Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.01.1874
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 05.01.1874
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18740105
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187401052
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18740105
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1874
- Monat1874-01
- Tag1874-01-05
- Monat1874-01
- Jahr1874
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Die Moral unserer Zeitungen im Jnseratentheil. Viele Worte sind wohl schon über dieses Thema gewechselt worden, viel hat man darüber geschrieben und verhandelt, ohne eine Besserung hervorzubringen; aber gerade deshalb ist es gewiß gut, dann und wann diesen Pfahl in dem Fleisch unsrer Presse anzufassen und kräftig hernmzudrehen, vielleicht wird cs dem Einen oder Andern doch schließlich zu unbequem oder zu schmerzhaft und er entschließt sich, ihn für sein Theil wenigstens herauszuziehen. „In Geldsachen hört die Gcmüthlichkeit auf"; diesem Satz ist es auch wohl zuzuschreiben, daß sich unsere Presse, mit geringen Ausnahmen, trotz aller Jonrnalistentage, trotz aller begeisterten und geistreichen Excurse über Hohes, Höheres und Höchstes nicht dazu entschließen kann, diesem Skandal ein für allemal ein Ende zu machen. Wegen dieser paar ärmlichen Groschen Mchreinnahme können es die Mehrzahl selbst unsrer anständigsten Zeitungen nicht übcr's Herz bringen, ihren Rücken von diesen Schmutzflecken zu reinigen, während sie für die Verschönerung ihrer Vorderseite keine Kosten sparen. Welch ein schneidender Contrast! In den Spalten der Vorderseiten wird nnt Ernst und Nachdruck für alles Edle, für Recht, Sittlichkeit rc. re. gekämpft, — während in den Spalten der Rückseiten sich die reinste Bordell-Literatur breit macht und so „Ideal und Wirklichkeit" treffend zur Anschauung bringt. Schreiber dieses gehört durchaus nicht zu den Kopfhängern und Jammerthalheulern, aber was zu arg ist, ist zu arg; er meint, alles muß doch seine Grenzen haben. Diese Unsittlichkeit und Scham losigkeit in den Inseraten unserer Zeitungen nimmt nach und nach so überhand, daß ein gewissenhafter Hausvater keine Zeitung in's Familienzimmer gelangen lassen sollte, ohne sie vorher zu revidiren. Und dabei käme er in die Lage, fast kein einziges Blatt freigeben zu dürfen, ganz abgesehen von allem Andern, nur um sich selbst Ver legenheiten zu ersparen. Da liest z.B.die erwachseneTochterAbcnds am Familientisch die Zeitung, erst etwas Politik, wie's dem Kaiser geht, ob der Papst noch lebt, die Gemcindcrathssitzung, dann wird herumgedreht und die Geburts-, Verlobpngs-, Heiraths- und Todes- Anzeigen studirt, dann noch etwas im Allgemeinen die Inserate be trachtet. Da fällt groß in die Augen „Für männliche Schwäche zustände!" „Vater, was ist denn eigentlich das, es kommt jetzt in je der Nummer?" „Kind, laß mich in Ruhe, das verstehst du nicht!" Oder der angehende Gymnasiast fragt: „Vater, hast du einmal das Buch vom-PersönlichenSchutz« gelesen? Dasmnß famos sein, schon so und soviel Auflagen und nnt Bildern, was ist denn der »Persön liche Schutz«?" Oder die junge Frau fragt: „Gibt cs denn wirklich so viel Frauenkrankheiten, wie da angezeigt sind?" Und so müßte der arme Mann schließlich einen ganzen medicinischen Vortrag halten. Das Mädchen beruhigt sich bei der einfachen Berufung an ihr man gelndes Verständniß, der Junge aber gewiß nicht, er fragt und sucht so lange herum, bis er Einen findet, der ihm Aufklärung gibt; dann hat er ein fruchtbares Samenkorn in seiner Phantasie! Außerdem werden aber auch dem Erwachsenen diese Anzeigen eine unerquickliche Lectüre; nicht zu reden von dem Bandwurm, der schmerz- und geräuschlos, mit oder ohne Kopf abgetrieben wird, ist es gerade nicht angenehm, diese Lockungen der Herren Doctoren Har- muth, Meyer, Heilbrunn, Rosenfeld in Berlin mit dem ganzen Speise zettel ihrcrWunder vorAugen zuhaben, während man gerade behag lich beim Kaffee sitzt, oder die Frauenkrankheiten, Entbindungen, Gummiringe, „Nur für Herren" an sich vorüberziehen zu lassen. Dazwischen allerdings als liebliche Blumen, der Damenkranz der Lockeumalchen, Schöne Alma, Auguste rc. des Hrn. Benny Glogau in Hamburg oder die Albrecht'schen Classiker des Hrn. Ernst in Quedlinburg; wahrlich ein würdiger Schmuck der Zeitungen! Von manchen Seiten wird eingewendet, daß die Zeitungen nicht für Kinder und Frauen seien, sondern für Männer; freilich wahr, aber erstens ist es nicht möglich, dieselben dem ganzen Hausstand zu entziehen, und dann ist es doch gewiß nur zu billigen, den Heran wachsenden Knaben auch in die Politik einzuführen, den Mädchen und den Frauen Bildungsmittel, wie z. B. die Beilagen der „Allge meinen Zeitung" nicht zu verschließen. Aber selbst solche hervorragende Organe der Presse wie die „Allgemeine Zeitung" können sich nicht entschließen, diesem Jnse- raten-Unwesen ein Ende zu machen. — Alles des lieben Geldes wegen! Seiner Zeit wurden die Thüringer Zeitungen viel belobt wegen ihrer Vereinbarung, „unsittliche Inserate" nicht aufzunehmen. Dafür legen sie aber jetzt, soviel ich aus den Anzeigen des Hrn. Ger- niann ersehe, dessen „Allgemeinen Anzeiger" bei, in dem die Ber liner Doctoreu mit ihren Jugendsünden und Schwächezuständcn und die Hamburger und Quedlinburger Perlen der Literatur auch reich lich vertreten sind. Möchten doch wenigstens die Verleger der großen Zeitungen, welche es in pecuniärer Hinsicht gut könnten, einmal consequent mit gutem Beispiel vorangehen! Der Einsender behält sich vor, als weiteren Beitrag eine Zu sammenstellung derjenigen Zeitungsverleger zu bringen, welche ihre Blätter allen Inseraten offen halten, nnd dabei eine Parallele zu ziehen mit der Thätigkeit derselben Herren als „Träger der Wissen schaft". x. Das Mcßagio. X.*) In der Meßagio-Frage sind ferner beigetreten: 1) der Berliner Erklärung vom 1. Decembcr v. I. (Börsen- bl. Nr. 285): Braun L Schneider in München. I. G. Findel in Leipzig. R. Oldenbourg in München. 2) der Leipziger Erklärung vom 1. November v. I. (Bör sen«. Nr. 277): H. Costenoble in Jena. MiSccllen. Zu dem in Nr. 297 d. Bl. mitgctheilten Erkenntniß des Königl. Handelsgerichts zu Leipzig in Sachen der Gebrüder Borntraeger in Berlin gegen B. G. Teubncr und Professor Diudorf, einen angeb lichen Nachdruck des Ellendt'schen I-sxioon Lopdoolönin be treffend, sei hier nachträglich bemerkt, daß dieses Erkenntniß ein rechtskräftiges nicht ist, indem dagegen das Rechtsmittel der Beru fung ergriffen wurde. Es wird abzuwarten sein, wie die höheren Instanzen urtheilen. Remittenden-Facturen zur Ostcrmesse 1874. — So eben traf die erste Remittenden-Factur zur Ostermeffe 1874, und zwar von Hrn. Fr. Schultheß in Zürich ein. Das war vernünftig und praktisch. Die Messe fällt früh und Arbeit gibt's viel. Möchten alle anderen Herren Verleger, namentlich die großen und größeren, dem Beispiele des Hrn. Sch. baldigst folgen! Es thut diesmal noth. n. Pcrsonalnachrichtcn. Herrn Consul Friedr. Wilh. Einhorn in Leipzig ist von dem König von Bayern das Ritterkreuz I. Classs des Verdienst ordens vom heil. Michael verliehen worden. *) IX. S. 1873, Nr. 295.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder