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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.06.1873
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- Erscheinungsdatum
- 23.06.1873
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- Deutsch
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2252 Nichtamtlicher Theil. .V 142, 23. Juni. Es ist demnach einleuchtend,daß die Vorbeugung des Strikes durch neue freiwillige Zugeständnisse der ernstliche Sinn des von den Prinzipalen beabsichtigten Normal-Tarifs für ganz Deutschland war. Wiederholt verwiesen die Leipziger Druckereibesitzer aus ihren guten Willen, zum dritten Mal innerhalb vreier Jahre den Gehilfen nachzugcbcn und wollten das neue Zugcständniß nur bis zu der am 10. Mai stattfindcnden Generalversammlung des Deutschen Buchdruckervercins vertagt haben. Hierin gipfelte ihr Verlangen. Allein dies mäßige Verlangen fand keine Beachtung, sondern wurde gerade zum Gegenstand des Strikes gemacht, so daß die Besitzer es wohl oder übel darauf ankommen lassen mußten, wenn sie ihr An sehen nicht vollständig preisgeben wollten. Für die lange Ausdehnung der Arbeitseinstellung wird wieder um Niemand die Prinzipale ansehen wollen. Sie haben ihr Bestes gethan, um sie möglichst abzukürzen. Zwar wurde die angedrohte Maßregel des Ausschlusses der Verbands-Gehilfen aus sämmtlichen Officincn des Deutschen Buchdruckervercins in Ausführung genommen. Allein abgesehen davon, daß dieser Verein kaum etülas mehr als die Hälfte der deutschen Buchdruckereien umfaßte, machte er mit seiner Autorität selbst unter den eigenen Mitgliedern höchst üble Erfah rungen. Dem Beschluß der Kündigung der Verbands-Gehilfen für den 8. März wurde nur mangelhaft nachgckommen, ja — wie es in einem officiellen Actenstück wohl in Bezug auf diese Maßnahme heißt — „die Existenz und fernere Lebensfähigkeit des Vereins schien bisweilen in Frage gestellt". Sehr natürlich; denn die Stellung der Druckereibesitzer ist sehr verschiedenartig, und Niemanden ist zuzu- muthen, gegen sein besseres Interesse zu handeln. Aber che noch die wichtige Maßregel gegen die Verbands- Gehilfen zur Ausführung kam, befand sich die Prinzipalität über haupt im vollen Rückzuge. Denn bereits am 5. März hatte ihre Commission einen neuen Tarif zu Stande gebracht, die Alpchabet- Bercchnnng angenommen und war in „allen formellen und manchen materiellen Punkten" dem Gehilfen-Taris cntgegengekommen. Man berief alsbald eine, außerordentliche Generalversammlung für den 2 4. März nach Weimar, um diese ansehnlichen Zugeständnisse den Gehilfen so schnell als möglich zu gute kommen zu lassen. Von der ordentlichen Generalversammlung am 10. Mai, dem eigentlichen Zankapfel, war demnach keine Rede mehr, als die Zeitungen gefüllt waren mit den Telegrammen über die Entlassung der Verbands- Gehilfen in dieser oder jener Stadt. In Weimar, wo man sich bald einigte, zum besten Theil an bloa, wurde seitens des Vorstandes erklärt, daß gegründete Aussicht vor handen sei, der Tarif werde die Anerkennung der gesammten Gehilfenschaft erhalten. Nach Art der Zugeständnisse und nachdem man von dem ominösen 10. Mai abgelassen hatte, hätte man das fast glauben sollen. Aber man irrte sich. Der Tarif sollte nach träglich von einer Delegirten-Versammlung (Prinzipale und Gehilfen) geprüft werden und dann als vereinbarter deutscher Tarif allgemeine Geltung erlangen. Als Vorbedingung hierfür verlangte der Prin zipal-Verein, daß der Verband den Strikc in Leipzig aufhcbe. Dies wurde abgelehnt, und die Verhandlungen mit den Gehilfen wurden somit am 2. April abgebrochen. „Ein Entgegenkommen des Vcrbandspräsidiums gestattete jedoch die Wiederaufnahme der Verhandlungen" — heißt es in einer Relation des Prinzipal-Vereins. Dies war in der That das ein zige Entgegenkommen, welches der Verein seitens der Gehilfen gefunden hat, doch hatte dasselbe fürden Verbandspräsidenten unan genehme Folgen. Der entgegenkommende Schritt bestand nämlich in der Ermöglichung einer Convention, mittelst deren eine Delegirten- Versammlung von Prinzipalen und Gehilfen