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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.09.1873
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 22.09.1873
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- Deutsch
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219, 22. September. Nichtamtlicher Theil. 3463 Nichtamtlicher Theil. Plaudereien eines alten Sortimenters. Daß wir über kurz zu einer andern Geldwährung übergehen sollen, daß wir unsere altehrwürdigen Thaler und auch die uns lieb gewordenen Groschen verlieren, ist bekannt. Eine besondere Freude ist das uns, offen gestanden, nicht; denn, so glauben wir wenigstens, ebenso, wie wir bei der vor nicht sehr langer Zeit erst stattgesundenen Umwandlung der alten Maße und Gewichte uns nicht verbessert haben, sondern schlimm dabei weggekommcn sind, indem man z. B. jetzt für 1 Liter, welches ein Achtel weniger enthält als das Quart, dasselbe bezahlen muß, was man für unser früheres Quart bezahlte, — ebenso wenig werden wir uns wahrscheinlich auch verbessern, wenn wir statt eines Groschen 10 Pfennige sagen müssen und statt 10 Sgr. eine Mark! Denn wir vcrmuthen, um nur ein Beispiel anzuführen, daß, wenn der uns liebgewordene Dreier verschwinden wird, die Herren Bäcker uns nur noch 5 Pfennige kostende Semmeln verabreichen werden, bei deren Verzehrung wir aber gerade wohl nur ebensoviel genießen werden, als wir heute noch bei Verzehrung einer Dreier-Semmel genießen. Kurz, meine Herren Kollegen, machen Sic sich darauf gefaßt, bald wieder neue schwere Wetterwol ken auf den schönen Stirnen Ihrer lieben Ehehälften erscheinen zu sehen. Da wird dann, wenn wir nun auch die Wirkungen des neuen Münzstfftcms verspüren werden, dem armen, so geplagten Buchhänd ler — ich meine hauptsächlich den Sortimenter — wieder nichts Anderes übrig bleiben, als seinem thcurcn zweiten Ich wieder neue Zulagen zum Wirthschaftsgelde zu machen, und bekümmert wird er sich fragen, ob das Geschäft auch die neuen Ausgaben alle er schwingen kann! Ja, ja, der gute liebe Buchhandel ist ein schlechtes, ein ganz miserables Geschäft geworden! Bezahlen mit oder ohne Murren muß der arme Buchhändler alle die thcurcn Preise der hochgesteiger ten Laden- undWohnungsmiethe;bezahlen mußseine liebe Ehefrau, wenn sic, wie cs sich für eine ehrbare Frau Buchhändlerin geziemt, selbst zu Markte geht, jetzt fast das Doppelte und Dreifache mehr als früher für fast alle Lebensbedürfnisse! Schuster, Schneider und fastJc- dcrmann schlägt mit seinen Maaren ans; man rechnet sich überall einen höheren Verdienst au bei den zu verkaufenden Maaren; — nur der Buchhändler, der Sortimenter, kann dies nicht thun! Statt daß sein Verdienst jetzt ein besserer werden sollte, als früher; statt daß ihm mehr Rabatt gewährt werden sollte, knapsen ihm im Gegentheil jetzt schon so manche Verleger immer mehr und mehr ab, denn nicht das Publicum wollen manche dieser guten Herren die gestiegenen Papier- und Druckkosten und Arbeitslöhne fühlen lassen; — nein: sie bürden dies alles vielmehr ihren werthen Col legen allein auf. „Begnügt Euch mit weniger!" decretiren sie; „nur geben in Zukunft durchgängig von allen unseren Artikeln nur »och 25o/o!" — Kann mit diesem Rabatt heutzutage, bei den vie len Spesen, die der Sortimenter hat, und bei den Ansprüchen, die das Publicum oft maßlos au den Buchhändler wegen Rabattes macht, wohl noch ein Buchhändler bestehen, der nur einen bescheidenen Um satz von 5 bis 10,000 Thalern macht?! Und wie viele bringen den Umsatz wohl bis und über 10,000 Thaler?! Pfuschen dem Buch händler denn nicht von allen Seiten die verschiedensten Personen — wir wollen nur die Briefträger, die landräthlichcn Boten, die Exeentoren erwähnen — in sein Geschäft? Kommen ihm nicht sogar höhere und niedere Behörden in die Quere? Und dann auch noch das große Heer der vielfach aus den verkommensteuSubjecten sich rcern- tirenden Colporteure! Alles, was den Buchhandel nicht genauer kennt, denkt: dies Geschäft ist eine Goldgrube; aber wie wenig ergie big ist er in den meisten Fällen für Den, der dies Geschäft betreibt > und davon allein mit vielleicht zahlreicher Familie leben soll und muß! Kann man es da wohl jungen Leuten verdenken, wenn sie sich nicht mehr zu diesem so wenig lohnenden Geschäftszweige drängen und auch ältere Buchhändler demselben den Rücken wenden? Die hohen Tiraden von der großen Achtbarkeit der Träger der Wissen schaft sind schon längst sehr hinfällig geworden! Ja, es sind dem Schreiber dieses schon Zeiten gekommen, wo er sich geschämt hat, ein Buchhändler zu heißen! Bei Gelegenheit der obenerwähnten Veränderung des Münz systems wollen nun auch gar noch ein paar Verleger (drei sind es bis jetzt) dies benutzen, um zur Ostermessc 1874 ihre sämmtlichen Artikel zurückzusordern, und wollen also Disponenten nicht ge statten, angeblich: „um die Preise ihrer älteren Bücher dem neuen System anzupassen, sic theilweisc zu erhöhen". Läßt sich denn das nicht aber ebenso gut von Hause aus machen? Weshalb soll man dazu erst Alles, und wovon noch ein großer Theil wohl absetzbar wäre, remittiren? Man wird doch wahrscheinlich die Preise für be reits erschienene Bücher nicht erhöhen wollen, denn die Laden preise derselben sind doch gewiß vor Versendung der Werke richtig calculirt; die Preise sind auch bereits durch öffentliche Blätter und durch die Büchcrkataloge bekannt gemacht, und solche nun zu erhö hen, das dürste doch wohl sehr mißlich für den Verleger sein! Was würde dadurch auch fiir eine große Unordnung in die Bücherkataloge in Betreff der Preise gebracht werden ; man könnte sich auf dieselben, so wie bisher es der Fall war, ja dann gar nicht mehr verlassen und würde oft seinen Kunden dann unrichtig gewordene Preise angeben und Schaden haben und Aerger, wenn dieselben nicht mehr bezahlen wollen, als ihnen anfänglich für ein bestelltes Buch abgefordcrt ist! Es gab auch einmal eine Zeit, und viele der älteren College» können sich wohl ihrer noch recht gut erinnern, da rechnete man im Buch handel nach guten Groschen; dann mußte man zur Berechnung nach Silber- oder Neugroschcn übergehen; cs ging damit aber etwas langsam, ehe diese neue Methode der Berechnung Eingang bei den College» fand; man war an die alten Groschen gewöhnt und viele Buchhändler rechneten, nachdem schon die neuen Groschen Jahre lang coursirten, noch immer mit ihren College» nach guten Groschen, stellten nach wie vor die Facturen in dieser Münzsorte aus; und es ging auch so, denn wer damals nicht mehr nach alten Groschen in seinen Büchern rechnete, der rcducirtc die Facturen seines College» mit alten Groschen in Neugroschen, und wir haben nicht gehört, daß es damals Jemandem eingesallen wäre, wegen dieser neuen Rech- nungswcisc nun Alles zurückhaben und keine Disponcnden gestatten zu wollen! — Wahrscheinlich werden auch wohl diesmal nicht gleich alle Buchhändler bereit sein, schon vom nächsten Januar an ihre Handlungsbücher nach der Mark- und Pfennigbercchnung umzn- modcln, sondern cs werden wohl noch manche von ihnen bei der alten ihnen licbgewordencn und geläufig gewesenen Rcchnungs- weise verbleiben, vielleicht noch auf manches Jahr hin, wenn wir auch jetzt in einem Zeitalter leben, wo alles mit Dampf gehen soll, alles Gute und bewährte Alte auch im Buchhandel mit Dampf über den Haufen geworfen werden müßte — wenn es nämlich nach so man chem Heißsporne im Buchhandel ginge, der von seiner Weisheit (?) die größtmögliche Meinung hat und geringschätzig auf alte, solide Häuser, die bei dem guten Alten verbleiben, zu blicken beliebt! Wenn man übrigens irgendwo einmal äußern hörte: „Ich liebe keine Disponcnden, mache keine solche, und was man von Novitäten für absetzbar halte, das verschreibe man gleich fest", so hat uns das ein Lächeln abgenöthigt, weil gleich darauf das Bekenntniß kam, daß mau doch aber, wenn auch nur ein unbedeutendes Conto, mit Dis- ponenden zur Ostermesse weiterführe, freilich „aus keinem andern 468*
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