Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.01.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-01-15
- Erscheinungsdatum
- 15.01.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19140115
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191401155
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19140115
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1914
- Monat1914-01
- Tag1914-01-15
- Monat1914-01
- Jahr1914
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. 11, 15. Januar 1914. ment stellt ungleich höhere Anforderungen, besonders an die geistige Spannkraft der in ihm Tätigen als mancher andere Geschäfts' zweig und ist auch, infolge des ständigen Kampfes gegen den »Erbfeind des Buchhändlers«, den Staub, nicht gerade die gesün- deste. Dazu kommt ein durch geschäftliche und persönliche Inter essen bedingtes weitgehendes Lesebedürfnis, das in der Haupt sache eben auch nur Sonntags befriedigt werden kann. Zudem weiß der Sortimenter, daß infolge des Ladenschlusses am Sonn tag keine Verminderung, sondern lediglich eine Verschiebung seines Absatzes eintritt. Das Bedürfnis nach einem Buch ist kein so dringendes, daß es unbedingt an einem Sonntag befriedigt werden müßte, auch Ansichtskarten können schon am Sonnabend gekauft,Leihbibliotheksbücher bor dem Sonntag gewechselt werden. Es handelt sich nur darum, das Publikum nach dieser Richtung zu erziehen. Der einzelne vermag da natürlich nichts. Wohl aber sollten sich überall, wie dies schon in einer ganzen Reihe von Städten geschehen ist, die Sortimenter vereinigen und durch gegenseitiges Übereinkommen den Sonntagsverkauf beseitigen. Ein schönes Beispiel bietet in dieser Hinsicht die Stadt Leipzig, wo zwar durch Ortsgesetz im Kleingewerbe die völlige Sonntags ruhe eingefiihrt ist, aber infolge der Messen nicht weniger als 10 bis II Ausnahmesonntage mit 7—8stündiger Verkaufszeit be stehen. Die Leipziger Sortimenter öffnen mit verschwindenden Ausnahmen ihre Läden nur an den beiden Sonntagen vor Weih nachten. Sie schließen auch im Sommer schon 148 Uhr abends, und es geht auch. Dieser Weg der Selbsthilfe, so nahe er liegt, ist aber nicht überall gangbar. Grund: die liebe Kon kurrenz, dis freundliche Nachrede aller derer, die die Sache eigent lich nichts angeht. Es gibt eben leider in vielen Fällen auch unter den Sortimentskollegen »Outsider«, die glauben, ohne die Sonntagsarbeit nicht auskommen zu können, und die dadurch ihre Kollegen zwingen, ihrem Beispiele zu folgen, wenn sie sich nicht geschäftlichen Schädigungen oder, was in den meisten Fällen ausschlaggebend sein dürste, spitzer Nachrede aussetzen wollen. »Der N. hat es nicht notwendig, Sonntags zu arbeiten.« Ähnlich liegt die Sache in Kleinstädten mit nur einem Buchhändler. Wehe, wenn er Sonntags nicht verkaufen wollte! Die Folgen brauche ich nicht auszumalen. Man kennt das. Der Sortimentsbuch handel hat daher das größte Interesse an einer gesetzlich einge« führten vollständigen Sonntagsruhe. Dasselbe gilt auch vom Verlags- und Kommissionsbuchhandel, wo in der Praxis die Sonntagsruhe mit wenigen Ausnahmetagen die Regel ist. Und wo es anders ist, dürste Wohl weniger die dringende Notwendig keit als die geheiligte Tradition — so ist es immer gewesen, warum soll es jetzt anders sein — die Ursache bilden. Der beste Beweis für die Entbehrlichkeit der Sonntagsarbeit in diesen Geschäftszweigen ist der Umstand, daß in Leipzig infolge gegenseitigen Übereinkommens nicht weniger als ca. 200 Buch- Handelsfirmen im Sommerhalbjahr sogar den frühen Sonnabend schluß eingeführt haben, und zwar schließen ca. 140 Firmen (meist Verleger) um 3 Uhr oder früher und weitere 60 Firmen (be sonders auch Kommissionäre) um 4 resp. 5 Uhr. Und siehe, cs geht auch. Allerdings wird man dem Kommissionsbuchhandel einige Ausnahmesonntage, etwa vor Ostern und Weihnachten, zu billigen müssen, wie überhaupt von keiner Seite, auch nicht von einzelnen besonders forsch vorgehenden Handlungsgehilfenver bänden, die vollständige Sonntagsruhe ohne jede Ausnahme ge fordert wird. I» den meisten übrigen Geschäftszweigen liegen die Ver hältnisse ähnlich wie im Buchhandel, abgesehen vielleicht von den Genußmittelbranchen, auf die ich überhaript die vorliegenden Ausführungen nur mit Einschränkungen angewandt wissen möchte. Näher auf ihre speziellen Bedürfnisse einzugehen, ist hier der Ort nicht. Das Haupthindernis für die Einführung der voll ständigen Sonntagsruhe dürste der konservative Sinn gewisser Kreise sein, die sich Wohl auch freiwillig nicht zu einer fortschritt licheren Auffassung bequemen werden. Da wäre es nun Pflicht der Negierung, einmal die Probe auf's Exempel zu machen. Geht's wirklich nicht, dann ist ja der Rückweg nicht abgeschnitten. Es sollte einen aber wundernehmen, wenn das, was z. B. in England selbstverständlich ist, sich bei uns nicht bewähren sollte. In London kommt Sonntags nicht einmal der Briefträger. Da- 80 mit entfällt auch ein bei uns häufig angeführter Vorwand zur Sonntagsarbeit: »die Post muß durchgesehen werden«. Leider nimmt unsere Reichsregierung noch einen ganz anderen Stand punkt ein. Ihre Stellungnahme ist umso unverständlicher, als sie in der Begründung zum Gesetzentwurf ausdrücklich darauf hinweist, es sei nicht zu verkennen, »daß sich Gewerbetreibende und Kundschaft schneller, als bei Erlaß der gesetzlichen Vor schriften angenommen wurde, an das Bestehen der Sonntagsruhe gewöhnt haben. Das Verständnis für ihren großen Segen ist gewachsen. Die Bevölkerung zeigt sich mehr und mehr bereit, in ihren persönlichen Gewohnheiten und Bequemlichkeiten dem Ruhebedürsnis der Angestellten sich anzupassen«. Schöne Worte, bei denen man nur vor dem Worte »Angestellten« das Wort Prinzipale vermißt. Sie haben nämlich auch ein Ruhebedürfnis. An anderer Stelle heißt es: »Nach den günstigen Erfahrungen, die mit der Einschränkung oder gänzlichen Untersagung der Sonn- tagsbeschästigung in mehreren Städten in neuerer Zeit gemacht sind, kann erwartet werden, daß von dem Rechte, statutarische (das wären also die Sonntagsarbeit einschränkende oder aufhe bende) Bestimmungen zu erlassen, in Zukunst mehr Gebrauch ge macht wird«. Die Regierung selbst macht aber keinen Gebrauch davon. — Auch auf den Widerspruch muß hingewiesen werden, der darin besteht, daß die Regierung auf der einen Seite die Pflege der schulentlassenen Jugend mit allen Mitteln zu fördern sucht, ihr aber durch diesen Gesetzentwurf geradezu unüberwind liche Hindernisse in den Weg legt. Was fängt unsere Jugend mit einem durch zwei« oder mehrmalige kurze Verkaufszeiten unterbrochenen Sonntag an? Es widerstrebt einem fast, auch an dieser Stelle die Binsenwahrheit zu wiederholen, daß unsere gewerbtätige, im Entwicklungsalter stehende Jugend, die die Woche über den frühen Morgen in der Handelsschule, den Tag im Geschäft, den Abend über den Schularbeiten zugebracht hat, am Sonntag weder hinter den Ladentisch, noch auf den Kontor schemel, auch nicht hinter die Bücher gehört, sondern hinaus aus den Stuben in die freie Natur. Ich kenne die Einwendungen gegen diesen Satz, z.B. die Behauptung, daß der freie Sonntag nur zum Bummeln usw. benutzt würde. Ich kann das Vorkom men derartiger Fälle nicht abstreiten und mutz gestehen, daß auch mir nichts mehr zuwider ist, als der Anblick eines 16- bis 17jährigen Jünglings, der Sonntags in gelben Schuhen, das Spazierstöckchen in der Hand, die Zigarette im Munde, die Stra ßen, Cafös und vielleicht auch die Tanzlokale der Stadt unsicher macht. Aber nichts wäre verhängnisvoller, als wenn man diese Sorte junger Leute mit unserer heutigen Geschäftrjugend identi fizieren wollte. In dem weitaus größten Teile unserer gewerb- tätigen Jugend, besonders auch in unserm Jungbuchhandel, herrscht frühzeitig ein ernsterer Geist und, was ich stets mit großer Freude festgestellt habe, ein lebendiger Drang zu körperlicher Be tätigung in den Mußestunden, zu Sport und Spiel und nicht zu letzt zu frohem Wandern. Wie manchen Wandervogel und Pfad finder stellt unser Jungbuchhandel! Und es sind wahrlich nicht die schlechtesten unter den Jungens, die mit Leib und Seele an ihrem Spiel- und Wandersonntage hängen. Das werden auch die Prinzipale bedenken, und sich die Arbeitskraft und Arbeitsfreu- digkeit dieser jungen Leute sichern, indem sie ihnen, wenn irgend möglich, den freien Sonntag schenken. Das Hauptargument, das die Regierung für die Notwendig keit des Bestehens von Sonntagsverkaufszeiten ins Tressen führt, ist die ländliche Bevölkerung, die Sonntags ihren Bedarf in der Stadt deckt. Auch hier wird man berechtigte Zweifel erheben dürfen. Kommt die Landbevölkerung nicht auch zu den Wochen märkten in die Stadt? Liegen die landwirtschaftlichen Arbeits verhältnisse nicht so, daß in den Zeiten, wo die Arbeit drängt, auch der Sonntag dazu unentbehrlich ist, während zu anderen Zeiten der Bauer auch Wochentags die Stadt aufsuchen kann? Auch die Verbesserung der Verkehrsmittel muß hierbei in Rück sicht gezogen werden. Ja, wenn unsere Regierung warten will, bis unsere konservative Landbevölkerung den Segen der Sonn tagsruhe von selbst schätzen lernt, da werden wir Wohl nie weiter als jetzt kommen. Hier handelt es sich darum, die Kundschaft zum »freien Sonntag« zu erziehen, wie sie auch zum früheren <8 resp. 9 Uhr-)Ladenschlutz erzogen worden ist. Vielleicht geht das nicht
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder