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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.12.1883
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 27.12.1883
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- Deutsch
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298, 27. December. Nichtamtlicher Theil. 5927 haftmachung derselben eingehen könnten. Man mache sich indeß zuri. Regel: Wo geschichtliche Erzählungen nicht als von aufge klärten und Politisch wie kirchlich freisinnigen Männern verfaßt bekannt sind, gebe man dieselben nie einem Kinde in die Hand. Noch schärferen Tadel, als die lobhudelnden Erzählungen aus der Geschichte, verdienen die endlosen Uebersetzungen fremd- sprachlicherWerke. Auchdiesog. „Bearbeitung" fremdsprachlicher und ausländischer Werke ist nicht zu billigen. Heißt doch nach den heute landläufigen Begriffen ein derartiges Buch „für die Jugend be arbeiten" nichts weiter, als dasselbe übersetzen oder nach einer vor handenen Uebersetzung vornehmen und die anstößigen oder über das Verständniß der in's Auge gefaßten Leser hinausgehenden Stellen desselben auszumerzen, oder auch zu verfeinern und zu verstecken — zu veroberflächlichen. Nur die von einigen wenigen Schriftstellern beliebte freie Reproduction fremdsprachlicher Werke dürfte zulässig sein; aber auch diese nur, soweit sie von rein dichterischen Erzeugnissen ab sieht und sich den erzählend beschreibenden Werken (aus der Länder-, Völker- und Naturkunde) zuwendet. Das Vortheilhafte einer solchen Reproduction liegt besonders in dem Umstande, daß der Schriftsteller seinen Stoff dergestalt zu verarbeiten und sich geistig zu eigen zu machen hat, daß derselbe gewissermaßen als ein Pro duct eigener Phantasie und Erfahrung erscheint und dem aus dem Vollen heraus Niederschreibenden gestattet, dieses wegzulassen und jenes zu mildern oder in seinem Effecte zu erhöhen, ohne dem einheitlichen Charakter des Ganzen etwas zu vergeben, oder die Treue und Frische der Darstellung in irgend welcher Be ziehung zu gefährden. Jndianergeschichten, Schilderungen gefahrvoller Jagden und Reisen rc., wie sie die neuere Zeit hervorgebracht hat, halte ich im Allgemeinen für eine berechtigte und nutz bringende Lectüre. Denn „abgesehen von der in solchen Werken liegenden realistischen Belehrung, wirkt auch das so zu sagen epische Moment solcher modernen Odysseeen befruchtend und belebend auf den Geist des Knaben ein und feuert ihn an, gewisse männ liche Tugenden: Muth, Ansdauer, Festigkeit in Ausführung eines idealen Zieles hochzuhalten." (Widmann.) Zu fordern ist jedoch: die in Betracht kommenden Schilderungen sollen möglichst auf eigener Anschauung beruhen (wie solche den Werken Friedrich Gerstäcker's nachzurühmen ist). Nur dadurch wird die Wiedergabe der realen Wirklichkeit möglich, und allein diese, nicht philosophische Betrachtung und Kritik, hat für die Jugend Werth. Die Phantasie des Autors sei eine geregelte. Sie darf weder in das Gebiet des Unmöglichen, noch auch nur in das des Unwahrscheinlichen sich ver irren. Der Charakter des Gewaltthätigen läßt sich ohne Ge fährdung der Wahrheit bei Reise-, Jagd- und Jndianergeschichten nicht vermeiden. Niemals aber soll ihnen jener Blutgeruch an haften, wie ihn durchweg die französischen Schriftsteller ihren Werken zu geben wissen, und nie darf auch das Gemüth des Lesers durch Handlungen der Rohheit verletzt werden. Botanische, zoologische, mineralogische, geographische, ethnographische und, wo in ältere Zeiten zurückgegriffen wird, mythologische Schilde rungen rc. seien, ohne gerade die zu Grunde liegende Absicht lichkeit auffällig zu verrathen, fleißig eingefügt. Strenge Zu verlässigkeit solcher Schilderungen ist unbedingt zu verlangen. Wünschenswerth wäre auch, daß die Verfasser von Schriften der berührten Art sich nicht nur an Werke über die von ihnen in's Auge gefaßten Völker hielten, sondern auch die Literatur jener Völker selbst studirten und heranzögen; stehen doch, wo sie der betreffenden Sprache nicht mächtig sind, fast immer Uebersetzungen zu Gebote. Die Zahl der für die Jugend bestimmten Blätter und Zeitungen ist eine recht beträchtliche. Und sie alle wollen lediglich das „Beste" unserer kleinen Staatsbürger im Auge haben; sie alle suchen unter der vielversprechenden Parole: „die heiligsten Güter unseres Volkes auf das sorgfältigste hegen und pflegen zu wollen", möglichsten Eingang, — sie alle wollen das Beste für die Jugend, das Beste auch zugleich für das Haus bieten! Man gebe jedoch aus derlei Versprechungen nicht eben allzu viel und sehe dafür lieber auf den Inhalt, der sich dem Prüfenden dann nicht selten als ein recht curioser entpuppen wird. Da gibt es z. B. Gedichtchen und Erzählungen für die zarteste Jugend; Schilderungen aus Natur und Geschichte für reifere Knaben und Mädchen; Jagd- und Reiseabenteuer für Knaben; sentimentale Spaziergangsschilderungen, Kahnfahrten, Waldpartien, Gebirgstouren, Rheinwanderungen mit Ruinen romantik für Mädchen; wissenschaftliche Skizzen für die reifste Jugend; Novellen für Erwachsene. ... Es ist unerfindlich, wem mit diesem Durcheinander gedient sein soll. Es liegt mir zwar fern, die Zeitschriften für die Jugend gänzlich zu verwerfen; sie können ebensowohl einen wohlthätigen Einfluß auf den Leser üben wie Bücher. Aber wir verlangen unbedingt, daß auch eine Zeitschrift ein bestimmtes Alter in's Auge fasse und ausschließlich für dieses sorge. Ein Kind, das eine Jugendschrift liest, will alles lesen, soll alles verstehen. Kurz eingehen möchte ich endlich auf die sog. Mädchen- literatur. — Der Lebensweg des Knaben ist von dem des Mädchens zu verschieden, als daß beide durch ein und dasselbe Mittel zweckentsprechend auf den ihrigen vorbereitet und auf demselben sortgeleitet werden sollten. Jener muß im Kampfe außerhalb des Hauses seinen Wirkungskreis suchen und finden; dieses aber soll dem Lärmen und feindlichen Streiten und Ringen des handelnden Lebens fern bleiben, soll im Reiche der Ruhe und Stille, im Hause schaffen und im friedlichen Glück Friede und Glück verbreitend thätig sein. So verschieden daher Lebens gang und Lebensberuf des Einen von dem des Andern sind, so verschiedene Resultate müssen durch die Lectüre erzielt werden, und so verschiedene Mittel sind anzuwcnden, um jeden ent sprechend in seinen Beruf einzuführen. Die Nothwendigkeit einer speciell für Mädchen berechneten Literatur scheint mir nicht wegzuleugnen. Anders verhält es sich mit der Frage, ob die zur Zeit für Mädchenliteratur aus gegebenen Erzeugnisse ihren Namen verdienen und als zweck entsprechend bezeichnet werden dürfen, und da glauben wir uns weder berechtigt, kurzweg mit Nein, noch allgemein mit Ja zu antworten. Es gibt unter den für die weibliche Jugend be stimmten Schriften viele, welche durchaus abgelehnt werden sollten, manche aber auch, von denen sich ein recht ersprießlicher Erfolg für den weiblichen Leser wohl erwarten läßt. Für Mädchen bis zum Alter von 15 Jahren sollte in der Lectüre kaum eine besondere Richtung hervortreten. Das Mädchen in diesem Alter hat mit dem Knaben das Bedürfniß nach Aus bildung des Geistes und nach Aneignung gediegenen Wissens stoffes gemein, und wenn auch der Knabe auf beides in um fangreicherer Weise bedacht sein und manches treiben und lernen muß, was dem Mädchen entbehrlich ist, so ist es doch gut, auch dem Mädchen einen weiteren Gesichtskreis zu eröffnen und ihm nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die veranlassende Ge legenheit zu bieten, sich ebenso Allseitigkeit des Verstandes wie Klarheit des Gemüthes anzueignen. „Man mag sich mit Recht darüber verwundern, daß, während in die speciell für Knaben bestimmten Bücher in neuerer Zeit so reicher Wissensstoff aus verschiedenen Gebieten hineingezogen wird, dies bei der Mädchen literatur viel weniger geschieht. Und doch hätten es gerade die 825»
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