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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.12.1883
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 17.12.1883
- Sprache
- Deutsch
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5824 Nichtamtlicher Theil. 291, 17. December. je länger je mehr bei ihnen nur noch die zu augenblicklichem Gebrauch nöthigen Bücher oder solche unbedeutenden Umsangs, oder endlich die mit vieler Arbeit und vielen Kosten zu liefernden Zeitschriften kaufen, während jede feste Bestellung von gewinn- vcrsprechenden größeren Artikeln an eine jener Schleuderfirmen gerichtet werde. Aus einen Theil des den Sortimentern vom Verleger bewilligten Rabatts haben jene freilich schon seit längerer Zeit infolge der Concurrenz in fast allen größeren Städten Norddeutschlands und nicht wenigen der südlichen Reichshälfte zu Gunsten des Publicums verzichten müssen. Bis zu derselben Höhe aber wie jene Firmen könnten sie im Rabattiren nicht gehen. Ganz begreiflich ist unter diesen Umständen der fast all gemeine Wunsch der Sortimenter, dem „Unwesen der Schleuderet" gesteuert zu sehen. Unter den verschiedenen in Vorschlag ge brachten Mitteln werden zwei mit besonderem Nachdruck em pfohlen und betrieben. Am liebsten sähen jene nämlich, wenn die Verleger allen den Firmen, welche Bücher ihres Verlages mit höherem als dem ortsüblichen, d. h. jeweilig von den anderen Sortimentern eines Ortes zugestandenen Rabatt verkaufen, überhaupt nicht mehr zu Buchhändlerpreisen ihre Waare lieferten, sie also gar nicht mehr als Buchhändler ansähen und behandelten. Und wirklich hat ein ansehnlicher Theil der Verleger, aber eben nur ein Theil derselben, einerseits in richtiger Erkenntniß der Noth- läge der Sortimenter, andererseits dem Drängen dieser nach gebend, sich vor nunmehr vier Jahren zu einer Erklärung ver einigt, der zufolge sie denjenigen Buchhändlern, welche Bücher aus dem Verlage jener dem Publicum zu niedrigeren als den Ladenpreisen offen anbieten, künftig nicht mehr den üb lichen Rabatt bewilligen wollen. Von einer Wirkung dieser gelegentlich wiederholten Erklärung haben die Sortimenter bis her nichts verspürt. Einmal hegen jene muthigen Verleger eine natürliche Scheu, gegen die gute und prompt zahlende Kundschaft der „Schleudcrer" schroff vorzugehen; sodann aber steht diesen, wenn sie nicht mehr auf ihren eigenen Namen Bücher von irgend einem Verleger erhalten, immer noch der Weg offen, die selben vermittelst eines für sie als Sortimenter etablirten Stroh mannes zu beziehen. Wir haben daher das zweite der aus Sortimenter-Kreisen vorgeschlagenen Mittel zu betrachten. Darnach sollen in Leipzig und Berlin als den Hauplsitzen der Schleuderei die Buchhänd ler von den Verlegern einen wesentlich geringeren Rabatt be willigt erhalten als anderwärts. Man meint ihnen so die Möglichkeit des Schleuderns zu entziehen. Höchst wahrschein lich würde jene Art des Geschäftsbetriebes dann nur nach nahe- gelegenen anderen Städten sich ziehen oder dieselben Firmen würden ihre Waare aus solchen Nachbarstädten zu den alten Preisen sich verschaffen, da die Frachtspesen sicher nicht die Höhe jener Differenz zu erreichen im Stande wären. Auch erscheint es kaum billig, zugleich mit den Ungerechten die Gerechten zu treffen und mit den blühenden Stätten des deutschen Buch handels ein unter Umständen sehr gefährliches Experiment vorzunehmen. Noch radicaler, aber auch noch unwirksamer ist die von manchen, vermuthlich nicht sehr zahlreichen Buchhändlern ver tretene Ansicht, man solle die festen, für den ganzen Buchhandel gültigen und dem Publicum bekannt gegebenen Ladenpreise für Bücher überhaupt ganz aufgeben, diese Waare nicht anders be handeln als anderes Kaufmannsgut, dem einzelnen Sortimenter cs also überlassen, die Preise der Bücher je nach den Umständen festzu setzen. Daß der Vergleich der Bücher mit anderer Kaufmanns- Waare gänzlich schief ist, leuchtet sofort ein. Während dort die! gleich benannte Waare in Bezug auf Quantität und Qualität in der verschiedensten Weise ungleichmäßig ist, sind verschiedene Exemplare desselben Buches in Bezug auf Inhalt, Alter (zu einem bestimmten Zeitpunkt) und äußere Beschaffenheit, von etwaigen zufälligen Schäden abgesehen, einander völlig gleich. Das Publicum, welchem diese Thatsache doch nicht verborgen bleiben kann, würde also bei völligem Fehlen von Ladenpreisen noch aufmerksamer als jetzt die gedruckten Angebote einzelner Buchhändler studiren und noch eifriger als jetzt die billigen Offerten der „Schleudcrer" benutzen. Die erwähnten Mittel dürften sich sonach als unzureichend zur Hebung des Nothstandes erweisen. Nun läßt sich überhaupt die Frage aufwerfen, ob die sogenannte Schleudern ein zu Unrecht bestehender, mit allen Mitteln der Gewalt auszurottendcr Auswuchs am Baume des deutschen Buchhandels sei. In Buch händlerkreisen selbst und zwar von sehr chrenwerthen Vertretern dieses Standes hört man gar nicht selten das Eingeständniß, daß nicht nur unter den Vertretern jener Schleuderfirmeu persönlich durchaus solide, tüchtige und in jeder Beziehung achtbare Geschäftsleute sind, sondern auch die Art ihres Geschäfts betriebes sehr viel Richtiges und Nachahmenswerlhes enthalte, jedenfalls den heutigen wirthschaftlichen Verhältnissen völlig angemessen sei. Sie übertragen ja nur reelle und allgemein anerkannte kaufmännische Maximen auf den Sortimentsbuchhandel: möglichst billigen Einkauf der Waare (durch Barzahlung und Partienkauf, der natürlich nur bei sorgfältiger Auswahl gangbarer Artikel von Erfolg begleitet sein kann), Verwendung eines großen Capitals, raschen und häufigen Umsatz desselben, die Forderung baarer Zahlung auch von Seiten des Publicums, möglichste Be schränkung der Spesen (durch Unterlassen von Ansichtssendungen u. dergl.). Wenn hiermit sowohl dem Publicum gedient ist, indem es wesentlich billiger einkaufen kann, als auch jene Buchhändler selbst ihren Vortheil dabei finden, so sollte, scheint es, die ganze Geschäftspraxis doch nicht so verwerflich sein, das Publicum jedenfalls für sie Partei nehmen und sie nach Kräften unter stützen. In der Praxis thut dies das Publicum auch wirklich bereits, indem es jenem Wege des Bücherbezuges mit steigender Vorliebe sich zuwendet; aber auch was die Stimmung und das allgemeine Urtheil betrifft, scheinen die Sortimenter vielfach als unnöthige Zwischenhändler angesehen zu werde», welche den Käufern nur die Waare vertheuern und den Verleger zu einer mit den wirklichen Aussichten auf Absatz in keinem Verhältniß stehenden Höhe der Auflagen nöthigen. Ausdruck dieser Anschauung ist es wohl, wenn der Reichstagsabgeordnete Eugen Richter bei der Debatte zum Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung, in der Sitzung vom 9. April d. I, als der Abgeordnete Freiherr von Hertling zu dem Paragraphen, welcher vom Colportage- buchhandel handelt, die Ansicht aussprach, daß die Beseitigung desselben im Interesse des Sortimentshandels liege, daß dieser seiner Erfahrung nach mehr und mehr dem Untergang entgegen gehe, wenigstens seine bisherige Gestaltung sich nicht werde halten lassen, die Zwischenbemerkung machte: „Ist auch ein wahrer Segen"*). Man mag von einer solchen vereinzelten pessimistischen Kundgebung denken, was man will: die Thatsache, daß das Auf kommen und Blühen der Modernen Antiquare, wie jene Schleudcrer *) Bergt Verhandln, d. dtsch Reichst. S. Leg. II. Sess. 3. Bd. S. 1777. Hier sind zwar Richler's Worte nicht selbst angeführt, sondern nur durch eine Lücke (Zuruf) angedeutet. Den Wortlaut entnehmen wir aber dem Deutschen Reichs-Anzeiger vom 10. April (Nr. 84) 1. Beil, sowie der in den Stenogr. Berichten enthaltenen Antwort v. Hertling's ! aus jenen Zuruf („Es ist kein Segen, Herr Abgeordneter Richterl").
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