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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.04.1886
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 05.04.1886
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- Deutsch
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finden, dürfte schwer sein, und besonders ist es dieser Engel mit seiner massigen Gewandung, die etwas an ein erst ans dem Rohen herausgearbeitetes Thonmodell erinnert und aus welcher ein recht derbes, nichts weniger als ätherisches oder engelhaftes Bein her vorragt, für den man sich schwerlich begeistern kann. Dabei sieht es aus, als ob dieser Engel nur einen Flügel hätte, den er geschlossen hält trotz seines scheinbaren Schwedens, und es überkommt einen infolge dessen, und da sich auch sein Gewand von unten nach oben bauscht, ganz unwillkürlich die Befürchtung, er könne aus dem Bilde herausfallcn. Dieses beängstigende Gefühl verläßt uns indes sofort, wenn wir die Nummer öffnen; denn hier begegnen wir nur ganz vorzüglichen Illustrationen, deren ebenso vorzüglicher Druck ein hohes Lob bildet für die Leistungsfähigkeit der Hallbcrgerschen Rotations maschinen. Hier sehen wir feine Schnitte wirklich zur Geltung ge bracht und man kann seine volle Freude daran haben, ohne diese stets beeinträchtigt zu sehen durch graue Farbe und schlechte Zu richtung. — Zu der Weihnachtsnummer von »Über Land und Meer« gehören auch zwei Farbendrucke: »Einladung zur Kahn fahrt«, vonA. von Ramberg, und »Klea im Tempel«, von Teschen dorfs (zu Ebers' Roman »Die Schwestern«); beide sind von Angercr L Göschl'schen Zinkätzungen gedruckt und beide sind als chromotypographische Leistungen umsomehr anzuerkennen, als die Druckerei der Deutschen Verlagsanstalt, wie mitgeteilt wird, sich mit denselben zum ersten Male im farbenreichen Bilderdruck ver sucht hat. Die »Einladung zur Kahnfahrt« ist infolge ihrer bunten Farben von etwas unruhigem Charakter, doch sind Luft und Wasser darauf weich und in den Tönen sehr zart verlaufend gehalten; »Klea« aber macht sowohl durch das milde Dunkel des Hinter grundes, von welchem sich die knieende Gestalt überraschend schön und in den Fleischpartieen fast leuchtend abhebt, als auch durch die Sorgfalt in den Details den günstigsten Eindruck. Beide Blätter unterscheiden sich ihrem ganzen Wesen nach von den bunten Bildern der englischen Publikationen; sie tragen diesen gegenüber einen ganz besonderen, man könnte sagen deutschen Charakter; sie erscheinen sorgfältiger und mehr ins Einzelne gehend durchgearbeitet, und dies bewahrt ihnen auch ihre Besonderheit gegenüber ähnlichen fran zösischen Erzeugnissen. Der Deutschen Verlagsanstalt aber darf nachgerühmt werden, daß sie das Gebiet der Weihnachtsnummern mit Geschick zu betreten gewußt hat — abgesehen von dem aller dings nicht sehr glücklichen Umschlagstitel —; ob das finanzielle Resultat auch ein glückliches gewesen, da man die ganze 24 Seiten und Umschlag umfassende Nummer nebst den beiden Farbendruck beilagen für nur 50 auf den Markt gebracht, kann der Außen stehende natürlich nicht beurteilen. Von der Christfestausgabe, welche die »Deutsche Jllustrirte Zeitung« veranstaltet hat, glaubt Referent voraussetzen zu müssen, daß sie viele überrascht haben wird, wie ihn selbst — leider nicht in angenehmer Weise. Bei der Herausgabe dieses Blattes scheint der Grundsatz, nach »berühmten Mustern« zu arbeiten, zu den leitenden Geschäftsprinzipien zu gehören; wie man in der ersten Nummer der Deutschen Illustrierten Zeitung sofort eine Nachahmung von »Uber Land und Meer« erkennen mußte, und zwar eine gelungene und seitdem auch im allgemeinen mit Glück weiter geführte, so erkennt man in deren Weihnachtsnummer sofort eine Nachahmung der des »Oraxbie«, bei deren Kopierung jedoch kein glücklicher Stern regiert hat, oder man hat sich nicht die besseren Nummern des englischen Blattes zum Beispiel ge nommen. Was in England indes den Massen genügt, die ihr buntes Weihnachtsbild haben müssen, möge es auch noch so roh sein, entspricht in Deutschland, wo die Massen sich nur erst in einem Bruchteile emporgeschwungen haben zum Kaufe von Bilder büchern für Kinder, selbst aber noch ohne litterarische Bedürfnisse sind, nicht dem Geschmacke der Klassen, aus denen sich das bücher kaufende Publikum rekrutiert; für sie sind Bilder, wie das Doppel blatt »Am Weihnachtsmorgcn« mit seinen ungewaschenen Riesen kindern aus Brobdignac, eine Geschmacksbeleidigung, und da auch die Schwarzdrucke zum Teil geringe, verputzt gedruckte Zinko graphien sind, so kann man beim besten Willen keine Freude haben an diesem Versuche, die Weihnachtsnummer auch bei uns einzubürgern. Gewahrt man nun vollends, die Nachahmung habe sich nicht bloß auf die Bilder, sondern auch auf den Text, wenigstens in Bezug auf das in England beliebte Schauerliche und Gruseligmachen erstreckt, so darf man wohl dem Blatte wünschen, es möge in Zukunft in seinen Weihnachtsnummern etwas mehr seinem Namen entsprechen und »deutscher« sein. Phrasen wie: »Und nun fiel sein Blick wieder auf den, den er rur für einen alten Wucherer gehalten, und durch den nebelnden Schleier grinste um die weißzähnigen Kiefern desselben tonlos eine satanische Hohnlache« — so zu lesen auf S. 369 — berech tigen unzweifelhaft zu solchem Wunsche, sowie ferner auch der Umstand, daß der gegebene »Puppen-Hochzeitsmarsch« nur eine Reproduktion aus der Weihnachtsnummer des »Figaro« in Paris vom Jahre vorher ist. Zwar bemerkt die Redaktion, derselbe sei mit Genehmigung der Verleger Brandus L Co. in Paris abgedruckt — vom »Figaro« ist keine Rede — aber sind wir Deutschen denn wirklich so musikarm, daß für eine deutsche Weihnachtsnummer eine Anleihe in Paris gemacht werden mußte? — Es könnte fast scheinen, als habe auch ein »nebelnder Schleier« ob deren Herstellung gewaltet. Es ist schon weiter oben gesagt worden, daß es der »Figaro« m Paris war, welcher die Weihnachtsnummer zuerst auf dem Kontinent einbürgerte; er nennt sie zwar ein «upplömsut, xour l'bivor, doch ändert der Name nichts an der Thatsache. Seine erste Nummer war ein großartig angelegtes und ebenso durch geführtes Unternehmen; sie enthielt 32 Seiten im Format von 41:53'/2 Centimeter, darunter sieben ganzseitige Illustrationen, zehn Seiten mit trefflichen Randzeichnungen und Teilbildern, vier Extrabeilagen als Vollbilder in Farbendruck und ein doppel seitiges Bild (53 : 81 Centimeter), ebenfalls in Farbendruck. Dazu der Umschlag, in Farbendruck eine Giacomellische Vogel idylle prächtig wiedergebend — kein Wunder, wenn diese Numwer in allen graphischen Kreisen lebhafte Sensation erregte, und zwar doppelt: einmal wegen ihrer überraschenden Großartigkeit und Schönheit, und sodann, weil die Verleger sie hatten in England drucken lassen, da man sie ihrer Behauptung zufolge in Paris nicht gleich gut habe Herstellen können aus Ermangelung an Er fahrung in ähnlichem Farbendruck! Dieser letztere Grund muß jedem als nicht stichhaltig erscheinen, der die Leistungen der Pariser Druckereien in dieser Beziehung kennt; pflegten sie den selben, und namentlich die Farbenzinkographie, doch allen zuvor; hatte doch schon Henri Plon auf der Ausstellung von 1855 sein hierin ausgeführtes berühmtes Bild der Marquise von Pompa dour zur Schau gebracht, und ließ auch im Maschinen-Annex auf dem 6our8-1s.-Lsios den letzten Ton in seine zehnfarbigen Ausstellungsansichten, die er als typographische Aquarellen be zeichnet^ hineindrucken. Und da hätte man fast 30 Jahre später nicht die Winternummer des Figaro drucken können sollen? Nun, sie war da, und daß sie eine großartige Leistung war, konnte niemand in Abrede stellen. Der Umschlag, in seiner Vorderseite ein Kunstblatt an sich selbst, ist in nur wenigen ge dämpften Farben gehalten und zeigt eine Rotkehlchenfamilie auf winterlich entlaubten und beschneiten Baumzwcigen, — das Ganze prächtig in der Zeichnung und weich im Ton und in den Kon turen, — man kann bedauern, daß es als Umschlagsblatt zu
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