Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.06.1873
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1873-06-16
- Erscheinungsdatum
- 16.06.1873
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18730616
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187306163
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18730616
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1873
- Monat1873-06
- Tag1873-06-16
- Monat1873-06
- Jahr1873
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
2156 Nichtamtlicher Theil. 136, 16. Juni. erhoben werden, in Einklang zu setzen sind mit den Lebensbedürfnissen der Gesellschaft. Eine ernste Aufgabe liegt ihm ob. Weiß er das Gleichgewicht zwischen Freiheit und Ordnung, zwischen Rechts ansprüchen der Individuen und Existenzbedingungen derGesammtheit nicht zu finden, so wird die Frage vertagt und dann haben auch die Wähler mit sich zu Rathe zu gehen, welche Anforderungen an die neu zu wählenden Abgeordneten zu stellen seien in Betreff der Auf richtung der rechtlichen Schranken, innerhalb deren sich die Freiheit der Presse zu bewegen habe, um nicht in Staat und Kirche die höchsten Interessen auf das Spiel zu setzen." Aus Berlin berichtet mau der Allg. Ztg.: »Der neue Entwurf eines Reichs-Preßgesetzes hat mit einem Schlage sämmtliche Par teien geeinigt. Die Verdammung des Entwurfs ist eine einstimmige und der Reichstag würde sich, und die er vertritt, auf das tiefste erniedrigen, wenn er zu solcher Knechtung der freien Meinungsäußerung, wie sie derK. 20. zuläßt, die Hand böte. Ein gerechter Sturm der Entrüstung tritt der Undankbarkeit entgegen, mit der die Regierung der Presse zu lohnen sich unterfängt, die ihr doch die mächtigste und unentbehr lichste Stütze war. Noch ist aber das Selbstbewußtsein und Ehr gefühl zu groß, als daß der Köder finanzieller Erleichterung die un erhörte Strenge des als Aequivalent geforderten Repressivsystems übersehen ließe. Mit Recht bemerkt die „Spen. Ztg.", daß die Aus führung der Ideen der Regierung von einer sehr unglücklichen Hand gemacht worden ist. Denn je schärfer die Reprcssivmaßrcgeln waren, um so klarer mußten die Grenzen der Vergehen festgestellt werden. Wie dieser Forderung durch den „Kautschukparagraphen" 20. genügt worden ist, mag man selbst Nachlesen. „Wir erwähnen für heute nur noch", sagtdas Blatt weiter, „daß nach ß.22.der Redacteur mit derStrafe desT Hüters belegt wird, ohne Unterschied ob und wieweit er den Artikel vor der Aufnahme geprüft hat, undobihmbeidieserPrüfnngdieStraf- barkeit des Inhalts nicht entgehen konnte. Das ist eine ungeheuerliche Verschärfung des jetzigen Systems, die Niemand vertheidigen kann, der die Grenzen der Arbeitskraft auch des wachsamsten Redactenrs abzuschätzen weiß..." Viel schärfer noch spricht sich die„Nat.-Ztg."über den Entwurf aus. Der Verfasser des Artikels war „sprachlos vor Erstaunen", als er diese „Sammlung von Marterinstrumenten" zum ersten Mal übersah. Er meint mit uns, daß, wenn ein derartiges Gesetz zu Stande gebracht würde, es keinem anständigen Menschen mehr einfiele, sich der Tagespresse zu widmen, sondern nur Dienst mannsnaturen sich bereit finden ließen, vor demJnseratcntheile dem Publicum einigen unschädlichen Wind vorzumachen. Und in der Thal würde die Verachtung der Presse und ihrer Vertreter, die zu den Schwächen des Fürsten Bismarck aus alten Tagen gehört, nur gerechtfertigt sein, wenn sich in ihren Kreisen auch nur irgend Je mand fände, der solchen Zumuthungen nicht mit der größten Ent rüstung begegnete. Der Artikel schließt mit folgenden bemcrkenswer- then Worten: „Der vorgelegte Entwurf ist ein Meisterstück, ersonnen, um eine Presse, die in den jedesmaligen Tagesfragen Widerstand entgegensetzt, stumm und todt zu machen. Ehe er unverändert Rechtskraft erlangt, wünschen wir lieber, daß die alten preußischen Prcßchicanen sammt und sonders in alle Ewigkeit erhalten bleiben mögen; denn wenn das Preßgesetz Manteuffel's und Westphalen's uns mit Ruthen peitschte, der Entwurf Bismarck's würde uns mit Scorpionen züchtigen."« Erklärung der deutschen Presse gegen den preußischen Preßgesctzcntwurf. Die Berliner Tagesprcsse hat folgende „Erklärung" gegen den Preußischen Entwurf eines Reichs-Preßgesetzes veröffentlicht: Die preußische Regierung hat dem Bundesrathe den Entwurf eines Reichsgesetzes über die Presse vorgelegt, dem zwar bereits, wie wir zuver sichtlich hoffen, sein Urtheil gesprochen, dessen bloßes Zutagetreten aber auf das schmerzlichste nicht von der Presse allein, sondern von der ganzen Nation empfunden worden ist. Der Entwurf steht im Widerspruch mit den Grundsätzen unsers öffent lichen Rechts und mit den berechtigten Ansprüchen der Presse. Er hält Einrichtungen aufrecht, welche sich nach vieljährigen Erfah rungen als schwere Uebelstände herausgestellt haben, und trifft Anord nungen, welche die Stellung der Presse wesentlich verschlimmern. Die polizeiliche Beschlagnahme ist unverändert bcibehalten und damit praktisch der periodischen Presse die rechtliche Grundlage ihrer Existenz entzogen. Die Definition der Vergehen und Verbrechen (ß. 20.) entbehrt der scharfen Begrenzung, welche die erste Anforderung an ein Strafgesetz ist, und stellt statt dessen allgemeine Sätze auf, welche nach subjectivcr Willkür gedeutet werden können. Die Bestimmung des Entwurfs über die Verantwortlichkeit des Re- dacteurs (tz. 22.), der, abgesehen von der Frage der Verschuldung, mit der Strafe des „Thäters" belegt werden soll, widerspricht allen strafrecht lichen Grundsätzen, welche zur Strafbarkeit den Dolus oder die schuldvolle Fahrlässigkeit verlangen. In dieser Weise werden theils neue unbestimmte Vergehensarten ein geführt, theils bestehende Strafbestimmungen wesentlich verschärft (tz. 20. letzter Absatz), und so die Organe der Presse unter Ausnahmegesetze ge stellt. Dazu treten ungerechte Polizeivorschriften mancherlei Art, z. B. die Aufnahme von Berichtigungen bis zum doppelten Raum des zu be richtigenden Artikels rc. Die deutsche Presse, die sich ihres täglich wachsenden Einflusses wohl bewußt ist, will nicht Straflosigkeit für das veröffentlichte freie Wort, wenn es wirklich ein straffälliges ist. Sic will der strengen Verantwor tung vor den allgemeinen Strafgesetzen des Reiches sich nicht entziehen. Aber protestiren muß sie gegen Ausnahmebestimmungen, deren maßlose Vieldeutigkeit und Dehnbarkeit auch die ernsteste wissenschaftliche Erörterung allgemeiner Wahrheiten, auch die patriotisch wohlgemeinteste Beleuchtung öffentlicher Zustände Tag für Tag, wo nicht der Verurtheilung, doch der Verfolgung durch die Organe eines unberechenbaren administrativen Er messens aussetzen würden. Man bietet in dem Entwurf die Aufhebung der Stempelsteuer und der Cautionen. So wünschenswertst diese materiellen Erleichterungen sind — die Presse weist es weit von sich, die Beseitigung von längst als un gerecht anerkannten Lasten durch eine ihrer unwürdige, rechtlose Stellung zu erkaufen. Ihre ideale Aufgabe einer freimüthigen Besprechung der öffentlichen Zustände steht ihr höher, als materielle Vortheile. Allseitig, auch von den Regierungen, ist die patriotische Haltung an erkannt, welche die deutsche Presse in jeder ernsten Zeit, zuletzt noch während des französischen Krieges eingehalten hat. Die seltenen Aus nahmefälle bestätigen nur die Regel. Um so weniger hatte die deutsche Presse es verdient, von einem Gesetzentwürfe bedroht zu werden, dessen Durchführung jedem selbständigen Manne die Leitung eines politischen Blattes unmöglich machen und die Presse in ihrem freien, kritischen Beruf vernichten würde. Vossische Zeitung: National-Zeitung: Spener'sche Zeitung: Germania: Or. H. Kletke. Or. Zabel. Or. Wehrenpsennig. Ehr. I. Cremer. Volks-Zeitung: Tageblatt: Ulk: Tribüne: Berliner Wespen: Sachse. R. Mengcr. S. Haber. A. Mützclburg. I. Stettenheim. Gegenwart: Deutsche Freie Zeitung: Demokratische Zeitung: Paul Lindau. Krämer. Or. Stern. Gerichts-Zeitung: Bürger-Zeitung: Staatsbürger-Ztg. (A. Held'sche):- Jüterbock. Beutner. Dedo Müller. Berliner Wochenschrift: Deutsches Wochenblatt: Saling's Börsenblatt: Or. Lewinstein. Or. Kayßler. Braun. Berl. Börsen-Courier: Bank- u. Handels-Zeitung: Berl. Börsen-Zeitung: H. Davidsohn. Or. Matz. Brockhoff. Die Redactionen sämmtlicher deutschen Zeitungen werden ersucht, obiger Erklärung beizutreten und dem Chefredacteur der Vossischen Zei tung, Hrn. Or. Kletke, hiervon Nachricht zu geben. Miscellrn. Vom Reichstage. — In der Sitzung vom 10. Juni hat die Fraction des Centrums durch den Abg. Win dthorst (Meppen) fol genden Antrag eingebracht: Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung der Zeitungscautionen und der auf Preßerzeugnissen lastenden Staatsabgaben: Z. 1. Die Verpflichtung zur Bestellung von Zeitungscautionen, der Zeitungs- und Kalenderstempel, die Abgabe von Inseraten, sowie jede andere neben der allgemeinen Gewerbesteuer noch bestehende Belastung oder Besteuerung einzelner Preßerzeugnisse werden hiermit aufgehoben. §. 2. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. August d. I. in Kraft.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder