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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.01.1883
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- Erscheinungsdatum
- 29.01.1883
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- Deutsch
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418 23, 29. Januar. Nichtamtlicher Theil. wird, läßt er überall den Raum frei. Während dieser unter geordnet. Schmuck angefertigt wird, werden einem anderen bedeu tenderen Künstler, dem eigentlichen Miniator, die selbständigen Blätter und größeren Abbildungen übertragen, zu deren Ausfüh rung er nicht selten noch Hilfskräfte heranzieht. Das Ergebniß dieses Zusammenwirkens der Kräfte sind dann jene herrlichen Codices, derer Gesammterscheinung einen unvergleichlichen Ein druck von harmonischer Schönheit und Pracht ergibt, worin nichts zufällig, alles nach wohlerwogenem Plan geordnet erscheint. Das Ganze erhielt seinen Abschluß durch einen Einband, in welchem die Pracht der Stoffe mit der stilvollen Schönheit der Arbeit wett eiferte. Auch die Hamilton-Sammlung ist reich an solchen herr lichen Einbänden, unter welchen wir mehrere des bekannten fran zösischen Bücherfreundes Grolier hervorheben. Der Stil der Miniaturen aus der Blüthezeit der Renaissance ist ein völlig eigenartig durchgebildetcr, nach den einzelnen Ländern und Schulen verschiedener. Die Italiener lieben Umrahmungen, in welchen die Formen der classischen Architektur, bereichert durch plastische Werke, sich zu einem neuen System verbinden. Außerdem werden in den Einfassungen allerlei Kostbarkeiten, antike Münzen, Gemmen und Cameen, Perlen und Edelsteine, aber auch phantasti sche Gebilde, Vögel, Menschen- und Thiergestalten in größter Treue und in buntem, reichbewegtem Spiel dargestellt. Bisweilen auch kommt in diesen Randverzierungen das vegetative Element zur Geltung, und da sind es vorzüglich die Rankenverschlingungen eines zierlichen Dornblatt-Musters, das mit seinen goldenen und farbigen Blättchen überaus anmuthig wirkt. Im Gegensatz zu dieser Orna mentik steht diejenige der flandrischen Schule. Sie gibt in ihrer mehr naturalistischen Weise breite Umrahmungen, auf deren gol digem Grunde man einzelne Blumen mannigfachster Art, Früchte, namentlich Erdbeeren, Schmetterlinge u. dgl. ausgestreut sieht. Auch diese Arbeiten zeugen vom liebevollsten Studium der Natur, aber es fehlt ihnen an einem höheren Stilgesetz der Anordnung. Die französischen Miniaturen endlich stehen bald, und zwar meisten- theils unter dem Einfluß der flandrischen, bisweilen aber auch, namentlich im 16. Jahrhundert, unter dem der italienischen Schule, zeichnen sich aber durch besondere Pracht und vornehme Eleganz aus. Es ist hier unmöglich, von dem überschwenglichen Reichthum aller der herrlichen Werke dieser Epoche eine Vorstellung zu geben; nur einige Andeutungen mögen gestattet sein. Unter den italienischen Arbeiten sind einige der schönsten für König Alphons von Ara- gonien ausgeführt. So eine Handschrift des Horaz, in deren Bil dern man den Einfluß Mantegna's erkennt. Namentlich das Titel blatt, welches einen vornehmen Prälaten (Mäcenas?) und einen Landmann im Gespräche zeigt, ist von großer Schönheit. Außer dem sind die Initialen prachtvoll ausgeführt. Nicht minder Prächtig ist die „Uistoria cki Oiro", demselben König und seiner Gemahlin Cecilia gewidmet. Hier zeigt das reich behandelte Titelblatt einen Triumphator auf seiner Quadriga. Ebenfalls dem 15. Jahrhundert gehört eine Handschrift von Cäsar's Commentarien, wohl von der Hand eines Venetianers herrührend. Die Einfassungen mit ihren köstlichen Ranken und Putten verrathen wieder den Einfluß des Mantegna. Ganz besonderen Charakter haben die Miniaturen einer Hand schrift des „OoluwsIIa, cks rs rustioa", 1469 von Henrietus de Mn- rialdo geschrieben. Hier greift der Ornamentist, der wohl der vene- tianischen Schule angehört, zu dem nordische» Motiv geflochtener Bänder zurück, aus welchen er Gebilde von originellem Reiz zu ent wickeln weiß. Im Uebrigen ist das Buch mit allerliebsten kleinen landwirthschaftlichen Bildern geschmückt, welche von