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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.06.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-06-12
- Erscheinungsdatum
- 12.06.1920
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Teil. 127, 12. Juni 1920. 8 10- 8 11- 8 12. Alle Streitigkeiten über die Stistungssatzungen, ihr« Durch« führung und Auslegung sind unter Ausschluß des Rechtsweges durch ein Schiedsgericht zu entscheiden. Dieses hat die Satzun gen sinngemäß auszulegen und bei etwa hervortretenden Lücken im Geiste der Stiftung zu ergänzen. Die Ablehnung oder Zu erkennung von Unterstützungen, Stipendien und Preisen kann von abfällig beschiedenen Bewerbern nicht angefochten werden. Das Schiedsgericht ist aus einem richterlichen Mitglieds des Reichsgerichts als Vorsitzendem und einem Leipziger Uni versitätsprofessor sowie einemLeipziger Buchhändler als Beisitzern zu bilden. Die Berufung des Schiedsgerichts erfolgt auf An suchen eines Beteiligten durch den jeweiligen Oberbürgermeister von Leipzig, der hierbei an die Benennung des Präsidenten des Reichsgerichts hinsichtlich des Vorsitzenden des Schiedsgerichts sowie an die entsprechenden Benennungen der übrigen Mitglie der durch den Rektor der Universität und den Vorstand des Vereins der Buchhändler gebunden ist, die um solche Benennun gen zu ersuchen sind. Das Amt des Vorsitzenden steht jedoch zunächst Herrn Reichsgerichtsrat o,-. Lobe zu, der sich zur Übernahme bereit erklärt hat. Zusätze des Stiftungsausschusses: 1. Da die mit der Errichtung der Stiftung verbundenen Kosten, Steuern und sonstigen Abgaben sehr erhebliche sind, kann eine Verteilung von Zinserträgnissen für 1920 nur zum Teil und in voller Höhe erst 1921 erfolgen. 2. Alle Zuschriften, welche die »Ernst Keil-Stiftung«, betref fen, sind ausschließlich an das Stiftungsamt des Rates zu Leipzig zu richten. Unentgeltlicher Nachdruck vorstehender Stiftungs-Satzungen ist er wünscht. In der Sommerfrische. Ein Kuttnrbtld aus Österreich. Ein Dorswirtshaus in de» österreichischen Alpen, hart an der bayrischen Grenze, hat sich hcrbetgelassen, mir für den Sommer Kost und Quartier zu gewähren. Diese seltene Gunst verdanke ich der Kürsprache eines reichen Bauern in der Gemeinde. Man hat zu schlimme Erfahrungen gemacht mit den Fremden. Die Provinzen sind genötigt, sich durch die strengsten Maßregeln von Wien abzuschnüren. Die ehemalige Kaiscrstadt entsendet nicht mehr die ge mütlichen Menschen, die in das weltsernste Bergnest bescheidenen Ver dienst und etwas von ihrer überschäumenben Lebcnsfreudigkeit brach ten. Dieser gebildete Mittelstand ist zugrunde gerichtet und kann sich die so teuer gewordenen Erholungsreisen nicht mehr gönnen. Dafür sind Schieber und Berufshamsterer unterwegs. Sie stehen im Dienst jener Vampyre, die aus dem Weltkriege das für ihre anständigen Mitmenschen versickerte Gold zu gewinnen wußten. Meist rassenfrem» des llntermcnschentum, zusammengclanfcn aus den östlichen Ländern der einstigen Monarchie, die Überlegenheit ihrer heimischen Valuta zum Schaden der bodenständigen Bevölkerung ausnutzend. Für meine Person konnte der Bauer sich verbürgen. Ich würde mich genau dem Hausbranch anpasscn und nicht begehren, daß man mir eine Extrawurst brate. Was vom Schweine stammt, ist ohnehin dem Gesinde Vorbehalten. Ein Knecht, der zur Vesper und Jause nicht ein tüchtiges Stück Speck zu seinem Brot bekäme, würde gleich den Dienst aussagen. Ich genieße nur den Vorzug eines Tischtuches, das mir aufgelegt wird, wenn ich zu den Mahlzeiten ins Gastzimmer hinabgehc. Es ist ein Heller, freundlicher Raum, mit Blumenstöcken an de» Fenstern »ud frisch getünchten Wänden, denen aber jeglicher Bildschmuck sehlt. Ein mal hingen dort die Bilder zweier Herrscherpaare: Franz Josef und Elisabeth, die schönste Frau ihrer Zeit, vom Maler in Jugend und Liebreiz auf die Leinwand gebannt. Über ein halbes Jahrhundert haben sic die Gäste lächelnd willkommen geheißen. Karl und Zita wurden weniger bemerkt, trotzdem sie in frischeren Farben leuchteten. Ich schlage dem Wirt als Ersatz bunte Steindrucke vor. Landschaften und Tierstllcke unterliegen kaum den Zufällen eines Regierungswech sels. Wer weiß, waS die Zukunft brtngtl Er solle sich einmal drüben tm Bayrischen die hübschen, farbigen Steindrucke ansehen, die in, «00 Btschofsbräu an der Stelle prangen, wo die Königsbilder hingen. Ja, das wollte er schon! Nur immer Schritt halten mit den bayrischen Nachbarn. Es darf schon etwas kosten. Er hat eben ein vorteilhaftes Geschäft abgeschlossen mit Edelholz stir Luxusschreiner. Die meter- dicken Stämme liegen an der Straße zur Abfuhr bereit. Für den zweijährigen Rappen, Vollblut, eigene Zucht, erhält er täglich steigende Angebote, etne Sau hat vierzehn Ferkel geworfen, ein Teil wird mit der Flasche aufgezogen. Wir schreiben also au eine Buch- und Kunsthandlung um den Katalog. Schon die Auswahl »ach den verkleinerten Abbildungen bietet tlutcrhattungsstosf für mehrere Abende. Tie Stammgäste haben ein Wort mitzurcbcn. Es war ohne Zweifel das erste Gespräch über Kunst, das sie geführt haben. Man entschied sich vorläufig sür eine Gewitter stimmung nnd eine heimkehrcnde Schafherde bei Sonnenuntergang. Am Osterdienstag habe ich den Morgenkaffee in der großen behag lichen. Küche getrunken. Da kam ich mit der Wirtstochter Ins Gespräch, die sonst immer sehr zurückhaltend getan. Ich erzähle, daß ich sür Zeit schriften und Tagesblättcr schreibe. Sie liest gern, wenn sie eine freie Stunde hat, und zeigte mir einige Hefte Schundliteratur, skanda löse Geschichten am Hofe eines Balkaustaates, muß aber selbst zugeben, die Verlogenheit sei mit Händen zu greifen. Sie Ist auch an der Leihbibliothek im Städtchen abonniert, doch kann sie selten die Bücher wechseln und weiß nicht Bescheid im Katalog. Schickt sie den Knecht, so bringt er Marlitt, Heimburg und Conrths-Mahler, nnd die hat sie sich satt gelesen. Ich erbiete mich, ihr aus der Leihbibliothek ein wirklich gutes Buch zu holen. Biel ist ja nicht vorhanden. Die Schriftsteller der letzten zwei Jahrzehnte sind nur durch wenige Bände vertreten, ein großes Unrecht gegen die Zeitgenossen, die schreibenden und die lesenden. Die Stim men der Berufenen dringen nicht zu ihrem Volke. Was Helsen die Besprechungen des Büchermarktes in den Tagesblättern? Das Volk beachtet sie nicht. Von den Auflagen der trefflichsten Werke bleibt dem Verleger oft ein großer Teil als Ladenhüter zurück, während auf dem Lande die Menschen nach guten Büchern hungern. Da muß doch am Vertrieb die Schuld liegen. Warum findet die Schundliteratur ihren Weg so sicher? Aber die besseren Geister — und in den Alpen ländern ist noch sehr viel gesunder Verstand — gehen leer aus. Am Stammtisch sindet sich mittags und abends ungefähr ein Dutzend Männer ein, die keinen eigenen Herd haben. Es sind bessere Handwerker, Monteure und zwei fortschrittlich denkende Baucrngreise, die sich nicht mehr von einer kargen Schwiegertochter im Austragstüberl abspeiscn lassen. Etliche von de» Männer» greifen nach de» Zeitungen. Zwei Provtnzblätter liegen auf: ein sozialdemokratisches und ein christlich- soziales. Selbst !n diesem kleinen Kreise gehen die politischen Meinun gen verschiedene Wege. Die Deuischfreihejtlichen, die in der Mehrheit sind, hatten kein Blatt. Rasch sind diese Prcßerzeugntsse durchflogen. Wenig geistige Nahrung bleibt zurück. De», Roman, Übersetzungen uralter englischer und französischer Werke, schenken diese Bernunst- menschen mit Recht keine Beachtung, nicht einmal dem Aussatz unter dem Strich. Von ihren Gesprächen fange ich nur Schlag,volle aus, sie sind un deutlich, weil den Männern beim Reden immer die Pfeife im Mund winkel hängt oder die Lippen die Zigarette nicht frcigeben. Ohne Rauchzeug sind sie nie, trotz des unsinnigen Preises. Man redet von der Not der Zeit, den Kniffen der Schleichhändler, von Fohlen und Hengsten — die Gegend ist bekannt wegen ihrer hervorragenden Pferde zucht —, über das liebe Borstenvieh und den Stand der Saaten. Hin und wieder berichtet einer von einer Versammlung tm Städtchen, wo irgend ein Wanderrcdner das Programm seiner Partei wie die Heilige Schrift auslegt. Es macht wenig Eindruck. Dem zertrümmerten Österreich ist durch die schwungvollsten Reden nicht auszuhelfen. So viel wissen sie alle. Manchmal versiegt der ohnehin spärlich fließende Nedcbrunnen vollständig. Das Kartenspiel lockt nur ein Kleeblatt. Lieder scheinen auch nicht mehr I» der einst so sangesfrohen Brust z» wohnen, und mit dem Trost ans dem Grund des Bechers ist es vorbei, seitdem der Liter Wein aus 48 Kronen gestiegen ist. Man bleibt beim heimische» Most, der die Köpfe nnbencbclt läßt. Wie schön wäre cs da, wenn „eben dem Schanktisch ein Schrank mit Büchern ausgestellt wäre, die gegen eine geringe Gebühr den Gästen zur Verfügung stünden. Belehrende und „nterhaltcndc Werke, auch von der gegenwärtig znrnckgesctzten Kriegsliteratur. Die Männer, dtc an den Fronten gewesen sind, können ihre Gedanken doch nicht loslösen oo» den Ereignissen »nd Kämpfen, die sie dort durchlebt haben. Gedicht sammlungen dürsten nicht fehlen; der Landmann ist für Poesie empfänglicher, als man glaubt. Ebensowenig die Geschichten und ! Sagen der engeren Heimat, die ihm frisch erzählt werden müssen.
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