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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.03.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-03-31
- Erscheinungsdatum
- 31.03.1920
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Teil. Xr 69, 31. März 1929. mit mir dasselbe Empfinden gehabt haben, bah es eine wahre Lust und ein Stolz war, dort die großen, beachtenswerten Leistungen des deut sche» Buchgewerbes und des damit verbundenen graphischen Gewerbes sehen zu tonnen —, so muß man sich wundern, was heute daraus ge worden ist. Kaum ein Gewerbe liegt so darnieder und ist durch den Krieg so erschüttert und zerstört worben wie das Buchgewerbe. Und nun kommt ein solcher Erlaß, der einen neuen Schlag sührt gegen ei» Gewerbe, das wir ganz entschieden bei der Wiederausbauarbeit so be nötigen wie kaum ein zweites. <Sehr rtchtigl bei der Deutschen Demokratischen Partei) Deshalb bedauern wir den Erlaß aus das allerticsste. Warum hat man — die Frage ist nicht etwa als nebensächlich zu behandeln — die Vertreter dieses so wichtigen Gewerbes nicht ge fragt? Man hat mir berichtet, baß man so unter der Hand Kühlung genommen hätte mit dem Vertreter einer Leipziger Großsirnia, aus gerechnet mit einem Vertreter, der immer ein gewisser Eigenbrötler, ein Außenseiter seiner Organisation gegenüber war. Aus dessen Rat hin soll dieser Erlaß dann hernach der Öffentlichkeit unterbreitet wor den sein. sHört, hört! bei der Deutschen Demokratischen Partei) Ich weiß nicht, wieviel Wahres an dieser Erzählung ist. sZurnf vom Rcgierungstisch) — Dan» muß ich es auf das tiefste bedauern und muß sagen, ich kann es bet einem Minister, der nach seiner politischen Parteiaussassung doch gerade das Handinhandgchen mit den bcruslichen Organisationen immer und immer wieder betont, nicht verstehen, daß bei einem so wichtigen Punkte eine solche Unterlassungssünde begangen worden ist. sSehr gut! bei der Deutsche» Demokratischen Partei) Aber, meine Damen und Herren, es liegt nicht nur eine Schädi gung dieses eine» Wirtschaftszweiges vor, sondern auch die Sortimenter werden geschädigt. Sic haben sich daraus eingerichtet, um sich bei den schlechten Bahn- und Postverbindungen rechtzeitig mit dem Buchniaterial zu versorgen, und nun kommt dieser Erlaß. Er kommt viel zu spät, und die Sortimenter sitzen nun mit ihren Ladenhütern da. Herr Kol lege Hacks meinte, das Material ginge ja nicht verloren, es könne viel leicht später verwendet werden. Da möchte ich ihm doch erwidern, daß für dieses Material keine Verwendung mehr vorhanden ist; cs ist Makulatur geworden. Und wer hat den Schade»? Dann frage ich weiter: werden nicht auch die Eltern empfindlich geschädigt, die sich eingerichtet und die Werke vielleicht schon gekauft haben? «Zuruf) — Ja, es ist freigcstellt worben, aber cs ist viel zu spät fryMestellt wor den. Man hätte sich doch vorher sagen müssen, daß solche Maßregeln rechtzeitig getroffen werden müssen und nicht in so später Stunde. Man spricht heute beim Wiederaufbau von einer Berücksichtigung des Mittelstandes. Ich möchte einmal fragen, ob dies alles nach einer Berücksichtigung des Mittelstandes aussieht. «Sehr richtig! bei der Deutsche» Demokratische» Parte!) Aber die schlimmste Wirkung äußert sich ln pädagogischer Hinsicht. Diese Maßnahme hat in Lehrcrkreiscn aller Färbungen das aller größte Aussehen erregt und die größten Bedenken hervorgeruscn. Nach meinem Dafürhalten war cs ei» sehr großer Kehler, daß man sich nicht mit den Berussorganisationen zuvor in Verbindung gesetzt hat. Das hätte entschieden geschehen müssen. Es liegt mir vor die Auslassung der Zeitschrift sür den Geschichtsunterricht: Vergangenheit und Gegen wart 1920. Da heißt es im ersten Heft — ich darf diese Stelle wohl vorlesen: Diese Verfügung ist eine noch schlimmere Übereilung als seiner zeit der Schulgemcindeerlaß. Sie ist Pädagogisch etwa ebenso zu bewerten, als wenn im Geographieunterricht die Atlanten ab geschafft würden. Der sächsische Kultusminister, der ein erfah rener Schulmann ist, hat denn auch alsbald erklären lassen, daß für Sachsen die gleiche Maßregel nicht beabsichtigt sei. Es soll nicht geleugnet werden, baß die Leitfäden der Geschichte sür Volksschulen vielfach in geschmackloser Weise üblen Byzantinismus treiben. Die sür die höhe ren Schulen bestimmten Lehrbücher tragen aber fast alle einen durchaus wissenschaftlichen Charakter und konnten, unbe schadet einzelner Mängel, wie sie Börtzler im letzten Heft des vorigen Jahrgangs sachlich besprochen hat, ohne jeden Schaden wcitergesührt werden. Meine Damen und Herren, auch meine politischen Parteifreunde sind von der Notwendigkeit einer Reform des Geschichtsunterrichts, des Plans sowohl wie der für den Geschichtsunterricht maßgebenden und ihn tragenden Lehr- und Lernblicher, ohne weiteres überzeugt und stimmen dem aus vollem Herzen mit zu. Das haben sa auch die meisten Berufs« und Fachorganisattonen zugegeben und gefordert. ES vcr- 2S2 lohnt sich deshalb, mit einigen Worten aus die in Aussicht stehende Re form — die Herren Vorredner haben es ja auch getan — zurückzn- kommcn. Wenn man, wie es bei manchen allzu radikal vorgehenden Kreisen der Fall ist, etwa meint, diese Frage dadurch lösen z» könne», daß man de» Geschichtsunterricht vollständig tendenzlos gestaltet, um nach keiner Seite hin anecken zu können, so mcine ich im Einvernehmen mit meinen Parteifreunden, daß das «ine wahre Unmöglichkeit ist. Geschichte ist eines der hauptsächlichsten ethischen Fächer. Geschichte hat als vor nehmste Ausgabe, aus Grund der Erkenntnis der Vergangenheit den Blick zu schärfen sür Gegenwart und Zuknnst und vor allen Dingen einen, ich möchte hier den Ausdruck gebrauchen, mannhaften Charakter für das Leben, einen wirklich festen, umsichtigen, tatkräftigen Bür ger heranzubilden. «Lebhafte Zustimmung) Wie wollen Sie das machen, wenn Sie der Geschichte alles Leben, alle Seele herausrcitzen und die Geschichte jeder einzigen Tendenz berauben? Die Geschichte muß — und das zeigt uns der Betrieb des Geschichts unterrichts uni die Abfassung der Lesebücher und Lehrbücher bet den anderen einzelnen Völkern — eine bestimmte Tendenz haben, und das ist die vaterländische Tendenz. (Lebhafter Beisall) Und die müssen wir gerade in dieser Zeit bekommen. Das dürfen wir nicht unterlassen. Das Deutschtum muß wieder in der Welt zu Ehren kommen. «Erneuter Beifall) Ich frage Sie: wie wollen wir bas Deutschtum wieder hochbringen, wenn wir der Geschichte hier von vornherein die belebende Seele nehmen und aus dem Geschichtsunterricht vielleicht nichts weiter machen als ein mageres Bettelsllpplcin, das sich im Grunde genommen auf den tabellarisch zusammengestellten Leitfaden stützt! Solche Gcschichtstabel- lcnklitterungen von einfache» Zahlen und Tatsachen sind nichts weiter als die Totenkammer der Geschichte. <Sehr richtig!) Geschichte aber soll leben, erzeuge», soll beleben, durchgeistigt:» und schließlich begeistern. Das Beste, was wir am Geschichtsunterricht haben, ist nach Goethes kennzeichnendem Worte doch letzten Endes die Be geisterung, die sie erweckt. Wie wollen Sie mit solchen Tabellen Be geisterung erwecken? Ta sagen Sie: ja, da ist doch die Persönlichkeit des Lehrers noch da. Ich wäre der Letzte fürwahr, der die Persönlichkeit des Lehrers im Unterricht gering einschätzen wollte, und der Geschichtslehrer vor allen Dingen hat die Aufgabe, seine Person in doppelte Zucht zu neh me», damit er der Geschichte den Wert und den Ausdruck verleibe, der ihr von Rechts wegen ihrer Natur nach gebührt, wie das heute auch mit so treffenden Worten hier in der Debatte schon gekennzeichnet worden ist. Geschichte muß unbedingte Tatsachen hinstellen, darf nicht einseitig verherrlichen. Wir haben das ja erlebt, und das ist die Verseuchung — ich brauche absichtlich diesen Ausdruck —, die die Geschichtslehr bücher t» den Volksschulen seit dem Jahre 1890 erfahren haben, daß man in einseitiger Weise hier unser Volk und das Herrscherhaus ver herrlicht hat, als ob nur da alles groß und schön wäre und außerhalb der Grcnzpfähle unseres Volkes und Reiches nicht. Das hat uns den Namen der Barbaren eingetragen! <Sehr richtig! rechts) Das hat uns den Namen »koostes« eingetragen! Diese Überspannung des nationale» Bewußtseins, die im Alldcutschtum so augensällig zum Ausdruck kam, hat zu den, grenzenlosen Haß gcsührt, der im Frieden von Versailles zum Ausdruck gekommen ist. Meine Damen und Herren, Geschichte soll den Blick in keiner Weise trüben, auch nicht für die Bedürfnisse und das Können und Kennen der andern Völker. Wir solle» das richtige Augenmaß besitzen für nnser Können, für unser» Wert, aber auch für das Können und die Werte der andern Völker. Das heißt deutsch empfinden und heißt vaterländisch denken! «Sehr richtig! bei der Deutschen Demokratischen Partei) In dieser Weise denke» wir uns die Tendenz des Geschichtsunterrichts; da werden wir nach keiner Seite, weder im Innern noch nach außen, anecken; da werden wir wahrhafte Toleranz und Duldung üben, und die vom Abgeordneten Wildermann erwähnten Erscheinungen werden nicht mehr möglich sein, zn deren Beseitigung wir ohne weiteres die Hand bieten als eine echt demokratische, d. h. eine Bolkspartei, welche nicht will, daß Angriffe aus Andersdenkende ersolgen. Denn der Demokrat duldet auch die Meinung der anderen. lZurnf) — Ja, bann haben Sie d i e Auffassung vom Demokraten, die ich nicht habe; Ihre Art Duldsamkeit ist ja bekannt; als Unabhängige machen Sie sich auch davon unabhängig. (Abgeordneter Obuch: Dann treten Sie sür die byzantinischen Lehrbücher ein!)
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