Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.11.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-11-08
- Erscheinungsdatum
- 08.11.1920
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19201108
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192011088
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19201108
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1920
- Monat1920-11
- Tag1920-11-08
- Monat1920-11
- Jahr1920
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. ein völliges, restloses Einstellen auf buchhändlerische Dinge, aber «ine gewisse Kenntnis von typographischen Dingen gehört mit zum Wissensschatz, zum beruflichen Rüstzeug des Buchhändlers, des Verlegers wie des Sortimenters. Es wäre nun freilich verfehlt (wie dies schon mehrfach ge schah), den Buchhändler mit typographischen Regeln belasten zu wollen; deren Kenntnis ist dem Praktiker, dem Setzer, unent behrlich, dem Theoretiker bedeuten sie entbehrlichen Ballast. Dem Buchhändler aber die Augen für die Schönheiten der Satzgestal tung, für ihre Klippen und Auswüchse zu öffnen, allgemeine Richtlinien aufzustellen oder strittige Fragen von allgemeiner Bedeutung zu klären, das dürfte eine Angelegenheit sein, welche die Aufmerksamkeit des Buchhändlers verdient. Ich will ver suchen, einiges hierüber zu sagen, meine Ausführungen dabei aber von aller rein typographischen Technologie frei zu halten. Der Einfluß des Buchhändlers ist oftmals ein ziemlich weit reichender; er macht ihn geltend schon im Bewußtsein seines Charakters als Auftraggeber. Vielfach fehlt ihm aber die sich aus dem Grade seiner typographischen Kenntnisse abzuleitende Berechtigung dasllr. Doch nicht immer! Wir haben Beweise genug, daß mancher Verleger durch den dauernden Umgang mit Buchdruckern, Künstlern, vereinzelt auch Schriftgießereien sich jenes Verständnis für all die feinen typographischen Reize eines Druckwerkes aneignete, das dem Laien sonst fast immer -abgeht Selbstsichere Naturen mit gutem, reifem Geschmack werden als- dann im Bewußtsein ihrer typographischen Kenntnisse nicht sel ten dem Buchdrucker Richtlinien in einem Maße geben, die diesen zur Anerkennung des sachlichen Wissens seines Auftraggebers zwingt oder Abwehr-Reaktionen auslöst. Nicht selten finden sich jedoch beim Buchhändler mitunter recht schwankende Werturteile in typographischen Dingen, und diese sucht er dann durch enge Fühlungnahme mit dem Drucker seiner Werke, seiner Werbe- oder Geschäftsdrucksachcn auszugleichen. Dies führt mitunter zu einer Abhängigkeit vom Buchdrucker, d. h. der Buchhändler verläßt sich ganz auf den Geschmack des Setzers. In vielen Fällen wird er gut dabei fahren, denn gerade dem Buchdrucker muß nachgesagt werden, daß er mit erfreulichem Eifer alle Neuerscheinungen verfolgt, sich dem Zeitgeist durchaus anpaßt und in vielen Fällen auch wahrhaft gute und edle Werkarbeit, nicht selten mit künsb lerischem Einschlag, zu liefern vermag. Bisweilen unterschätzt jedoch der Buchhändler die Kunst des Setzers, dessen Können vielfach den Ruf und das hohe Leistungsniveau einzelner Druck- Häuser bestimm! und ihn nicht selten zu einer der stärksten Stützen eines Druckereibetriebs macht, und da der Buchhändler selbst unsicher ist, so sucht er sich beim Künstler Rat. Nun »besorgt vielleicht ein Künstler von Ruf die Satzanordnung, beaufsichtigt vielleicht persönlich ständig die Ausstattung des Buches, und ob gleich durch diese künstlerische Mitarbeit schon vielfach höchst reiz volle und seltsam-schöne Buchsciten-Gestaltungen, Prospektblätter u. dgl. entstanden sind, erkennt der Buchdrucker unter Hinweis auf zuweilen etwas krampfhafte Originalität oder offensichtliche Mißgriffe des Künstlers dessen Autorität in typographischen Din gen nicht an. Für den Buchhändler keine angenehme Situation. Und gerade solche Vorkommnisse Wecken in ihm den lebhaften Wunsch nach jenem Grade typographischen Wissens, das ihn von beiden, dem Künstler wie dem Drucker, unabhängig macht. 