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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.04.1873
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 02.04.1873
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- Deutsch
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1234 Nichtamtlicher Theil. 76, 2. April. Bekanntlich strikcn die Vcrbandsmitglieder stets auf gemein schaftliche Kosten. Strikcn die Hannoveraner, so senden die z. Z. ar beitenden Verbandsgcnossen in Leipzig, Breslau, Berlin re. Unter stützung; strikcn die Leipziger, so offnen die Hannoveraner, Bres lauer, Berliner ic. Gehilfen ihre Seckel. Man striket gewissermaßen reih'nm. Dem Strikcn auf gemeinschaftliche Kosten der Ge hilfen kann wirksam nur entgegengetreten werden durch gemein schaftliche Maßregeln der Prinzipale. Die Arbeitgeber entschlossen sich zu einer allgemeinen Kündigung am 8. März. Sie machten ebenfalls von der Koalitionsfreiheit Gebrauch und versuchten durch einen I-oole out dem Leipziger Strike-Comitö die Unterstützung ab zuschneiden. Die Kündigung ist jedoch keine allgemeine gewesen, da unter den Prinzipalen kein so fester Zusammenhang herrscht wie unter den Gehilfen. An einigen Orten haben die Gehilfen die Kün digung mit sofortiger Arbeitseinstellung, ohne Rücksicht auf die be stehenden contractlichen Verpflichtungen, beantwortet. Dies ist die Herkunft des gegenwärtigen Konfliktes zwischen den deutschen Buchdruckern und ihren Gehilfen. Hören wir nun, wie ein deutscher Professor, Hr. vr. Brentano in Breslau, die Lage auffaßt. In einem Schreiben an den Vorsitzenden des Breslauer Strike-Comitös erklärt der Vertreter der officiellen preußischen Volkswirthschaft in Schlesien: „Die Hauptursache des Streites liegt in der Weigerung des Prinzipalvercins, den Gehilfenverband anzuerkennen, und in dem Wunsche eines Theils wenigstens der Prinzipale, den Gehilfen verband zu sprengen. Nun sicht die ganze Gesetzgebung unseres Jahrhunderts in Arbeiter und Arbeitgeber nichts anderes als Verkäufer und Käufer einer Waare. Selbstverständlich erkennt sie deshalb auch die Berechtigung des Arbeiters an, bei Feststellung der Verkaufsbcdingungcn seiner Waare mitzuwirken. Sie hat weiter, indem sie die Coalitionsverbote abschaffte, anerkannt, daß es ohne Koalition den Arbeitern unmöglich ist, diese ihnen von der Gesetz gebung theoretisch znerkannte Berechtigung praktisch zu verwirklichen. Die Beteiligung der Arbeiter bei der Abschließung des Kaufvertrags ihrer Waare setzt das Bestehen eines Ge- werkvcreins voraus, und indem die Buchdruckergehilfen ihren Verband gründeten und sichweigern, aus demselben auszutreten, befinden sie sich auf völlig gesetzlichem Boden" .. . Schließlich spricht Brentano die Ueberzeugung aus, daß „Friede im Buchdruckergcwerbe nur dadurch zu erzielen sein würde, daß die Prinzipale das Recht der Vereinigung, von dem sie selbst Gebrauch machen, auch bei ihren Gehilfen, mit andern Worten, daß sie den Verband anerkennen." Der letzte Satz könnte eine Verdunkelung des historischen Her ganges herbeiführen. Wir wiederholen daher: Die Gehilfen waren es, welche mit einer Koalition gegen die Prinzipale offensiv vor- gingcn; die Gründung des Prinzipalvereins ist jüngeren Datums und defensiven Charakters. Hr. Brentano befindet sich mit seiner Forderung im Einklänge mit den Intentionen des Verbandsaus schusses. Auch dieser hat oft und feierlich erklärt, er wünsche nichts sehnlicher als die Cooperation der Vorstände des Verbands und des Vereins. Aber die Leiter des Verbands haben es sich selbst zuzu schreiben, wenndieLeiterdesVereins zu den Erfolgen eines solchenZu- sammcngehensbisherwenigVcrtrauenfaßtcn. Esmag ein Fehler sein, aber cs liegt nun einmal in der menschlichen Natur, daß man nicht gern mit Leuten schmollirt, von denen man wiederholt aus Bosheit oder Ungeschicklichkeit aus den Fuß getreten worden ist. Und der Verband hat sich derartige harmlose kleine Scherze den Prinzipalen gegenüber sehr oft erlaubt. Wir halten uns bei unfern Behauptun gen streng an die Thatsachen und greifen deshalb nach dem Vereins organ, „Der Korrespondent". Gleich in Nr. 3 vom Jan. d. I. finden wir folgendes Pröbchen im amtlichen Theile: „Geschlossen wurde die Bnchdruckerei von A. Littmann in Oldenburg wegen der unverhältnißmäßig großen Zahl von Lehrlingen sowohl, als auch weil bei deren Auswahl weder auf die körperliche noch geistige Fähigkeit zum Geschäft Rücksicht ge nommen wird." Der Verband hat also die Freundlichkeit, Hrn. Littmann's Geschäft zu schließen, und zwar weil Hr. Littmann über die An nahme von Lehrlingen anderer Ansicht zu sein beliebt als der Verband. Zwar wird die Osficin nur für Verbandssetzcr geschlossen, aber wenn, wie der Leipziger Ausschuß behauptet, ^ der gcsammten Gehilfenschaft dem Verbände angehören, so ist dieser Streich jeden falls ein recht empfindlicher Fußtritt für den dadurch betroffenen Prinzipal. Und man glaube nur nicht, daß der Verband solch einen Ukas, wie den eben mitgethciltcn, bloß pro lorma erläßt, daß er bloß beabsichtige, Hrn. Littmann in freundschaftlicher Weise, wenn auch in etwas ungewöhnlicher Form, zur Beachtung der Vcrbandsrcgeln aufzumuntern! Behüte der Himmel! Man möge dem Verbände nachsagen, was man wolle: — Nachsicht und kindische Schwäche war nie die Falle seiner Tugend! Gleich in einer der nächsten Nummern finden wir ein Vcrzcichniß von Gehilfen, die aus dem Verbände ausgestoßen wurden, weil sic in „geschlossenenOfficinen" Arbeit genommen hatten. Der Verbandsausschuß decretirt, die Mitgliedschaft gehorcht. Es ist Tritt in der Compagnie, das muß man den Herren lassen! Aber auf einen Fehler müssen wir die Führer des Verbandes in ihrem eignen Interesse aufmerksam machen: sie vcrrathen ihren Fcldzugsplan. Im „Korrespondent" wird schon jetzt die Absicht enthüllt, künftig nicht bloß Lohnerhöhung, sondern einfach „Gcwinu- betheiligung" von Verbands wegen zu fordern und, wenn nöthig, zu erzwingen. Das ist unpraktisch. „Dies muß uns schaden bei den Gutgesinnten." Die Prinzipale sagen jetzt schon (in einer in den „Annalen" veröffentlichten Erklärung), man wisse nicht mehr, wer eigentlich das Geschäft disponire, ob der Eigciithümcr oder die Herren Gehilfen. Durch solche Unvorsichtigkeiten, wie die hier eben erwähnte, wird das Publicum zu Gunsten der Prinzipale ein genommen. Aber was schadet das! Die Gehilfen haben ja die Meinung des Hrn. Brentano für sich! Hr. Brentano ist der Ansicht, daß „die Bethciliguug der Arbeiter bei der Abschließung des Lohuvcrtrags das Bestehen eines Gcwcrkvcreins voraussetze". Als wir neulich einen unserer Freunde begriffen in Unterhandlungen mit seinem Bedienten über Auflösung oder Fortsetzung des „Kauf vertrages" antrafen, citirten wir das Brcutano'schc Axiom. Er bestritt dasselbe. Offenbar existirt ein Gcwerkverein der Bedienten. Wir kennen ihn bloß nicht. In dem Verlangen eines Theils der Prinzipale, daß ihre Gehilfen aus dem Verbände ausärcten möchten, erblickt Hr- Brentano eine Auflehnung gegen das von der Gesetzgebung den Arbeitern garantirte Coalitionsrecht. Nach unserm Ermessen handelt es sich lediglich um die Frage, ob ein Prinzipal berechtigt sein soll, in seiner Osficin nur Nichtverbandssctzer zu beschäftigen. Eine von der Gesetzgebung „garantirte" Koalitionsfreiheit gibt es überhaupt nicht. Im Gegenthcile wird den Koalitionen der Arbeit geber und Arbeiter durch die Bundesgewerbeordnung ausdrücklich jeder Rechtsschutz versagt. Nach der Gewerbeordnung ist der Arbeitsvertrag und ins besondere die Kündigungsfrist Gegenstand der freien Vereinbarung. Der Verband hat neulich alle diejenigen Leipziger Setzer mit dem Ausschluß bedroht, welche eine längere als achttägige Kündigungs frist eiugehen. Nach der Rechtscasuistik des Hrn. Brentano lehnt er sich damit gegen ein von der Gesetzgebung geschaffenes „Recht" der vertragschließenden Parteien auf. . . Resumiren wir. Der Verein hat sich in einer Weise geberdet,
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