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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.12.1873
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 15.12.1873
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- Deutsch
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4698 Nichtamtlicher Theil. 289, 15. December. Nichtamtlicher Theil Die Kalender- und Zcitungsstcucr. vor dem preußischen Landtage. In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 10. Decem ber wurde ohne Discussion und so gut wie einstimmig (da im Mo ment der Abstimmung der Ministertisch noch unbesetzt ist) der vom Abg. Bernards eingebrachte Gesetzentwurf: „Die von Kalendern, Zeitungen, Zeitschriften und Anzcigeblättern bisher entrichtete Stem pelsteuer wird vom 1. Januar 1874 an nicht ferner erhoben", in drit ter Berathung genehmigt. Eine fremdländische Stimme über die deutsche Frage der Kalenderstcuer. Es ist hohe Zeit, daß die unpopuläre, den deutschen Buch handel zum Schaden der Culturentwicklung unseres Volkes be lastende Kalendersteuer endlich abgeschafft werde. Denn schon wer den wir der Spott des Auslandes! Muß uns nicht das Blut ins Angesicht steigen, nicht vor Zorn, sondern vor Scham, wenn gerade aus dem Nachbarstaate, welcher durch den letzten Krieg mit Deutschland die schwersten Einbußen an Land und Geld erlitten, und dessen Finanzmänner dennoch sich ohne den Nothbehelf einer solchen Steuer aus ihren Verlegenheiten zu ziehen wissen, wenn aus Frankreich — sage ich — Stimmen über die deutsche Kalenderstcuerfragc zu uns herüber dringen, Stimmen, welche mit berechtigtem Selbstgefühl betonen, wie viel mehr Libe ralismus Frankreichs Regierungen gegenüber dieser Seite der Volksliteratnr von jeher an den Tag gelegt haben, als die deutschen Ministerien, insonderheit das königl. preußische!? Ein sehr maß- und taetvoll redigirtes Blatt, das einen ausgezeichneten Leserkreis hat, der Pariser „lomps", hat unlängst einen von sachkundiger Feder geschriebenen Leitartikel über die fran zösische Kalender- und Almanach-Literatur veröffentlicht, der mit den für uns jetzt gerade besonders bedeutungsvollen Worten schließt: „Wir haben es also — lautet die Stelle — hier mit einem sehr blühenden und die Theilnahmc der Nation wahrhaft verdienenden Zweige der buchhändlerischen Betriebsamkeit zu thun. DieKalcnder- literatur (in Frankreich) zeugt zwar nicht von einem gewählten Ge- schmacke, jedoch ist sie eine gesunde und dem starken, derben Appetit des Landvolkes zusagende Nahrung. „Man muß daher die Regierungen, welche in Frankreich einan der gefolgt sind, wahrhaft beglückwünschen darüber, daß sie diesem un- fchuldigenHandelszweigc niemalsFcsseln angelegt haben. DieDeut- schen sind hierbei weniger scrupulös zu Werke gegangen. Dies Jahr noch hat das preußischcAbgeordnetenhaus im Wege parlamen tarischer Initiative für die Abschaffung des Kalender- und Zeitschrif tenstempels gestimmt, das Herrenhaus aber den Gesetzvorschlag unter dem Vorwände verworfen, daß das Budget diese Auflage nicht ent behren könne! „Wir sind liberaler, als die Deutschen, wenigstens was diesen Punkt betrifft, und Kalender, wie der Gute Lütticher«, »Mathieu von der Drüme« u. s. w. haben bis zu diesem Augenblick ohne lästige Vormundschaft und ohne Gängelband erscheinen und ihren Weg machen können." Was das Pariser Blatt über die französische Kalenderliteratur außerdem anführt, ist sehr interessant und möge daher im Auszuge nachstehend folgen. *) I. S. Nr. 283. Die größte Verbreitung haben Plon's „L.lms.uaob cks Nutliisu (ciö la. vrüms), der für 1 Frank, aber auch für 30 Centimes verkauft wird und in einer Auflage von 300,000 Exemplaren erscheint, eine wahre Goldgrube für das Haus Plon, ünd „I-e Bon läöZsois" aus Pagnerre's Verlag. Letzterer Kalender wird in 100,000 Exem plaren gedruckt. Beide Kalender verdanken ihren Ruf und ihre Absatzfähigkeit einer ganz eigenthümlichen auf den Geschmack der Landleute berech neten simpeln Ausstattung und Einrichtung. Sie sind so hausbacken und schlicht, als möglich; es kommt bei ihnen durchaus nicht auf ein gefälliges Aeußere, auf einen interessanten Inhalt an. Im Gegentheil, ihre Herstellung ist geflissentlich geschmacklos, das Papier abscheulich, aber dauerhaft, die Holzschnitte undeutlich. Statt anziehender Geschichten und Gedichte enthalten diese Almanache Haus- und Wirthschaftsrecepte, Geburtshoroskope u. dergleichen alte „Kalenderpractica". Die reichen Bauern kamen früher selber mit ihren vierspän nigen Wagen in die Stadt, fuhren bei Pagnerre vor und holten sich „ihren" Kalender in der cartonnirten Ausgabe für 50 Centimes, während die gewöhnlichen Exemplare 10 bis 15 Centimes kosteten. Der Verkauf dauert von Ende October bis Mitte December; dann wiederholt er sich bei der ucuntägigen Andacht zu Ehren der h. Genoveva. Der Rest der Auflage („ls bouillon") wird daun an dicColpor- teure losgeschlagen, was man „ulmtaZo" nennt. Diese Hausirer handeln zugleich mit Rosenkränzen und kleinen Gebetbüchern, die sie mit jenen Almanachen an die Pilger verkaufen. Der „^.lumns-ob eoiuigus" hat eine Auflage von 55,000, der äu Olmrivari" (jetzt im 15. Jahrgange erschienen) eine solche Von 18—25,000, „I/skropliotigus" 18,000, „1/6 kstit Hutio- ns.1", „1/6 xs.rka.it ViANsron", „1/s 1/uns.tigue" und ,, lk.-lsti'ono- migus" haben zusammen 300,000 Auflage. Elegante, geistreiche Kalender gehen nicht. Die von Grövin illustrirten „Uarisioniws" erscheinen nur in 8 bis 15,000Exempla ren ; was von der Auflage übrig bleibt, geht — nach dem sitten strengen England. Pagnerre's „^lmunaelL äs küxudligus" hat 15,000 Auflage. Siebzehn Jahre lang hatte Jules Janin einen Almanach für Literatur und schöne Künste herausgegeben, den Verleger aber im mer „eine Bouillon von 34,OO0 Franken trinken lassen" (Buchhänd lerausdruck für „Hineinfallcn"). „Es ist eine unabänderliche Regel, daß jeder literarische Alma nach elendiglich fehlschlägt." Fast jeder größere Verleger hat seinen Kalender. So verbindet sich je ein Almanach mit den Unternehmungen des „NuAusiu xitto- rssgus", der „Illustration" (31. Jahrg.), der „Oliasss illustres" (Didot), des „Volsnr" (15. Jahrg.), des „.Vlusös äes tannllss" , 42. Jahrg.). Außerdem gibt es eine Anzahl Kalender, die man „immer währende" in einem andern Sinne, als dem gewöhnlichen nennen könnte. Es sind der „Kalender der Träume", der „Kalender des neuen" und „des alten Liedes". Bei diesen bleibt der Satz des Textes alle Jahre stehen, nur das Kalendarium verändert sich bei jeder neuen Auflage. In der Provinz erscheinen zahllose „IllvAsoir-"; fast jede Stadt hat ihren Kalender, Straßburg seinen „Hinkenden Boten", Rouen die Almanache der Firma Mögard L Co., Trotzes seinen „Lbuiupo- nois", Evreux seinen Almanach von 30,000 Auflage, Dijon versorgt ganz Burgund u. s. w.
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