbaren sich Mängel und Fehler, die man in der Regel ungerügt hingehen läßt, denen aber ein Halt geboten werden muß, weil sich aus ihnen eine bedenkliche Verwilderung der künstlerischen Darstellungsgesetze entwickeln zu wollen droht. Am wenigsten treten diese Bedenken in architektonischen Darstellungen hervor, obwohl auch hier durch zu malerisch behandelte per- spectivische Bilder gelegentlich stark gesündigt wird. Auch die Werke der Plastik in ihrer einfacheren Gestaltung und greif bareren Form werden meistens in befriedigender Weise zur Er scheinung gebracht. Aber bei den Schöpfungen der Malerei bricht die wildeste Stillosigkeit herein und der Holzschnitt unse rer Zeit, zügellos und ohne verständige künstlerische Leitung, verfällt seiner schlimmsten Entartung. Die Technik dieses Kunst zweiges verlangt nämlich eine möglichst einfache, auf klarem Um riß und schlichter Schattengebung beruhende Behandlung. Man soll selbst in den tiefsten Schatten die Linien so schlicht wie möglich legen und vor allem die den Kupferstich und der Ra dirung vorbehaltenen Kreuzlagen vermeiden. Da aber die wenig sten Zeichner sich von diesen Grundbedingungen der Holzschnitt darstellung Rechenschaft oblegen, da das Publicum und also auch der Verleger möglichst derbe, schlagkräftige malerische Wir kungen verlangen, da ferner die effectvollen Erzeugnisse des Photographen zum Wetteifern heraussordern, so entsteht ein Hin arbeiten auf Wirkung um jeden Preis, bei welchem das Wesen des Holzschnittes völlig aufgegeben und seine angebornc Klar heit und Schönheit in ein widriges Zerrbild verkehrt wird. Diese Illustrationen sehen im Druck immer aus wie mißlungene Ab züge von schlechten Kupferstichen, die durch ihre Unruhe, ihre fleckige und rauhe Erscheinung abstoßend wirken. Fast keine kunsthistorische Publication hält sich frei von diesen Mängeln, und zwar rührt dieser trübselige Zustand zumeist davon her, daß die meisten Autoren zwar vielleicht sehr gelehrte Männer sind, aber ein eigentlich künstlerisch gebildetes Auge gar nicht be sitzen. In andern Fällen mögen sie zu bequem sein, der Her stellung der Illustrationen, den Arbeiten des Zeichners und des Holzschneiders die nöthige Aufmerksamkeit zu zollen, denn dies ist eine sehr mühsame, aufopferungsvolle, zeitraubende Arbeit. Und wer sein Leben lang viel Erfahrung in diesen Dingen ge sammelt hat, wird doch in manchen Fällen trotz aller Hingebung an der Schwerfälligkeit des Zeichners oder dem geringen Ver- ständniß des Holzschneiders gescheitert sein. Ich kenne, streng genommen, nur ein kunstgeschichtliches Werk unserer Zeit, wel ches hinsichtlich seiner Illustration den höchsten Ansprüchen ge nügt; das ist Thausing's „Dürer". Im Uebrigen mag man z. B. das verdienstliche Sammelwerk Dohme's „Kunst und Künstler", oder Woltmann-Wöhrmann's fleißige „Geschichte der Malerei", oder irgend eine andere Publication ins Auge fassen, man wird unter den Illustrationen nur manche finden, welche sich frei von jenen Mängeln halten. In meiner „Geschichte der italienischen Malerei" war ich bestrebt, ein Muster schöner und richtiger Holzschnittillustration hinzustellen, aber trotz aller Mühe ist doch nicht alles so gelungen, wie ich es wünschte, obwohl der Kenner finden wird, daß die Zeichner fast ausnahmslos auf möglichst einfache, kleine Strichlagen verpflichtet worden sind. Ich wiederhole, alle diese Dinge sind von nicht zu unter schätzender Wichtigkeit; denn da die kunstgeschichtlichen Bücher 115*
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