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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.04.1862
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- Erscheinungsdatum
- 14.04.1862
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- Deutsch
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N i ch t a m t l i Das geistige Eigenthum. Leipzig. Am Donnerstag den 20. März hielt Hr. Pro fessor Hock im Parterrcsaale der Buchhändler-Börse vor den Mitgliedern des kaufmännischen Vereins und einer Anzahl Gäste einen Vortrag über das geistige Eigcnthum. Wir hätten gewünscht, daß mehr Vertreter des Buchhandels im Saale anwe send gewesen wären, und sind überzeugt, daß sie ihre vollkommene Befriedigung davongetragen haben würden, da der Vortrag, ab gesehen von seinem reichen Inhalt, durch Klarheit, Schärfe und Eleganz auch selbst Demjenigen etwas bieten konnte, der sich schon einigermaßen mit der Sache beschäftigt hat. Wir rechnen es Hrn. Professor Hock nicht gering an, daß er seinem Vortrage von A bis Z eine so anregende und anziehende Form zu geben verstand. Ucber juristische Dinge spricht sich vor einem Publicum von Laien im Allgemeinen schlecht, und das Thema des geistigen Eigenthums ist insbesondere ein wahres Arcanum, um schlaf losen Leuten namentlich in der Abendstunde zwischen neun und zehn Uhr einige Stärkung zu verschaffen, selbst vor einem buch händlerischen Publicum, dem doch dieses Rechtsgebiet am näch sten, näher sogar als den Schriftstellern liegt, muß man sich sei nen Stoff vorher wohl ansehen, bevor man, wenn man keinen sich selbst befriedigenden wissenschaftlichen Zweck dabei verfolgt, vorüber öffentlich spricht oder schreibt. Hc. Professor Höck wußte dagegen sein fast ausschließlich k a u fm ä n n i sch e s Audi torium anderthalb Stunden lang in geweckter und sogar heiterer Stimmung zu erhalten, indem er neben dem wissenschaftlichen Interesse seinem Gegenstände nach allen Seiten Farbe und An schaulichkeit abzugcwinnen verstand, Höck ging aus und schloß nach der Art seiner Zuhörer mit dem Erfinderrechte auf industriellem Gebiete, stellte aber als die zuerst gewonnene positive Grundlage des modernen Rechtsver hältnisses das Autor- und Verlagsrecht in den Vordergrund und wies hieran historisch und kritisch die besonderen Eigenschaften nach, wie sie dem Rechtsobjecte der persönlichen Leistung gegen über dem Eigenthum an Sachen anhaften, — daher denn auch die anders vielleicht bedenklich klingende Bezeichnung seines Vor trags: „Das geistige Eigenthum", von dem er im Verlaufe selbst zugestand, daß seine Existenz nach der vollen Strenge der Be griffsbestimmung in Wahrheit nicht angenommen werden könne. Schon Kramer, ein Mitvertretcr der verschiedenen Eigenthums- rbeorien, erklärte: „Die Natur des Eigcnthums kann nie einen Beweisgrund für das Dasein eines Rechts der Schriftsteller, sondern immer nur ein Bild abgeben, ein solches Recht dar zustellen." Der Redner — der Vortrag war zu drei Viertel freie Rede — hatte für ein ausgiebiges historisches Material gesorgt, um seine Zuhörer zur Erkenntniß zu führen, daß die griechische und römische Welt von einem Urheberrechte kaum eine Ahnung haben konnte, und daß erst der nach Erfindung der Buchdruckeckunst sich entwickelnde literarische Verkehr diejenigen Rcchtscvnflicte hecbei- führtc, welche nöthig waren, um dasselbe mehr und mehr ins eigentliche Bewußtsein treten zu lassen. Bei Erwähnung des römischen literarischen Verkehrs, von dem Höck als Jurist mit Recht keine zu große Meinung hat, sielen uns die merkwürdigen Resultate ein, zu denen A. W. Schmidt in seinem Werke „Ge schichte der Denk- und Glaubensfreiheit im ersten Jahrhundert der Kaiserherrschaft und des Ehristcnthums" darüber gelangt. Wir wissen nicht, ob dem Vortragenden