auf den 1. Mai anberaumt wurde. Die Interessen der Gehilfenschaft waren dabei seitens des Verbandspräsidiums in jedweder Weise ge wahrt. Sogar die Differenz zwischen dem künftigen gemeinsamen Tarif und denjenigen Tarifen, welche am 19. April, dem Tage des Abschlusses der Convention, in Geltung waren, sollte an diejenigen Gehilfen nachbezahlt werden, welche während dieser Zeit in Arbeit gestanden hatten. Auf solche Sicherstellungen hin verfügte der Verbandspräsidcnt die Wiederaufnahme der Arbeit, die frühere Vorbedingung der Prinzipalität für den Eintritt in eine Delegirten-Versammlung, ohne deren Erfüllung ja das Entgegenkommen der Verbandsspitzc kein Entgegenkommen gewesen wäre. Jndeß die dem Präsidium zur Seite thätigc Strike-Commission paralysirte dessen Verfügung sofort durch eine Gegenverfügung, und der social-demokratische „Volks staat", der den Präsidenten deshalb gehörig abkanzelt, bemerkt, das Präsidium sei durch seinen Fehler, die Wiederaufnahme der Arbeit vor definitiver Feststellung des Tarifs zu verfügen, in die unange nehme Lage gekommen, „sich ignorirt zu sehen". Eine Anzahl Ge hilfen hatten nichtsdestoweniger der Verfügung des Präsidenten nachgegeben, legten aber sofort von neuem die Arbeit nieder, als eine private Notiz in den „Leipziger Nachrichten" erschien, worin irrthümlich berichtet ward, daß dies auf Grund des Prinzipal-Tarifs geschehen sei. Nach allem hätten die Prinzipale das Recht gehabt, von der mit dem Verbandspräsidinm geschlossenen Convention zu rückzutreten; sie thaten es aber nicht, sondern tranken zu den übrigen Kelchen, die sie schon getrunken hatten, auch noch diesen Kelch. Der Weimarer Prinzipal-Tarif, der dem vor dem Strikc überreichten Gehilfen-Tarif schon in den wesentlichsten Punkten nachgegeben hatte, fand in der am 1—5. Mai stattgesundenen Dele girten-Versammlung keineswegs Bcistimmnng, vielmehr ist der Ge hilfen-Tarif bis auf einen verschwindenden Rest von Forderungen zur Geltung gekommen. Schon in der Convention vom 19. April war der Fall vorgesehen, daß die Prinzipalität den Tarif der viel- berufenen ordentlichen Generalversammlung vom 10. Mai zur An nahme vorzulegcn beabsichtige; in dem Falle behielten sich die Ge hilfen eine Urabstimmung über die Annahme im Verbände vor. Die Prinzipale beeilten sich daher, den Tarif zwei Tage vor dem 10. Mai, wozu gerade noch Zeit war, als bindend für sich zu publiciren. So ist im Wesentlichen der Verlauf des Strikes. Der Prinzipal-Verein nennt das Ergcbniß desselben, dieEr- zielung eines einheitlichen Tarifs für ganz Deutschland (mit gewissen Localzuschlägen in größeren Städten) ein großes Resultat; kein anderes Land habe sich einer derartigen Einrichtung zu erfreuen. Man kann hierüber verschiedener Meinung sein. Auf welche Weise diese Einrichtung mit gegebenen Verhältnissen rechnet, bewies schon der Widerspruch süddeutscher Vertreter zu Weimar gegen die Grund position von 30 Pf. Reichsmünze für 1000 Buchstaben kleines Al phabet. Ein schwäbischer Vertreter führte an, daß der Kreis Schwa ben, Stuttgart ausgenommen, aus fast lauter kleincnStädtenbestche, in welchen man beinahe um die Hälfte billiger lebe, als indenHaupt- druckortcn. Solche Verhältnisse könne man nicht wegdecretiren. Der gemeinsame Tarif bestimmte ursprünglich ferner z. B. 15o/g Auf schlag für plattdeutschen Satz gegen hochdeutschen Satz. Der Drucker und Verleger Fritz Reuter's führte hiergegen an, daß im Norden ein Gehilfe ebenso gern das Plattdeutsche setze wie das Hochdeutsche. Er beantragte, etwaige Abweichungen von der gewöhnlichen Berechnung mindestens dem freien Uebereinkommen zu überlassen, aber ohne Er folg. Endgültig ist dieser Aufschlag sogar auf16?h o/o erhöht worden. Solche Züge zeigen genügend, daß der Tarif nicht auf dem Prinzip der Gleichheit, sondern auf dem der Ungleichheit zu Gunsten der größeren Druckorte beruht. Der Localzuschlag, welcher für Leip zig z.B.16Nhh beträgt, änderthierangcgenüber kleineren Druckorten nichts. Die Gehilfen wollten sich anfänglich mit der Idee eines ge-
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