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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.06.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-06-19
- Erscheinungsdatum
- 19.06.1920
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Börsenblatt s. d. Drschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 133, 19. Juni 1920. Massenherstellung, dt« man z. T. noch vor einem Jahre um zehn mal billiger taufen konnte, auf der heurigen Preislage halten werden, obwohl die Möglichkeit einer überschwemmenden Aus landskonkurrenz ganz besonders auch hier nicht von der Hand zu weisen ist. Schwer kämpft der Mittelstand der Fe st be soldeten. Die notwendigen täglichen Ausgaben wachsen. Sonntagsausslüge kosten einen Betrag, von dem man »früher« einen halben Monat lang gut leben konnte. Der Berliner aber liebt die Natur. Wird sic ihm so unterbunden, so wird er miß mutig. Die Erhöhung des »Groschen-Fahrgeldes-- für die Stra- bcnvahn aus siebzig Pfennige spielt bei den großen Entfernungen von der Wohnung zum Bureau eine erheblich« Rolle. Natur gemäß auch im Geschäftsverkehr, wo dabei die Portoerhöhung ihr übriges tut. Man wird heutzutage nicht mehr zum Waren hause fahren, um einen »billigen« Artikel zu erstehen, für den mau früher gern zehn Pfennig Fahrgeld ausgeschlagen hätte. So läßt sich erwarten, daß auch der Warenhausbuchhandel, der in den letzten Jahren die Form einer festeren Geschäftsverbin dung mit bestimmten Kunden angenommen hatte, für Berlin wieder mehr auf »Durchgangskäufe« zurückgedämmt wird. Ob der Buchhandel aber dadurch Vorteile gewinnt, bleibe dahinge stellt. Denken ließe es sich wohl, daß bestimmte Wohnviertel künftig ihren Bedarf in der nächsten Buchhandlung decken wer den, weil ihre Anwohner das hohe Fahrgeld scheuen. Jeden falls sei die Anlage neuer Kundenregister warm empfohlen. In den Berliner Druckereien geht es jetzt um Biegen oder Brechen. Die Lohnforderungen des Druckereipersonals, die riesige, sprunghafte Steigerung der Kosten für Papier, technische Ma terialien, Farben usw. und die damit eng verknüpfte Unmöglich keit einer festen Kalkulation haben neben vielen kleineren auch die großen Druckereien Jmberg L Lefson G. m. b. H., Strauß, A.-G., Wilhelm Greve zum Schließen ihrer Räume und ihres Geschäfts veranlaßt. Eine der letzten großen Druckereien, die ihren Geschäftsbetrieb aufgehoben und ihren sämtlichen Ange stellten gekündigt hat, ist die Hosbuchdruckerei Hermann Berg mann in der Frjedrichstraße, die erst vor wenigen Jahren ihre großen, neugcbauten Geschäftsräume bezogen hatte. Mit schwe rem Herzen erlebt man so den Abbau unserer hochentwickelten Buchkultur. Eine Zeitungsmeldung besagte, daß der Verlag August Scherl beschlossen habe, mit dem 1. Mai seine Adrcßbuchabteilung aufzulösen. Scherl ist bekanntlich der Verleger des großen Ber liner Adreßbuchs, das er — ständig verbessernd und ausbauend — zum mustergültigsten deutschen Adreßbuch gemacht hat. Die freigcwerkschaftlichen Organisationen der Angestellten, der Ange stelltenverband des Buchhandels, Buch- und Zeitungsgewerbes und der Zentralverband der Angestellten hätten nun an Magi strat und Stadtverordnete Berlins die dringende Aufforderung gerichtet, die sofortige Überführung des Berliner Adreßbuchs in kommunale Verwaltung unter Übernahme des geschulten Personals herbeizusühren. — Auf eine Anfrage teilt mir die Firma August Scherl G. m. b. H. mit, daß ihr »von der beabsichtigten Kommunalisierung des Adreß buchs für Berlin und seine Vororte nichts bekannt ist«. Zu erheblichen Lohndifferenzen war es im Berliner Bahn hofsbuchhandel gekommen. Die Angestellten des Berliner Bahn- Hofsbuchhandels und der Zeitungskioske erregten durch geschlos sene Umzüge, bei denen Plakate mit der Aufschrift »Berliner Bahnhofs- und Zeitungs-Kioske fordern menschenwürdige Löhne!« umhergetragen wurden, die Aufmerksamkeit des Publi kums. Den Anlaß zu dem seltsamen Demonstrationszuge gab fol gender Sachverhalt: Anläßlich der Tarifverhandlungcn im Ber liner Buchhandel traten auch die Angestellten des Bahnhofsbuch, handels an die Firma Stille mit dem Wunsche um Verbesserung ihres Einkommens heran. Stille machte den Verkäufern einen Vorschlag, der sich genau dem durch Schiedsspruch des Schlich tungs-Ausschusses am 8. Mai 1920 für den Berliner Buchhandel «26 zustande gekommenen Tarifvertrag anschloß. Die Verkäufer er- klärten sich jedoch hiermit nicht einverstanden, sondern beschlossen in einer Versammlung vom 11. Mai 1920 Anrufung des Schlich, tungsausschusses. In der gleichen Versammlung wurde beschlossen, daß an die Firma Stille das Verlangen gerichtet werden solle, sich dem Spruch des Schlichtungs-Ausschusses im voraus widerspruchslos zu unterwerfen. (I> Dies lehnte die Firma ab: sie war einmal dazu formell nicht be fugt, da die Abmachungen mit den Verkäufern einen Teil des Allgemeinen Tarifvertrags bilden und von den beiderseitigen Or ganisationen abzuschließen sind, und andererseits hielt sie das Verlangen für unbillig, da einer Finna nichi zugemutet werden kann, daß sie auf ein ihr gesetzlich zustehendes Rechtsmittel ver zichte. Am 14. Mai teilte die Firma Siitke dies den Vertretern des Betriebsrates, die bei ihr vorsprachen, etwa um die Mittags zeit mit. Ohne daß der Betriebsrat eine weitere Erklärung ab gegeben hätte, fand man sämtliche Verlaussstände der Firma Stille um s/2-1 Uhr geschlossen vor. Das Schließen der Stände war durch vorbereitete vervielfältigte Rundschreiven au die Ver käufer veranlaßt worden. Die Firma machte dem Angestellten- Verband sofort von diesem tarifwidrigen Verhallen Mitteilung, doch war am 14. Mai eine Verhandlung nicht mehr möglich. Am 15. Mai vormittags 8 Uhr bewegte sich der oben gekenn zeichnete Demonstrationszug der Streikenden von dem Stilkejchen Geschäftshause zu der Privatwohnung des Herrn Kommerzienrats Slitke nach Charlottenburg. Im Lause des Vormittags des 15. Mai legten sich nun die V e r t re t e r d e s A n g este l i ten - Verbandes ins Mittel. Sie mißbilligten das Vor gehen der Angestellten, insbesondere des Betriebsrats, und reg ten an, daß die Firma beim Schlichtungs-Ausschuß die Enthe bung der schuldigen Betriebsrats-Mitglieder von ihrem Amts beantragen sollte. Durch die Bemühungen der Organisations vertreter kam schließlich eine Einigung zustande, aus Grund deren die Betriebsrats-Mitglieder sich verpflichteten, schriftlich ihr Be dauern über die Form ihres Vorgehens auszusprechen, und in der sich die Firma Stille bereit erklärte, sich dem Schiedsspruch des Schlichtungs-Ausschusses, falls er mit Zweidrittelmehrheit ge fällt würde, zu unterwerfen. Der Proteststreik wurde daraus nach 24stündiger Dauer abgebrochen. Aus diesem Vorgänge, der also seinen Ursprung darin hatte, daß eine Unlernehmerfirma ihren Angestellten die Erklärung ver weigerte, sich einem Schiedssprüche des Schlichtungs-Ausschusses bedingungslos (!) zu unterwerfen (nicht etwa die Weigerung, den Schiedsspruch überhaupt anzuerkennen!>, forderte der Ange stelltenverband des Buch- und Zeitungsgewerbes — die Not wendigkeit einer Sozialisierung des Bahnhofsbuchhandels durch eine »Eisenbahnbuchhandlungsgemeinschaft«, in die die Leitungen der Direktionsbuchhandlungen, der Betriebsräte der Angestellten und die Eisenbahnverwaltung zu je einem Drittel ihre Ver tretung als oberste Leitung zu entsenden hätten. Dadurch sollen einerseits den Angestellten »menschenwürdige- Bezahlungen ge sichert, andererseits die erzielten Gewinne restlos der Gesamt heit zugeführt werden. Dies klingt — abgesehen von dem äußeren Anstoß — ganz schön. Aber hier scheint Sachkenntnis dem Angestelltenverband doch gefehlt zu haben. Er müßte wis sen, daß der Bahnhofsbuchhandel gar nicht in den Händen Pri vater Unternehmer liegt, sondern die Eisenbahn selbst der Un ternehmer ist! »Der Bahnhofsbuchhandel» bemerkt hierzu: »Daß die Eisenbahn die Bewirtschaftung der Unternehmungen in den Händen der Fachleute beläßt, widerspricht durchaus nicht dem Gedanken der Sozialisierung, vielmehr geht sie damit einer Ge fahr der Sozialisierung aus dem Wege, dem Anwachsen des Be amtentums zur mechanischen und bureaukratischen Leitung und Verwaltung sozialisierter Betriebe!«. Ende Mai hielten die Angestellten im Buchhandel, Buch- und Zeitungsgcwerbe einen Verbandstag ab, der ein« Reihe organisatorischer und programmatischer Maßnahmen in freigewerkschaftlichem Sinne beschloß. Es wurde u. a. die Er richtung von Geschäftsstellen des Verbandes in den Hauptorten des Buchhandels, des Zeitungs- und des graphischen Gewerbes beschlossen. Eine besondere Kampfkassc wurde eingerichtet. Der
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