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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.04.1873
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- Erscheinungsdatum
- 26.04.1873
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- Deutsch
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95, 26 April. Nichtamtlicher Theil. 1531 Feder in die Hand zu drücken. Auf mehr aber wollte sie sich nicht einlassen, und immer wies sie cs zurück, wenn man von der kleinen Schrift sprechen oder gar sic deshalb loben wollte. Es ist eine schöne, wahrhaft freudig erfüllte Ehrenpflicht des Schreibers dieser Zeilen, der Verstorbene» als Schriftstellerin diejenige» Ehren zuzuweisen, welche sie in Anspruch nehmen darf. Die Schreckenstage waren vorüber, der Jubel der Begeisterung über die Befreiung war verhallt. Das altgewohnte Dasein und Wirken trat in seine früheren Rechte. Für Elise Campe hatte sich mit ihrer Verheirathung ei» gesell schaftlicher Kreis erschlossen, welcher für sie das ureigenste Lebens element war und blieb. Deutschlands Buchhändler haben mehr als einmal den Mittelpunkt gebildet für die Vereinigung ausgezeich neter Geister: so war es hier wieder. Seit ihrer Verlobung war Elise in brieflichen Verkehr getreten mit F. L. W. Meyer, der in Bramstcdt wohnte, dem späteren Verfasser des merkwürdigen Buches über F. L. Schröder. Diese bereits aus dem Elternhause datirende Freundschaft dauerte fort bis zu Mcyer's Tode, ja, sie leuchtete — wie später gezeigt werden soll — eben dann erst recht hell aus. Mit dem Schauspieldirector Schröder wurde Elise ebensowohl bekannt, wie mit den Enkeln jenes Hermann Samnel ReimaruS, den die ge bildete Welt jetzt als den Verfasser der „Wolfcnbüttel'schcn Frag mente", Lessing-Götzc'schen Angedenkens kennt. Das Andenken an ^ Fran Sievcking, geborene Rcimarus, die Mutter des erst kürzlich gestorbenen Bürgermeisters von Hamburg, nannte Elise Campe stets „das höchste Glück ihres Lebens". Bald war keine literarische Celebrität, welche etwa vorübergehend nach Hamburg kam, die nicht im Campe'schen Hause eingeführt worden wäre, und machte die Hausfrau Reisen, so knüpfte sie auch auswärts die Bekanntschaft be rühmter Capacitäten der Schriftstellcrwelt an. So lernte sie im Jahre 1810 zu Carlsbad Goethe kennen, den sie dann zu Jena im Frommann'schen Hanse wicderfand. Auch andere Bekanntschaften machte sie in Frommann's Hause, dessen Wirthin eine Hambnrgcri» (gcb. Wesselhöft) und in welchem auch Gries, der geborene Ham burger, verkehrte. Letzterer blieb dem Campe'schen Hause, auch nachdem er wieder in die Vaterstadt znrückgekehrt war, unverbrüchlich treu. Er sollte an Frau Elise Campe 1855, nach seinem Hinscheiden, eine treffliche Lebensbeschreiberin finden: „Aus dem Lebe» von Johann Diedcrich Gries, nach seinen eigenen und den Briefen seiner Zeitgenossen" heißt ein zweites literarisches Product der Verstorbenen. Dem freisinnigen, geistvollen Ucbersctzcr, dem reichbegabten Dichter ein würdiges bio graphisches Denkmal gesetzt zu haben, ist Elise Campe's Verdienst. Ihr treffliches, leider nur in beschränkter Anzahl von Exemplaren als Handschrift gedrucktes Buch ist ein Muster von Biographie: in elegantem, leichtflüssigem Styl werden uns mit treuer Benutzung der in Gries' Nachlaß Vorgefundenen Notizen und Briefe die denk würdigsten Einzelnhciten aus des Dichters Lebe» erzählt, und wohl verdiente das treffliche Buch eine weitere Verbreitung, als cs insolge der allzuweit getriebenen Bescheidenheit der auch yicr wieder anonym gebliebenen Verfasserin erhalten tonnte. So waren unter steter geistiger Anregung im eigenen Hause, wie in srcmdeu bedeutende» Kreisen Elisen Campe zwölf glückliche Lebensjahre verstrichen, als sie de» heißgeliebten Vater durch de» Tod verlor. Am 5. Februar 1818 starb Benjamin Gottlob Hoff man» nach kurzem Krankenlager. Fortan war Elise Campe auf ihre» Gatten allein angewiesen, mit dem sie in glücklichster Ehe lebte; der Mangel an eigenen Kindern wurde durch Adoption ei»er Pflegetochter ersetzt. Die bnchhändlerischcn Geschäfte hatten nach der Occupatio» wieder Aufschwung genommen, so zwar, daß dem kränkliche» August! Campe das Sortimentsgeschüst zur drückenden Last ward. Mit dem ^ Jahre 1823 »bergab er dasselbe daher mit der Firma Hoffmann L Campe seinem jüngeren Halbbruder Julius Cnmpdxnnter alleinigem Namen sorlan das Verlagsgeschäft sortführend. Ties nahm ly» zwar in Anspruch, ließ ihm aber doch Muße, seinen literarischen Neigungen zu folgen; namentlich beschäftigten ihn Sprachstudien. Den Plan, mit seinem Freunde Llovd ein großes kritisches englisch-deutsches Wörterbuch hcrauszugcbe», hinderte nur der Tod. Dieser erfolgte 18 Jahre »ach dem Ableben B. G. Hoffmaun's — im Jahre 1836 am 22. October, dem Todestage Joachim Heinrich Campe's. Elise Campe war Wittwe. Vier Jahre später, am 1. September 1840, starb auch der Freund, welchem Elise Campe bis zu dessen letztem Hauche treu zu- gethan geblieben: F. L. W. Meyer in Bramstedt. Innigste Wechsel beziehungen hatten zwischen ihr und ihm gewaltet; das edelste Zcug- niß derselben ist ein starker, noch vorhandener Briefwechsel, in welchem der geistvolle Mann sich gegen die bedeutende und kluge Frau über fast alle Frage» literarische» und religiösen Charakters aussprach, welche das öffentliche Leben im zweiten und dritten Decennium un seres Jahrhunderts bewegten. Tief schmerzlich empfand EliseCampe den Verlust Meyer's; es wird daher nach dem bereits Gesagten nicht überraschen, wenn wir die einsam gebliebene Frau beschäftigt sehen, dem Geschiedenen in ähnlicher Weise einen literarischen Denk stein zu errichten, wie dieser ihn zwciundzwanzig Jahre früher seinem Freunde, dem große» Schauspieler Schröder errichtet hatte. So entstand 1841, zuerst gedruckt als „Handschrift für Mcyer's Freunde", Elise Campe's Buch: „Zur Erinnerung an F. L. W. Meyer, den Biographen Schrödcr's. Lcbensskizze, nebst Briefen von Bürger, Förster, Göckingk, Götter, Herder, Heyne, Schröder u.A. ZweiTheilc. Braunschweig 1847, Viewcg L Sohn". Der nächste Zweck dieser Mitthcilungcn war, den Nachkommen das Gedächtnis; cincsManncs zu erhalten, der sich weder durch große Thatcn, bände reiche Gcistcswerke, noch sonst Aussehen erregende Begebenheiten seines Lebens auszcichnete, dessen geistige Persönlichkeit aber cigcn- thümlich war und unstreitig mannigfache Einwirkung ans ihre Mit menschen geübt hat. Mit den Besten seiner Zeit, in einem weiten Kreise, nahe und innig befreundet, hinterließ Meyer einen sel tenen Schatz von interessanten Briefen, welche Frau Elise Campe veröffentlicht hat: ihr Buch über Meyer gehört zu den hervorragend sten Werken der biographischen Literatur. Nicht lange nach Meyer's Tode wurde Hamburg von dem ent setzlichen Brande hcimgesucht; mit so viel Tausenden verlor auch Elise Campe ihre beste Habe. Ties beklagenswerth ist namentlich der Verlust an Büchern und Handschriften, der Frau Campe damals betraf. — Erst nach dem Brande fing sie an, jene in der Sammler welt so renommirte Autographcnsammlung anznlegen, welche in nicht weniger als 1400 Mappen Handschriften der berühmtesten Männer enthält. Im Jahre 1850 machte Elise Campe für das „Lexikon Ham- bnrgischer Schriftsteller" für den zweiten Buchstaben des Alphabets aus einen Mann aufmerksam, dessen Andenken ihr der Erhaltung würdig schien. Es war dies Johann Nikolas Böhl, der „Johannes" aus Campe's Robinson, hochverdient durch seine gelehrten For schungen aus dem Gebiete altspnnischer Poesie. Der kurze Artikel in jenem Lexikon ward Anregung zu Frau Campe's letzter literarischer Thal: „Versuch einer Lcbensskizze des Johann Nikolas Böhl von Fabcr, nach seinen eigenen Briefen". Geschrieben 1858, ward auch dies kleine Werk nur als Handschrift gedruckt ; es theilt mit dem Buche über Meyer und Gries alle Vorzüge großer Frische, eleganten StylS und übersichtlicher, geistvoller Darstellung. Die öffentliche Wirksamkeit schloß damit für Elise Campe ab. zwei Jahre später sollte ein Schicksal sic heimsuchen, welches die geistig noch bis zu ihrer letzten Stunde überaus regsame Frau wäh 205*
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