2. Die Drucksache als Organismus. Es gibt gewisse Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, l ehe der Buchhändler selbst gestaltend auf das Druckwerk «inzu- I wirken vermag. Zunächst darf man ein gewisses Maß an Ge- I schmacksbildung voraussetzen. Der sichere Geschmack bewahrt den iBuchhändler vor der Möglichkeit, ewige, stetige Schönheiten mit iModereizen von oft unberechenbar kurzer Dauer zu verwechseln. lErforderlich ist ferner die Erkenntnis, daß die Drucksache ein Orga- Inismus ist, der nicht nur eine Form, ein Äußeres besitzt, sondern Ider verschiedene Funktionen zu erfüllen hat. An diesem Organis- Imus treten nicht allein Schönheitsmängel, sondern Funltions- Ifehler genau so deutlich zutage, wie wir erster« am verbildeten menschlichen Körper augenfällig bemerken und letztere durch Krank heiten u. dgl. zutage treten sehen. Die Drucksache soll nicht allein gelesen werden, sie soll vielmehr auch ganz bestimmte ! Empfindungen in uns Wecken, mit deren Folgeerscheinungen l (Interesse, Kauflust usw.) gerechnet wird. Der Buchhändler er kenne die Schwierigkeiten, die sich dem Setzer zuhauf' enlgegm- tllrmen. Das Druckwerk soll Einfachheit im Aufbau zei gen; nichts soll spielerisch, gekünstelt, gequält, gesucht, gewaltsam erscheinen. Wiederum soll es zeitgemäß, wenn möglich originell !sein; hier liegen die Klippen in der Übertreibung der Modereize i oder in einer krampfhaften Originalitätssucht. Sein Aussehen j möchte als schön oder harmonisch empfunden werden. Was schön Hst, ist auch natürlich, leider zieht mancher di« Anziehungskraft des Häßlichen oder Abstoßenden jener des Schönen oder An mutigen vor. Sodann gilt es, den CH a r alte r d e s Druck werkes zu wahren, in dem einen Falle ernst, würdig, sachlich, dann wieder fröhlich, heiter, laut oder vordrängend zu wirken. Und aus all diesen Punkten, denen sich weitere hinzugesellen lassen, ergibt sich die Wirkung des Druckwerks in zahl reichen Varianten. Kann es da wundernehmen, wenn vielleicht der eine, der künstlerisch empfindende Setzer, ein Druckwerk zu einem Kunstwerk stempelt, ihm feinste Reiz« einhaucht und deli kateste Wirkungen erzielt, während der andere, der Unsichere, vielleicht nur ein chaotisches Schriftwirrwarr zuwege bringt? Es wäre verhängnisvoll, die Schwierigkeiten des Setzers unter schätzen zu wollen: das Druckwerk ist eben «in sehr seiner Orga nismus, der nicht allein Mängel in seinem Bau deutlich erkennen läßt, sondern auch auf Unregelmäßigkeiten sofort reagiert. 3. Die Prinzipien richtiger Satzgestaltung. Wir kennen sogen. »Zufallskünste-- (ich erinnere an die selt sam reizvollen Marmor- und Batikpapiere) und freuen uns der eigenartigen Farben« oder Formenspiele dieser Zusallsprodukle. Im Buchdruck darf nichts dem Zufall überlassen bleiben, und wenn der Akzidenzsetzer dennoch »rein zufällig- einige Stücke irgendeiner Einfassung auf dem Satzschiff so stellte, daß eine ganz eigenartige Form entstand, so mag in diesem Falle das Ganze vielleicht wie ein Zufall anmuten, das Resultat jedoch, näm lich die reizvoll schöne Form wirkt schön aus ganz bestimmten, klar definierbaren und keinesfalls vom Zufall abhängigen Grün den. Wohl mögen oftmals edelste Druckleistungen auf solche glück liche »Zufallsfunde-- feinster Schriftgruppierungen oder Raum aufteilungen zurückzusllhren sein, aber dennoch: im Typographi schen gibt's keine Zufälligkeiten. Jede Schönheit findet sich in der gleichen oder ähnlichen Form in anderen Druckwerken wieder, und das Grundsätzliche, das Ausschlaggebende, das ihnen ge meinsam ist, das ist das Gesetzmäßige, das Unwandelbare. Es wird solange Geltung besitzen, solange wir den Sinn für das natürliche Wachstum des Menschen und der Pflanzen, solange wir das Gefühl für die Funktionen des Stehens, Schwedens, Tragens, Unterstützens, des Hängens uns bewahren, solange wir etwas als konstruktiv richtig oder„salsch, als sicher oder unsicher, als natürlich oder unnatürlich zu empfinden vermögen. Diese Gesetzmäßigkeiten unterliegen gewissen steigernden oder ab- schwächendcn Einflüssen, die wir gemeinhin als »Sinnestäuschun gen» zu bezeichnen Pflegen; ohne ihre Kenntnis ist echte künst lerische Typographie unmöglich, denn diese Einflüsse heben Schönheiten nicht selten auf, mindestens stempeln sie den Begrisf des Schönen zu einem relativen. Und dieser Umstand ist vielen maßgebend, sodaß sie die Fixierung des Schönheitsbegriffes im Druckwerk für unmöglich erklären und damit jegliches Regelwerk, jedwelchen Regelzwang ablehnen. Ein Fehler von erheblicher Größe. Als ob es nicht möglich wäre, solche Einflüsse wohlbe rechnet mit in den Kauf zu nehmen, ihre ungünstigen Wirkungen von vornherein durch bestimmte Maßnahmen abzuschwächen oder zu neutralisieren. Ich will nur zwei Beispiele bringen. Ein Setzei setzt eine Schriftgruppe wie Fig. I, d. h. die untere Zeile ist genau so breit gesetzt wie die obere, und dennoch wirkt sie, muß sie breiter wirken als die obere, aus physiologischen Grün den (Kontrast). Die Folge: die Schriftgruppe wirkt unschön. 1351
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder