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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.02.1873
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 12.02.1873
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- Deutsch
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Kapitals" an ihm zu versuchen. Vermögen von 60—80,000 Thlr. nahmen nicht viel Zeit in Anspruch, um spurlos zu verschwinden. Interessant in Bezug aus das Vcrhältniß des Kapitals zum Vcrlagshandel ist die Miltheilung eines Franzosen. Die Franzosen, wenigstens ihr Fachschriftsteller Werdet, betrachten die Periode von 1815—1830, insbesondere die Mitte der zwanziger Jahre, als die Blüthczcit des französischen Buchhandels. Werdet erzählt nun von jener Blüthczcit, daß Pariser Vcrlagsgeschäfte damals in reeller Weise nicht zu verkaufen gewesen seien. Der Patron, welcher sich vom Geschäft habe zurückzichcn wollen, sei genöthigt gewesen, das selbe auf nicht viel Sicherheiten hin seinem ersten besten Commis zu übertragen. Er selbst, Werdet, habe 1827 seine eigene Boutique er öffnet auf ein Grundcapital von einigen 100 Frcs., welches gerade genügend gewesen sei, um als Pariser Editeur vor der Welt aufzu tauchen. Einen Monat nach der Gründung kaufte er die Borräthe des Repertoire ciu Iböütre kranyais, 68 vols., für 12,000 Fr., fünf Monate später den Verlag von Lcquien Perc für 280,000 Fr.; bei dieser Gelegenheit associirtc er sich mit Lcquien fils. Ein Jahr danach kaufte die Firma Werdet L Lcquien die Sammlung der61as- «igues tranpuw von Pierre Didot für 98,000 Fr. Werdet verweist darauf, daß Detcrville, Leprieur und viele Andere in der „Blüthc- zeit" des französischen Buchhandels es gerade so gemacht hätten; sic hätten nur ein gewisses Geschick besessen, aber sonst keinen Sou. Auf diese Weise wird cs verständlich, daß der Pariser Verlags handel infolge der Julirevolution wie ein Kartenhaus übereinander- stürztc, so daß ein Staatscredit eröffnet werden mußte, um ihm wie der auf die Beine zu helfen. So schlimm hat es in Deutschland niemals gestanden. Zah lungsfähige Käufer haben unsere Geschäfte wohl zu jederZeit gefun den, aber freilich auch nur innerhalb gewisser Grenzen des Capital- ansprnchs. Die meisten Geschäfte werden bei uns unter 20 und wohl noch richtiger gesagt, unter 10,000 Thlr. begonnen. Ein Kauf von 30— 40,000 Thlr. ist schon vornehmer Art. Wir haben natürlich Ge schäfte von viel höherem Werthe, aber das sind entweder Familien erbstücke, theilweise mit festgefahrenem Capital, oder glückliche Em porkömmlinge — glücklich auch den Strikes gegenüber, weil sie sich von Anfang an auf keine complicirte, die Setzer mehr als die Drucker beschäftigende Verlagsthätigkeit eingelassen haben. Ein Geschäft von 100,000 Thlr. Werth zu capitalisiren, würde im deut schen Buchhandel jedenfalls schwierig sein. Mau sieht hiernach, die Verlagsthätigkeit ist tatsächlich keine verlockende Sache für das Capital; sic kann es auch schon deshalb nicht sein, weil die literarische Production über eine bestimmte Grenze hinaus kein directcr und notwendiger Ausfluß gegebener Verhält nisse d. h. also hier der literarischen Verhältnisse eines Landes ist. Autoren, die den Erfolg in sich selbst tragen — und nur auf die Weise könnten solche dem Capital genehme Verhältnisse denkbar sein — bedürfen im Grunde genommen keines Verlegers, sondern nur des Druckers oder eines buchhändlerischen Commissionärs. Anderer seits kann eine Verlagshandlung vom bloßen Autorenverdienst in der Regel — Ausnahmen gibt es immerhin — auf längere Zeit nicht bestehen, denn ein gangbarer Autor weiß gewöhnlich genau, was er gilt, und trotz der ihm eigentümlichen Größe läßt er sich, was vollkommen naturgemäß ist, von seinem Verleger lieber überschätzen als unterschätzen. Auf diesem Standpunkte der Verlagsthätigkeit standen die Pariser Verleger der französischen Romanciers, deren Schriften zur Zeit in allen Ländern verschlungen wurden, und die Originalverlcger jener Romanschreibcr-Größen sind zum nicht ge ringen Theile in kläglicher Weise zu Grunde gegangen. Auch der oben erwähnte Werdet klagte in späterer Zeit von den Vogesen aus, wohin er sich als ruinirter Mann zurückgezogen hatte, daß er sich für den Ruhm seines Freundes und Autors Balzac ruinirt habe. Die bloße Vermittelung zwischen Autor und Publicum ist nichtsdestoweniger im Allgemeinen der Ausgangspunkt der Verlags thätigkeit. Aber sehr bald muß ein anderes Moment hinzutrctcn, wenn die Verlagsthätigkeit es rechtfertigen will, sich zwischen Autor und Drucker einzudrängen; dies Moment ist die in ihrer Art selbst productive Verlagsspeculation. Ihrem Hauptzuge nach ist diese Thätigkeit nichts als die industrielle Breitschlagung des gei stigen Volksguts zum Zwecke allgemeiner Bildung und die Förderung des literarischen Comforts. Aber in welchem Lichte eigener Ini tiative sic immer erscheinen möge, sic ist keine Autorthätigkeit, kann auch nicht durch Autorthätigkeit ersetzt werden, selbst wenn diese, was ja häufig genug geschieht, industriell werden will. In allen Literatur ländern bildet die so geartete Verlegerthätigkcit die Basis des Ver lagshandels. Er kann anders gar nicht existiren. Deutschland nun ist die Schule des Buchhandels. Die ihm eigentümliche Gruudauffassuug des buchhändlcrischcn Verkehrs wesens, die strenge Unterscheidung in der commerciellen Behand lung des geistigen und materiellen Bedürfnisses, haben ihm einen in allen Branchen fachmännisch geschulten Buchhandel und die ihm ebenfalls eigentümliche Geschäftsorganisation ermöglicht. Unser Land besitzt die meisten Fachmänner auf diesem Felde, denn ein Buch handel als geschlossene Handelsbranche, die von jedem ihrer Glieder eine eigene geschäftliche Erziehung und mehr oder weniger literarische Bildung bedingt — das Ausland kennt solche Ansprüche an die Gesammtheit der Geschäftswelt nicht — kann mit Nutzen nur fach männisch betrieben werden. Diese Verhältnisse zusammengcfaßt niit dem mächtigen und vielseitigen Grundstock unserer Literatur, erklären es, daß Deutschland, trotzdem es mit der Sprache gegen die Engländer und Franzosen im Nachtheil sich befindet, die größte literarische Production hat und dem Auslände theilweise das eigene Terrain streitig macht. Denn so wie deutsche Buchhändler mittelst ihrer Organisation im engsten Verbände mit der heimischen Genoffen schaft überall im nahen und fernen Auslande die deutschen literari schen Interessen vertreten, so arbeitet wiederum der deutsche Verlags handel innerhalb der schwarz-weiß-rothen Grenzpfähle nicht allein mit deutscher Literatur für Deutsche, sondern auch mit fremden Lite raturen für fremde Länder. Selbst das Gemeingut aller Nationen, die griechischen und römischen Klassiker werden wie im östlichen Europa, so auch in den englischen und italienischen Schulen in den guten und wohlfeilen deutschen Ausgaben gelesen. Diese Vielgeschäftigkcit des speculativen deutschen Buchhandels kommt den deutschen Autoren sehr zu Statten. In Deutschland finden nicht nur gangbare, sondern auch mäßig verbreitungsfähige Autoren ihren Verleger. Nicht bloß, daß die zahlreiche Concurrenz die Verleger dazu nöthigt, die durch selbständige Speculation ge wonnene breite Basis, sowie die anderwärts ganz fehlende deutsche Sortimenterthätigkeit gibt auch der deutschen Verlagsthätigkeit die Mittel und Wege an die Hand, ihrer heimischen Autorcnwelt ein ganz anderes Entgegenkommen zeigen zu können, als dies in Frank reich ziemlich allgemein und in dem besser situirten England wenig stens für wissenschaftliche Literatur gefunden wird. Im Auslande sucht der Autor nach dem Verleger, wo es bei uns gerade umgekehrt zugeht. Daß trotzdem auch mancher deutsche Autor suchen muß, ohne zu finden, bedarf keiner Erwähnung und auch keiner Entschuldigung, so lange nicht ein anderer Buchhandel der Welt den Beweis geliefert hat, daß Alle im geschäftlichen Wege zu befriedigen sind. Denn das äußerste Maß dessen, worauf nach den bisherigen Erfahrungen ein Geschäftswesen wie der Buchhandel seine Ansprüche an die Ren tabilität seiner Unternehmungen herabzustimmen vermag, ist in
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