schlichtem Naturgefühl zeugen. Eine wahre Curiosität ist sodann die Handschrift des den Archäologen wohlbekanuten Cyriakus von Ancona, jenes Gelehrten, welcher auf seinen Reisen in Griechenland Inschriften sammelte und eine allerdings von wenig Treue zeugende Darstellung der Westfayade des Parthenon anfertigte. Das merkwürdige Buch wird unseren Alterthumsforschern einen werthvollen Gegenstand der Untersuchung bieten. Größeres künstlerisches Interesse gewähren einige Hand schriften, die zu den vornehmsten und prachtvollsten ihrer Art zählen. Die eine enthält die Briefe des heiligen Hieronymus, ein Werk vom Ausgang des 15. Jahrhunderts, wahrscheinlich von einem hervor ragenden Meister der Veroneser Schule. Aus dem Titelblatt sieht man in einer stattlichen Renaissancehalle den Heiligen in seinem rothen Cardinalcostüm, umgeben von seinem geistlichen Gefolge. Die Bordüre ist nach der in Italien beliebten Weise mit meisterlich dargestellten Perlen, Cameen u. dgl. geschmückt, die Gesammtwirkung von wunderbarer Farbenpracht. Noch glänzender, wenngleich nicht von so hervorragend künstlerischer Bedeutung ist ein großer für Papst Leo X. um 1520 ausgeführter Folioband, welcher eine „prasparatio ackruwsam" enthält. Das Titelblatt zeigt den thronen den Papst von seinem geistlichen Hofstaat umgeben. In den Ein fassungen wird immer wieder das Brustbild des Papstes variirt, außerdem aber sind es Affen, Vögel und andere Thiere, welche sich in den Randleisten tummeln. Diesem immerhin glanzvollen Werke ist jedoch an Reichthum und künstlerischer Gediegenheit ein für einen anderen Mediceer, den Cardinal Giulio, nachmaligen Papst Clemens VII., ausgeführtes Missale weit überlegen. Eins der größten Prachtwerke, im Jahre 1520 von Ludovicus Vincentinus geschrieben, enthält es nicht weniger als 32 Figurenbilder, 28 voll ständige Bordüren, 38 große figürliche Initialen und 3100 kleinere. In den Einfassungen mischen sich Nachbildungen antiker Münzen und geschnittener Steine mit Menschen- und Thierfiguren und allerlei Phantastischem, und dies alles in einer Formgebung, welche an die lombardische Schule erinnert. Diesen Hauptwerken der italienischen Schulen gegenüber sind die Arbeiten der flandrischen und französischen Miniatoren nicht nünder zahlreich und prächtig. Zu den köstlichsten dieser Werke ge hört eine Handschrift des „komau cka la rose", um 1450 geschrieben, mit zahlreichen aufs feinste ausgeführten Bildern voll Anmuth und Naivetät. Ein vorzügliches Prachtwerk ist ferner eine Handschrift des Boccaccio „von berühmten Unglücklichen" in französischer Ueber- setzung, ein großer Folioband, der aufs reichste mit 84 Miniaturen der burgundischen Schule geschmückt ist. Nicht minder prachtvoll sind die beiden Foliobände einer französischen Uebersetzung von Augustinus' cke oivitata Lei, äs Oisu", 1471 von MaUre Raoul de Praelles begonnen und 1475 vollendet. In den zahl reichen Miniaturen dieser Handschrift erkennt man die ganze Fein heit des Formgefühls und der Farbenstimmung, die Zartheit der Empfindung eines Memmling, aus dessen Schule diese Arbeiten zu stammen scheinen. Besonders glänzend ist sodann ein viockorus 8iou- lus, in französischer Uebersetzung von Antoine Macault, für Franz I. ausgeführt, den man auf dem Titelblatt im Kreise seiner Hofleute in einem ungemein elegant colorirten Bilde thronen sieht. Das Werk prangt noch in seinem ursprünglichen Einbande von besonderer stilvoller Pracht. Außerordentlich zahlreich sind die größeren und kleineren Bre- viarien, Andachtsbücher „1ivrs8 ckRaures", namentlich jene zier lichen , für vornehme Damen ausgeführten coketten Gebetbüchlein, bei welchen mehrmals noch die kostbaren sammetnen, mit Perlen und Goldstickerei bedeckten Beutelchen erhalten sind, in welchen die Besitzerinnen sie mit sich zu führen pflegten. Diese kleinen Pracht stücke zeigen in ihren reizenden Malereien alle Wandlungen der französischen Schule, zuerst ausschließlich den Einfluß der fland rischen Kunst eines Memmling und Gerhard David, dann die Mischung mit italienischen Elementen, welche um 1520 den Vor-
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