die Schmidt'schen Aus führungen bekannt geworden sind. Schmidt kommt in einer cher Theil. abgerundeten, detailreichen Darstellung zu der überraschenden Be hauptung, daß der römische literarische Verkehr in der schnellen und massenhaften Production und Verbreitung literarischer Er zeugnisse mindestens, wenn nicht mehr geleistet habe, als später mittelst der Buchdruckeckunst geleistet worden sei; die Römer hätten die Buchdruckerkunst wohl deshalb nicht erfunden (thar- sächlich, setzt Referent hinzu, streiften sie hart an der Erfindung vorbei), weil sic bei der Vervollkommnung und Organisation ihrer Schreibcrarbeit, vornehmlich begünstigt durch die Sklaverei, kein Bedürfniß nach einer solchen Erfindung gefühlt. Schmidt ergeht sich theilwcise in kühnen Eombinationen, dagegen mag die historische Kritik in seinen Ausführungen auch wieder viel positi ven Kern finden. Wenn man hiernach nun eine bessere Meinung vom literarischen Verkehr des alten Roms gewinnen muß, als dieselbe gegenwärtig noch immer zur Acußerung gelangt, so tritt die Frage an unsere Romanisten heran: wie erklärt es sich, daß der beziehungsweise bedeutende damalige Verkehr sich im römi schen Recht nicht abspiegelti Denn bisher war die Erklärung doch immer nur die und hierauf lief auch Höck aus: das römische Recht kennt unser modernes Autor- und Verlagsrecht nicht, weil der literarische Verkehr von Rom zu wenig entwickelt war, um zu den hiernach gearteten Eollisionen Anlaß zu geben. In der weiteren Behandlung seiner Ausgabe gab Höck eine klare und charakteristische Gcgeneinanderstellung verwandter römi scher und deutscher Rcchlsbcgriffe, um eine historische Basis für die allgemeineren Beziehungen des Urheberrechts zu gewinnen. Von den Schriftstellern der Neuzeit auf diesem rcchtswissen- schaftlichcn Gebiete hob er die Stimmen von Pütter, Griesinger (Vectheidigec des Nachdrucks), Neustetcl und O. Wächter her vor. Unter den frühere» Auffassungen sprach er sich namentlich für die des Romanisten Ncustetel aus, welcher in seiner 1824 er schienenen Schrift die Meinung darlegtc, daß die Römer, wenn sich in ihrem Verkehre der Anspruch auf ein geistiges Eigcn- tliumsrecht geltend gemacht hätte, dessen Verletzung unter die insurig subsumirt haben würden, deren Umfang in der späteren Auffassung sehr geschmälert worden sei. Neustetel's Darlegung ist für die Begriffscntwickclung von anerkanntem Belang, ob schon cs dem Referenten, der Buchhändler ist, in dieser engeren rechtswissenschaftlichcn Frage scheinen will, als wenn einige Jahre später Kramer die Ncustetel'schen Ausführungen auf ihren eigentlichen Werth zurückgeführc habe, und nach Kramcr's Er örterung ist dieser Werth eben kein großer. Jolly ist ebenfalls dieser Ansicht. In der Darstellung der Entstehung und Fortbildung der positiven Gesetzgebung auf Grundlage der sich durch die polemi schen Streitigkeiten seit Ausgangs des vorigen Jahrhunderts mehr oder weniger abgeklärten wissenschaftlichen Resultate kam der Redner neben den Bemühungen der Schriftstellerwelt, die — so sonderbar es manchem vom absoluten Autorrecht Träumenden auch klingen mag — der Natur der Sache nach von jeher etwas schwach gewesen sind, wiederholt in anerkennender Weise auf die Anstrengungen des deutschen Buchhandels um Förderung der Nachdruckgesetzgebung zu sprechen, welche geschichtliche That- sachc für dessen Bedeutung inmitten der allgemeinen literari schen VcrkehrSverhältnisse allerdings ein sehr greifbares Zcugniß bildet. Interessant und, wir fügen hinzu, von einiger Befriedigung für uns war es, zum Schlüsse den eignen Standpunkt des Red ners in dem sich noch immer bewegenden Kampfe um das oberste, maßgebende Prinzip des Rechtsverhältnisses erörtern zu hören.
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