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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.06.1873
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 23.06.1873
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- Deutsch
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142, 23. Juni. Nichtamtlicher Theil. 2251 Drucker kurz vor Beginn der Büchersaison, wo die Verleger Eile haben, also im Spätsommer, zu seiern beginnen müssen. Sie haben aber nicht wie Maurer und Schneider gehandelt, sondern den sür den Verlagshandel günstigsten Monat des ganzen Jahres gewählt, den Januar nämlich. Dieser Umstand und die außerordentliche Höhe der Mehrfordcrungen verleiteten anfänglich zn der Annahme: die Gehilfen würden diesmal ihren Willen nicht durchsetzen. Sie haben ihn aber dnrchgesetzt und vollständig oder im Wesentlichen alles erzielt, was sie wollten. Die Genossenschaft der Leipziger Buchdrucker theilte beim ersten Strike, im Jahre 1865, mit, daß die Lohnsätze ihrer Gehilfen von 1840 bis gegen Mitte der sechsziger Jahre um nahezu 50 U auf gebessert worden seien. Nur ein einziges Zugeständniß war während dieser Zeit abgcnöthigt worden, in dem politischen Bewcgungsjahre 1848, und dies wurde nach einigen Monaten wieder rückgängig. Der Grund dafür wird noch gegenwärtig in Leipziger Gchilfen- krcisen mit dem Eintritt der politischen Reaction in Zusammenhang gebracht, obschon dieselbe viel später cintrat. Der eigentliche Grund war, daß die Production im nämlichen Jahre, zwar nicht wegen jener Lohnerhöhung, um 25 U und in dem Jahre danach noch tiefer sank. Bis znm Jahre 1848 hatte der Tarif pro 1000 n (bis jüngst die Maßeinheit für die Berechnung) auf 16, 17 und nur in einzelnen Fällen und ganz zuletzt ans 19 Pf. gestanden. Vor der Arbeitsein stellung im Jahre 1665 stand er aus 25 Pf. und wurde infolge der selben neben anderen Zugeständnissen aus28Pf., Johanni 1870 auf 30 Pf., am 1. December 1871 durch abermaligen Zuschlag sactisch ans 35 Pf. erhöht. Anfangs 1872 fand der Stuttgarter Strike Statt, welcher eben falls ein Vierteljahr lang dauerte. Aus Antrag des dortigen Prin zipal-Vereins resp. eines Bnchdruckcrtags, den derselbe nach Eisenach ciugeladen hatte, beschloß die Generalversammlung des im Jahre 1870 entstandenen Deutschen Buchdrucker-Vereins (Prinzipale), Maßregeln vorznbereiten zur gegenseitigen Unterstützung im Falle eines abermaligen Strikes. Ein weiterer Beschluß ging dahin, einen Normaltarif für ganz Deutschland einzuführen und dessen Aus arbeitung womöglich in Verbindung mit den Gehilfen vorzu nehmen. Der schon im Jahre 1865 gebildete Gehilfen-Verband ver eitelte jedoch die Wahlen, da er sich bei der Anordnung derselben zurückgcsetzt glaubte. Man bereitete demgemäß selber einen Tarif vor und lud nun seinerseits die Prinzipalität zur Mitberathung ein, natürlich ebenfalls ohne Erfolg. Die Agitation der Gehilfen war vornehmlich gerichtet auf Einführung der Alphabet-Berechnung (d. i. die ideale Durchschnitts- Buchstabengröße des ganzen Alphabets an Stelle des bestimmten einzelnen Buchstaben n), womit bei gleichem Tarif wie für die bis herigen 1000 n eine beträchtliche Lohnstcigcrung für alle Arbeiten von selbst gegeben war. Hannover fügte sich dieser Forderung; Berlin lebte unter fast täglich vorkommendcn partiellen Strikes; kleinere Orte wurden gezwungen, nachzngeben; in Braunschweig trat eine ernste Bewegung ein. Der gcschäftsführende Ausschuß des Prinzipal-Vereins hielt unter diesen Umständen am 2—4. December v. I. eine Conferenz in Leipzig ab, deren Resultat der Beschluß war, den eventuellen Strike einer geschlossenen Vereinigung von Gehilfen mit der allgemeinen Kündigung aller Mitglieder eines solchen Vereins zu beantworten. Dieser Beschluß erlangte Gültigkeit für den Verein; in Leipzig, Breslau, Magdeburg, München, Cassel und in andern Städten constitnirten sich Localvereine zum gegenseitigen Schutz. Darauf änderten die Gehilfen ihren Operationsplan. Man gab den kleineren Kampf in Braunschweig auf und beschloß, das . Centrum der Agitation, Leipzig, ins Gebet zu nehmen, in der Uebcr- zeugnng, daß, wenn Leipzig sich gefügt, die übrigen Städte bald nach- gcben müßten. Den früher in Vorbereitung genommenen Tarif ließ man fallen und berief zur Aufstellung eines neuen Delcgirtc des Verbands nach Leipzig, indem man gleichzeitig wiederum die Prin zipale zur Mitwirkung einlud. Nach der früheren Ablehnung und insbesondere nach dem Beschluß der Prinzipal-Conferenz vom 2— 4. December wurde wohl kaum die Annahme dieser Einladung vorausgesetzt. Der Verband bereitete auch schon, noch bevor seine Tarif- Commission zusammengetreten war, den Strike in Leipzig vor, indem er eine größere Anzahl seiner dort in Arbeit stehenden Mitglieder, mit Reisegeld versehen, entfernte. Die Delegirten traten am 15. Januar zusammen, sechs Tage später, am 21., legten die Gehilfen den Leipziger Prinzipalen ihren Tarif vor, mit dem Verlangen, sich darüber bis zum 23. zu erklären. Auf geschehene Ablehnung kündig ten am 25. Januar etwa 300 Mann, den übrigen Verbandsgc- hilfen wurde der übernommenen Verpflichtung gemäß von den Leip ziger Prinzipalen am 1. Februar gekündigt. „Nicht Wenige der Strikenden" hatten dabei, wie constatirt wurde, ihre Contracte gebrochen, theilweisc mit empfangenen und nicht zurückgezahlten Vorschüssen. Diese Vorschüsse rührten von Vorausberechnungen noch zu leistender Arbeit her, eine Unsitte in den Wochen-Abrcchnungen, die in den Buchdruckcreicn, namentlich unter den Verhältnissen der Neuzeit, schwer zu vermeiden zu sein scheint. Der Gegenstand des Streits war nun, was wohl z» beachten ist, keineswegs eine einfache Ablehnung von Mehrsorde- rungen. Die Leipziger Prinzipale hatten zweimal friedlich nach gegeben: Johanni 1870 und December 1871. Sic würden auch diesmal unbedingt ihren Gehilfen wieder entgegengckommen sein, ganz im Geiste jener Auffassung, melche im gemeinsamen Vcrcins- organ zu lesen ist, wonach das Streben der Prinzipal-Vereinigung dahin zu gehen hat, ihren Gehilfen mitMehrbewilligungen „zuvor- z»kommen", um eben Strikes zu vermeiden. Ein Strike kann da her in diesem Gewerbszweige eigentlich nur noch dadurch zu Stande gebracht werde», daß sich die Gehilfen mit neuen Zugeständnissen nicht „zuvorkommen" lassen wollen. Man wird dies Verhältniß etwas eigcnthümlich finden, denn auch der gutmüthigsten Prinzipalität geht doch sonst, wenn die Mehrforderungen so häufig und kurz nacheinander wie hier Vorkom men, zuletzt einmal die Geduld aus; sie weicht dann dem Strike nicht aus, sondern läßt es ruhig daraus ankommen, um in diesem Wege die neuen Forderungen ganz oder zum guten Theil abzuwerfen. Im Vergleich mit anderen Arbeitgebern, die gleichzeitig auf eigenes Risico arbeiten (was die Drucker-Prinzipale gewöhnlich ent weder gar nicht oder nur theilweisc thun) und daher die Differenz zwischen der Lohnsteigerung und der Möglichkeit der Preiserhöhung gegenüber dem Publicum direct auszubaden haben, ist freilich den Druckereibesitzern das Mehrbcwilligen leicht gemacht. Der Strike verurtheilt sie zum Stillstand ihrer Thätigkeit, dagegen die höheren Löhne wälzen sie entweder zum besten Theil oder auch gänzlich aus den Hauptkunden,denVerlagshandel, ab,und dieseristdurchdieFortsetzung begonnener und durch die Druckherstcllnng längst contrahirter Werke (von den noch schlimmer gebundenen Zeitnngs- und Zcitschriftcn- Verlegern zu schweigen) von langer Hand engagirt, kann daher nicht zurück. Es sind das Zwangssteigernngen, bei denen für den direct Betroffenen ein Parlamentircn nicht denkbar ist, auch wenn ihm, wie diesmal vielfach geschehen, der nothwcndige Unternchmergewinn bis zum letzten Rest aufgesaugt und hierüber hinaus für die nöthigen Fortsetzungen auch noch eine merkliche Zubuße auferlegt wird, denn er hat sich diesen Ansprüchen einfach zu fügen, wenn er nicht bis dahin Maculatur gedruckt haben will. 304*
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