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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.01.1868
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 27.01.1868
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- Deutsch
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eine gewisse Scham obwaltete, Bücher, die noch seucht vom frischen Druck, aus dem Trödclkarren zu ziehen. Das ist aber anders seit jenem bekannten, fast berühmt gewordenen Concurrenzausschreiben des bayerischen Justizministeriums, welches ansänglich vielen Ver legern Aerger, später aber klingenden Gewinn brachte. Besagtes Ministerium brauchte bekanntlich billig und schnell für ca. 35,000 fl. ordin. Bücher zur Verbesserung der inländischen Gerichtsbibliotheken. Es entstand der bekannte Wettlauf und drei der achtbarsten Firmen Münchens, die sich heute noch bekreuzen, wenn von Rabatt die Rede ist, lieferten die großartige Bücherbestellung zum Nettopreise und unter einer Berechnung der Einbände, die einen ehrlichen und flei ßigen Buchbinder an den Bettelstab zu bringen geeignet war. Daß die drei Lieferanten, welche gemeinschaftlich gehandelt hatten, bei den ansehnlichen Baarbezugsbedingungen immerhin noch ein Gerin ges erübrigten, liegt auf der Hand; ebenso gewiß aber ist cs auch, daß die Neidader der übrigen Münchener Sortimenter nicht afficirt wurde, und schreiende Thatsache ist es, daß bei dieser Concurrenz die Sortimenter in den Provinzialstädten den Kürzesten zogen, denn welche lucrativen Absahquellen bleiben ihnen dann noch weiter, als die in den Etablissementscircularen so wunderbar stereotyp gewordenen Gymnasien und höheren Töchterschulen! In München eristirt nur wenig Kollegialität, kein Gremium, keine Vereinigung, keine Harmonie, und wenn auch eine Corporation nicht überhaupt unmöglich, so ist es doch im höchsten Grade befrem dend, daß gerade von denen, welche die Schleuder am heftigsten zu handhaben gewohnt sind, ein gemeinsames Handeln (gemeinschaftliche Porti, Frachten, Inserate re.) anzustreben versucht wird. Die ein zige Vereinbarung, welche in München besteht und von den soliden Firmen auch beobachtet wird, ist die: den Thaler mit 1 fl. 18 kr. statt 1 fl. 45 kr. zu rechnen. Diese Uebereinkunfl besteht heute noch und mag auch ganz löblich sein, aber cs gehört unendlich wenig Logik dazu, um zu begreifen, daß diese Schranke durch oben er wähnte Bücherlieserung an das Justizministerium gewaltsam und rücksichtslos durchbrochen wurde! — Wer behauptet das Gegentheil? — Um also über die Schandthatcn eines unbequemen Trödlers zu Gericht zu sitzen, muß man nothwendiger Weise zuvor des unge heuren Balkens im eigenen Auge gewahr werden, ehe man dem Fasse den Boden ausschlägt, dem Schleudcrer die Rechnung sperrt oder für München speciell geltende erbärmliche Bezugsbedingungen vorschreibt, durch welche die solide» Sortimenter in Mitleidenschaft gezogen werden. So sind die Zustände des Münchener Buchhandels, und wir stehen ohne Zweifel vor einer Krisis; jedenfalls liegen wunderliche Dinge in der nächsten Zukunft. Das neue Gewerbegesetz wird noch eine Reihe neuer Sortimenter auftauchen lassen, die aller dings nur den Eindruck von kraftlosen Eintagsinsecten machen, und ihre jungen Fühlhörner ebenso schnell wieder cinzichen werden, wie sie dieselben hinausgesteckt, aber es wird zuvor ein großes Wett schwimmen beginnen und kein Mittel unversucht bleiben, sich eines kolossalen Haufens schlechter und schmutziger Literatur zu entledigen, ja^ vielleicht ist auch die Zeit nicht mehr fern, wo es, um brillante Reclame zu machen, in den Zeitungsannoncen heißen wird: „Gestern wurden in der Gegend des Promcnadeplatzes schon wieder vier Men schen erdrückt, weil dort Weihnachtsbücher 6 kr. unterm Nettopreis losgeschlagen werden!" — Gegenüber solchen Annoncen dürften die Hamburger Erportbuchhandlungen allerdings unschuldig wie der Embryo im Muttcrlcibe sein und es wird auch wohl nicht soweit kommen. Dagegen will ich hier eines Factums erwähnen, welches in den Annalen des Buchhandels registrirt zu werden verdient. Die Münchener Colportage nämlich, dieses alte Präservativ gegen schlechte Baareinnahmcn, hat ihre guten Tage auch gehabt, seitdem ein hiesiger junger Anfänger sich nicht entblödetc, alte Kuppel- und Rettigweiber und schulschwänzende Kinder auf die Sammclwuth zu Hetzen. llassar, aut uibil" ist ohne Zweifel die Loosung dieses Industriellen. Dieses Verfahren hal ordentliche Colporteure so in Mißcrcdit gebracht, daß kommende Geschlechter sicher keine Basis mehr zum Colpvrtircn finden. Wenn nun alte Firmen sich nur leidlich gut fristen: wie, frage ich, wollen neue Geschäfte cmporkommen? Der Literaturbedars in München ist einer deutschen Residenzstadt ersten Ranges unwürdig. Der Hof hat wenig Literaturbedürfnisse und kauft trotz seiner drei Hoflieferanten überall mehr als in den Hof-Buch- und Kunsthand lungen; der Münchener Adel scheint verarmt, der Beamtenstand schlecht besoldet, der Kaufmannsstand ohne besondere Vorliebe für Literatur, der Bürgerstand sicht lieber ins Bierglas als ins Buch, die öffentlichen Anstalten repartiren ihren Bedarf auf die alten Fir men und die Schulen beziehen vielfach direct vom Verleger. Die Summa dieser meiner Betrachtungen aber ist die: Wer Geld hat, der mache sich das neue Gewerbegesetz zu Nutze, komme nach München, errichte, um einem dringenden Bedürfniß abzuhelsen und gestützt auf enorme literarische Verbindungen, ein Sortiment und lege sich die Hälfte seines Vermögens zurück, damit er noch etwas übrig hat, wenn er nach vier oder fünf Jahren wieder zusammenpacken muß. Junius. Der neueste Bücherkntaloq des Carl Borromäus Vereins enthält 3225 Nummern und liefert abermals den Beweis, mit welcher Rücksichtslosigkeit gegen den Sortimentsbuchhandel Verleger katholischer Literatur sich beeilen, ihre neuesten Verlagsartikel dem Publicum zu herabgesetztem Preise zu offeriren. Oft genug muß der Sortimenter hören: „Das Buch gefällt mir rc., ick werde es aber durch den Borromäus-Verein bezicben, wo es gewiß bald zu haben sein wird." — Daß die Bücherkäufer sich nicht getäuscht haben, zeigt der neueste Katalog; nicht allein die bis Ende 1867 erschienenen Bücher katholischer Tendenz befinden sich darin, — auch solche, die noch gar nicht erschienen sind! Für letztere wird denn Wohl in der nächsten Zeit die höchst lohnende und belohnte Thäligkeit des Buchhandels in Anspruch genommen werden, d. h. der Buchhändler möge sich Mühe geben, das Publicum auf das Er scheinen aufmerksam zu machen, und erhält 25 (vielleicht auch 33HH) hh von dem (von vornherein öffentlich herabgesetzten) Laden- und Sub- scriptionsprcise, während das Publicum das Werk durch den Borro- mäus-Verein mit 33sh A, bezieht! Der Buchhandel erwirbt mit vieler Mühe und Kosten Subscribenten, bringt vielleicht auch noch einige Bände an, aber bald zieht der Subscribent es vor, die Fort setzung durch den Verein zu beziehen. Wenigstens hat Einsender dieser Zeilen mit Lieferungswerken (z. B. Cantu, Weltgeschichte — Manz'sches Conversationslcrikon rc.) diese angenehme Erfahrung schon oft gemacht. Ich müßte zuviel Raum in Anspruch nehmen, wenn ich die Masse der Bücher anführen wollte, bei denen der Buch handel 25 hh erhält, während das Publicum dieselben mit33^Ä> bezieht. Zweck dieser Zeilen ist für heute nur, auf die Handlungs weise der Verleger gegen die Sortimenter aufmerksam zu machen — eine Rücksichtslosigkeit, wie sie wohl in keinem andern kaufmännischen Gesckäft zwischen Verkäufer und Wiederverkäufer vorkommt —, die Angelegenheit im Allgemeinen, namentlich auch bei dem Sortimentcr- verein, anzurcgcn, dann aber zwei Fragen an Verleger und Sorti menter zu richten: 1. Hat das Buch, welches durch den Borromäus - Verein mit Zustimmung des Verlegers dem Publicum öffentlich zu U aus- geboten wird, wirklich noch einen Ladenpreis von ^/z? 2. Ist nicht vielmehr der Verleger verpflichtet, dem Buchhandel von solchen Artikeln, die in dem Kataloge aufgeführt sind, denselben 38'
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