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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.01.1883
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- Erscheinungsdatum
- 15.01.1883
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- Deutsch
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192 Nichtamtlicher Theil. 11, 15. Januar. sich als ehrlicher Mann zu betragen, nur auf guten Verlag zu sehen, das wären die Mittel, auf welche er seine Hoffnung gründet. Wenn er die anderen Buchhändler seiner Gegend betrachte, so habe er die feste Zuversicht, sie übertreffcnd sein Ziel zu erreichen. Wohl in jedem Gebiete menschlicher Thätigkeit gilt der Bibel spruch: „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird Euch solches alles zufallen." Nirgends aber bewährt sich die Wahrheit dieser Lehre glänzender als in dem Ge biete, wo reale und ideale Rücksichten und Anforderungen sich so unauflöslich mischen und scheinbar gegenseitig bekämpfen. Aber gerade im Buchhandel auch zeigt es sich, daß Der sich schließlich ver rechnet, welcher nur die materiellen Verhältnisse im Auge behält, nur für den materiellen Vortheil Herz und Sinn hat. Auch die ge lungenste Speculation, welche alles idealen Impulses entbehrt, wird nur vorübergehenden Gewinn gewähren. Die Summen, welche Cotta opferte, wie Viele glaubten, thörichter Weise opferte, um ideale Unternehmungen, wie Schiller's Horen, Goethe's Pro pyläen und Aehnliches zu ermöglichen, die haben in der Folge ihm und seiner Firma mehr Gewinn gebracht als die glücklichen Speku lationen, die er etwa mit dem Verlage gangbarer Werke, wie Kotze- bne's Dramen oder Clauren's Romane, sofort durchführen konnte. Nichts ist verbreiteter als die kurze Abfertigung; nun, daß Cotta Goethe's und Schiller's Werke als Verlagsartikel gewonnen, das ist Glückssache, das hätte jeder andere Buchhändler auch gethan, dem sich die Gelegenheit geboten. Darauf möchte man denn doch mit einem Goethe'schen Vers antworten: „Wie sich Verdienst und Glück verketten, Das fällt den Thoren niemals ein." Den goldmachenden Stein der Weisen ließ das Glück mehr als Einen finden, doch dann trat meist der Fall ein „Der Weise mangelte dem Stein". Die anderen Buchhändler, welche Schiller's und Goethe's Zeitgenossen waren, hatten doch auch Gelegenheit, diese für ihren Verlag zu gewinnen. Cotta hatte doch kein kaiserliches Privilegium, das Goethe und Schiller zwang, sich ihm anzuvertrauen, wie das spätere Bundesprivilegium das deutsche Publicum zwang, Schiller's und Goethe's Werke aus dem Cotta'schen Verlage in Empfang zu nehmen. Wenn die Bahn Allen in gleicher Weise offen ist und nur Einer erringt den Siegespreis, ist's recht, dann nur sein Glück zu rühmen? Das ist eine sonderbare Auffassung. Die Sache verhält sich in Wirklichkeit doch sehr verschieden. Schiller war, seit er die Räuber geschrieben, ein viel gelesener Autor. An ihn drängten sich genug Buchhändler, um sich durch seine Werke zu bereichern. Durch Gocdeke's Verdienst ist es uns ja möglich, die Bemühungen, welche Cotta machte, um den Verlag von Schiller's Werken zu erlangen, mit den Schritten der übrigen Buchhändler zu vergleichen Welcher Unterschied ergibt sich da! Wo finden wir wie in Gocdeke's Samm lung*) eine Aeußerung wie die Cotta's an Schiller vom 27. Ok tober 1801: „Ich wünschte, Sie bestimmten auch das Honorar für die Sammlung Ihrer theatralischen Schriften. Sie werden dabei immerhin finden, daß Sie es mit einem Manne zu thun haben, der neben der Ueberzeugung, daß bei Schriftstellern wie Sie das Honorar nie ein Aequivalent für die Arbeit sein könne, und daß mithin ein Accord nie die Verbindlichkeiten des Buchhändlers in einem solchen Falle erschöpfe, sobald der Erfolg ihm noch mehr zu thun erlaubt, auch Ihre Freundschaft zu schätzen weiß." Das ist im Munde Johann Friedrich Cotta's keine Phrase gewesen; sein Be nehmen nach dem günstigen Absätze des Wallenstein und bei anderen Gelegenheiten zeigt durch die That die Wahrheit der hier ausge drückten Gesinnung. „Sie, mein Werthester Freund" schreibt Schiller *) Geschäftsbriefe Schiller's. Gesammelt, erläutert und heraus gegeben von Karl Goedeke. Leipzig 1875. an Cotta (22. Mai 1804), „haben mir so viele Proben Ihrer edlen Freundschaft gegeben, daß mich das Andenken daran während die ser ganzen Zeit nicht verlassen hat. Ich konnte es Ihnen in Leipzig nicht so sagen, wie mich Ihre Güte rührte, und wie tief ich den Werth Ihres Handelns gegen mich fühlte. Aber es ist tief in meinem Herzen, und wird nie daraus erlöschen. Gebe mir der Himmel nur Gesundheit und Tüchtigkeit, daß ich noch recht viel leiste und daß mein Fleiß Ihnen, sowie ich wünsche, Früchte trage!" Schiller hatte auch, ehe er mit Cotta in Verbindung trat, zweimal es versucht, die Geschäftsverbindung mit seinem Verleger in einen Freundschaftsbund zu veredeln. Aber das erste Mal mußte er erleben, daß sein Verleger Schwan in Mannheim sich als gemeiner Nachdrucker entpuppte, und Göschen in Leipzig zeigte sich auch nicht als der Mann, der Schiller dauernd Achtung hätte einflößen kön nen. Hat sich doch derselbe Göschen, der sonst als einer der achtbar sten Verleger Deutschlands galt, Goethe gegenüber Unehrlichkeiten zu Schulden kommen lassen, die vollkommen den Vorwurf betrü gerischen Nachdrucks der eigenen Verlagsartikel verdienen. Da ist es nicht glücklicher Zufall, wenn Cotta an Göschen's Stelle der Verleger Schiller's wurde. Johann Friedrich Cotta war von dem Bewußtsein erfüllt, das Verhältniß zwischen Autor und Verleger dürfe nicht nur ein mercantilisches sein, es müsse zu einem mora lischen geadelt werden. Die Durchführung dieses Grundsatzes war selbstverständlich nur möglich in Verbindung mit dem, nur mit her vorragenderen Schriftstellern zusammenzuwirken, nicht nur auf den Absatz, sondern auch auf die innere Güte des Verlagsartikels zu achten. Ein solches Verhältniß war nur möglich, wenn der Buch händler selbst einen hohen Einsatz in die Wage zu werfen hatte durch seine eigene Persönlichkeit. Wie sehr dies Cotta gelungen, zeigt Goethe's zu wiederholten Malen in Bezug auf Cotta gethane Aeußerung, es sei ihm Peinlich, mit einem Menschen, zu dem er in so innigem, moralischem Verhältnisse stehe, auch Geldgeschäfte ver handeln zu müssen. WennGoethe, der im Allgemeinen seine Verleger durchaus nicht so rücksichtsvoll behandelte, wie Schiller dies that, die persönlichen Beziehungen zu Cotta so sehr betonte, so zeigtdies eben von der hohen moralischen Bildung, welche Cotta überall bekundete. Er war nicht der glücklichste, er erprobte sich als der würdigste Bewerber, und deshalb gewann er seiner Firma den klassischen Verlag. „Ich bin überzeugt, daß unser beiderseitiges Verhältniß in der schriftstellerischen Welt das einzige seiner Art sein wird", schreibt Schiller am 1. Juli 1802 an den Verleger seines Wallen stein. In der That schon das Verhältniß zu Goethe ist wiederum ein ganz anderes. Um Cotta mit Schiller zu verbinden, dazu mag auch die Landsmannschaft vielleicht mehr beigetragen haben, als die gedruckt vorliegenden Dokumente bestätigen. Und außer dem, es gab keinen deutschen Buchhändler, der nicht mit Freuden der Verleger des Lieblingsdichters der Nation geworden wäre. Goethe und seine Werke erfreuten sich aber durchaus nicht der gleichen Popularität bei Publicum und Credit. Der Werther war mit Begeisterung ausgenommen worden. Iphigenie und das Faust- Fragment wurden kühl empfangen, ja wohl gar abgelehnt. Her mann und Dorothea wurde ziemlich einstimmig der Voß'schen Luise nachgesetzt und konnte sich an Verbreitung nicht mit ihr messen. Glänzender Absatz, wie bei Schiller's Werken, ließ sich beim Verlage von Goethe's Arbeiten überhaupt nicht erwarten. Zunächst vollends hatte Goethe nur Werke darzubieten, welche der in den leitenden Kreisen herrschenden Geschmacksrichtung wider sprachen, beim gewöhnlichen Publicum gar kein Interesse erweckten. Nur ein Verleger, der des lebendigen Glaubens war, nicht der augenblickliche Geldgewinn, sondern die Unterstützung idealer Be strebungen werde mit der Ehre schließlich auch dauernden Vortheil bringen, nur ein solcher Verleger, wie Johann Friedrich Cotta war, konnte sich mit Goethe's damaligen Unternehmungen be-
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