X- 24«, 3. November 1S20. Künftig erscheinende Bücher. körlknd,»» f, X. D»'chn, Buchhaxdil, 12477 In den nächsten Tagen geben wir in Leipzig aus: s Der deutsche Pietismus Eine Auswahl von Zeugnissen, Urkunden und Bekenntnissen aus dem z?., und Jahrhundert Eingeleitet und herausgrgebe» von l)r. lVerner Mabrhol; rg Bogen / Im Steifumschlag S2 Mark / In Halbleinen 40 Mark Die legte große religiöse Volksbewegung, die Europa und Deutschland erlebt haben, war der Pietismus. Den ewigen wert, die künstlerische Bedeutsamkeit und den geschichtlichen Umsang und Ablauf des deutschen Pietismus in das Bewußtsein unserer Zeit zu bringen, die in vielen ähnlich gestimmt ist und sich vor ähnlichen Ausgaben steht wie das Jahrhundert nach dem Dreißigjährigen Kriege, das ist die Aufgabe dieser von Werner Mabrhol; herausgcgcbenen umfassenden Auswahl von Urkunden, Zeugnissen und Be kenntnissen. Über den seelischen wert und die geschichtliche Wichtigkeit dieser Selbstbekenntnisse braucht an dieser Stelle nicht viel gesagt zu werden: wohl aber sei uns der Hinweis auf die künstlerische und sprach liche Leistung in diesen Aufzeichnungen gestartet. Im ganzen Bereich der anerkannten Prosaliteratur, außer bet Grimmelshausen, gibt cs keine so schöne Prosa wie die des Bauern Hemme Hapen, wenn er von seinen seelischen Erschütterungen erzählt, oder wie die Bemerkungen des «Quirinus Kühlmann über sich selbst in der Vorrede zum Kühlpsalter, und auch aus dem Anfang des 18, Jahrhunderts ist kein Koman, keine Dichtung bekannt, die seelische Erschütterungen und geistige Einsichten mit solcher Wucht darstelllen, wie das Bernd, Haller, 8rancke, pelersen, seine Frau in der Erzählung ihrer Melancholien und Erlösungen tun. Auch die Gelehrten Spener und Geringer sind weit anschaulicher als der Durchschnitt der Modc- literarur jener Tage, wie etwa MenanleS, Hofmannswaldau oder Zesau. Lei Hamann, Lavater, Jung- Siilling, Schubart, Goethe spür« man dann natürlich schon unmittelbar das Dasein einer bedeutenden Dichtung und die Tatsache, dag die Schreiber dieser Aufzeichnungen selber Dichter und Schriftsteller sind. Jedenfalls ist es nicht zu viel gesagt, wenn man behauptet, die zünftige Prosadichtung des 17. und frühen ZS. Jahrhunderts habe nichts, was sich an Kraft der Darstellung und Tiefe des Gefühls mir den Auf zeichnungen der pietistischen Frommen messen könne. Im übrigen: wer von deutscher Innerlichkeit einen wahrhaften Begriff bekommen will, der muß diese Autobiographien lesen. Sie sind in einer Zeit entstanden, die der unseren sehr ähnlich ist: gegen den Mechanismus toter Formen suchten die Menschen jener Tage ihre lebendige Seele zu setzen. Eine Nach ahmung in der 8orm ist gewiß unmöglich, denn jede Zeit verlangt ihre eigene Form. Aber in der Richtung stnd diese frühen Frommen vorbildlich, denn ste hatten eine unveraltbare Richtung auf das Ewige hin: auf die lebendige Seele, auf die Gottheit im Menschen. T Verlangzettel liegt bei / Auslieferung nur in Leipzig Furche-Verlag * Berlin