1852.) 823 alle nach dem Gesetze vom einer Stempelsteuer unterliegenden Zeitungen und Anzeige^lätter vorgeschlagen wurde, indem es im Allgemeinen zweckmäßig erscheine, „dieselben Blätter dem Postzwang wie der Stempelsteuer zu unterwerfen". Diese Fassung wurde in beiden Kammern angenommen. Gleichwohl scheint derselben ein offenbares Mißverständnis; zum Grunde zu liegen. Die Commisston der zweiten Kammer beabsichtigte, die nach ihrer Meinung allzu vage Bezeichnung: „Zeitungen" im Interesse der Literatur und des Buchhandels durch die Worte: „politische Zeitungen und Anzeigcblätter" einzu schränken, hat aber statt dessen durch die Verweisung auf das Gesetz über die Zeitungösteuer, den Begriff der Zeitungen auf alle eautionspslichtigcn Blätter ausgedehnt. Es darf hierbei nicht unerwähnt bleiben, daß der Herr HandclSminister in der dreiundsechzigsten Sitzung der zweiten Kammer (Stenographischer Bericht, Seite 1235) sich für die vorläufige, den buchhändlcrischcn Interessen günstige Fassung der Commission: „po lit i sche Zeitungen und Anzeigcblätter" erklärt hatte. Zwar ist in der angeführten Stelle des Postgesetzcs der Ausdruck: „Zeitungen" gebraucht, und der erleuchteten Verwaltung des preußischen Postwesens wird es somit anheimgcstcllt bleiben, den Postzwang auf Zeitungeil im engeren Sinn einzuschränken. Aber die gleichzeitige Verweisung auf das Gesetz wegen der Zcitungssteuer legt doch die Befürch tung nahe, daß alle nach tz.1. des in Rede stehenden Gesetzes stcmpclpflichtigeu Zeitungen, Zeitschriften und Anzcigeblät- ter zugleich als postpflichtig zu erachten seien. Wenn man nun den genannten H. 1. des Gesetzes über die Zeitungösteuer mit den darin in Bezug genommenen §tz. 11. 14. und 17. des Gesetzes vom 12. Mai 1851 über die Presse vergleicht, so ergiebt sich daraus: 1) Cautionspflichtig sind: alle Zeitungen und Zeitschriften, die in monatlichen oder kürzeren, wenn auch unregelmäßigen Fristen erscheinen, mit Ausnahme a) von Anzeigeblättern, b) amtlichen, von den Kammern oder König!. Behörden herausgegebenen Druckschriften, c) solchen periodischen Druckschriften, die unter Ausschluß aller politischen und socialen Fra gen, für rein wissenschaftliche, technische oder gewcwerblichc Gegenstände bestimmt sind. 2) Stempelpflichtig sind die unter 1. ausgcführten Blätter, mit Ausnahme der Monatsschriften. Es treten jedoch hinzu: a) Anzeigeblätter aller Art, welche Anzeigen gegen Jnsertionsgebühren aufnehmen, es mögen diese Blätter in Verbindung mit andern steuerpflichtigen Blättern erscheinen oder ausschließlich zur Aufnahme von Anzeigen bestimmt sein. b) die auswärtigen in derselben Kategorie wie die inländischen der Stemstcucr unterliegenden Blätter. Für den Fall, daß die Auslegung Platz greifen sollte, nach welcher alle stempclpflichtigen Blätter zu gleicher Zeit postpflichtig sind, würde hiernach 3) Postpflichtig sein: die gesammte periodische Literatur mit Ausnahme a) der monatlich und in längeren Fristen erscheinenden Blätter, b) der rein wissenschaftlichen, technischen und gewerblichen Blätter, sofern dieselben alle politischen und socialen Fragen ausschließen. Doch auch diese Ausnahmen fallen sofort hinweg, sobald mit den unter a und b genannten Blättern Anzeigeblätter verbunden oder auch nur bezahlte Inserate in dieselben ausgenommen werden. Der Regel nach wird daher der bei weitem überwiegende Theil der periodischen Literatur, evenk., nämlich im Falle der Ausnahme bezahlter Anzeigen, die gesammte periodische Presse, von der Vierteljahresschrift bis zum Tageblatt, dem Postzwang unterliegen. Die Zwangsversendung der politischen Zeitungen durch die Post berührt den Buchhandel in keiner Weise. Das der Post durch dieselbe zuerkannte Recht ist aber nur „formell neu", indem die Thatsache feststeht, daß Zeitungen, die zu einer bestimmten Frist in den Händen des Bestellers sein müssen, kaum auf anderm als auf diesem Wege versendet wer den können. In Betreff der für den Vertrieb der anderweitigen periodischen Presse benutzten Verkehrsmittel findet eine Concur- 119*