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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.04.1873
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- Erscheinungsdatum
- 26.04.1873
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- Deutsch
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1530 Nichtamtlicher Theil. 95, 26. April. hat, immer einsamer und einsamer steht. Auch Elise Campe ist von diesem allgemeinen und natürlichen Mcnschcnloosc keine Ausnahme gewesen ; ein jüngeres Geschlecht hatte sie säst ganz vergessen -, die lite rarischen Verdienste der Verstorbenen waren nicht einmal bekannt, geschweige denn gewürdigt. Um so mehr ist es geboten, Ehre Dem zu geben, dem Ehre ge bührt. Der Versuch sei unternommen, den Nachweis zu geben, eine wie reiche, edle und hochbegabte Natur es war, welche am 27. Febr. die Augen schloß zum ewigen Schlafe. Bei der Vereinigung der beiden Namen „Hoffmann" und „Campe" denkt gewiß Jeder sogleich an die bekannte Buchhändlcr- firma „Hoffman» L Campe". In der That ist cs richtig, daß die Ver storbene, deren Name an der Spitze dieser Zeilen steht, die innigsten Beziehungen hatte zu jener Buchhandlung. Tochter des Gründers derselben, Benjamin Gottlob Hoffmann's, war sie vermählt mit August Campe; dieser gesellte dem Namen seines Schwiegervaters 1808 den seinigen bei und seit jener Zeit existirt in den Annalen des Buchhandels die noch heute florirende Firma „Hoffmann L Campe". Benjamin Gottlob Hoffmann, Frau Campe's Vater, 1748 zu Steinau an der Oder geboren, war ursprünglich dem Kaufmanns stande bestimmt; ein reiner Zufall ließ ihn in die Korn'schc Buch handlung in Breslau eiutreten. Vor etwa hundert Jahren wanderte er in Hamburg ein und trat als jüngster Commis in die Bohn'sche Buchhandlung, in der er sieben Jahre verblieb. 1781 trat Hoffmann mit einem französischen Buchhändler Virchow in Compagnieschaft; als dieser später Hamburg mit Paris vertauschte, setzte Hoffmann das Geschäft selbständig fort. Im Jahre 1785 war der ursprüng lich gänzlich Mittellose in der Lage, einen eigenen Herd zu gründen, und heirathete eine Hamburgerin, Elisabeth Ruperti. Das erste Kind dieser Ehe war die jetzt Verstorbene, welche am 12. Juni 1786 geboren ist. Elise Campe war ein Kind, als ein sranzösischcr Abbe, durch die Revolution aus Paris vertrieben, ihre Eltern besuchte und von den Greueln Robespierre's, Marat's, Danton's, von der Hinrichtung Ludwig XVI. lebendig zu erzählen wußte — so lebendig, daß noch achtzig Jahre später der Inhalt dieser Unterredung dein treuen Gedächtniß der Verewigten niit allen Einzelnheiten gegenwärtig war. Obwohl bei der Geburt sehr schwächlich und zart, gedieh Elise doch und wuchs zur Jungfrau Hera». Zwei nach ihr geborene Ge schwister starben; die ganze Liebe der Eltern hatte sich also auf die einzig amLeben gebliebeneTochter concentrirt, deren reicheGemüths- und Geistesgaben sich schon früh im Keime zeigten. Die schwere Zeit, welche nach der Schlacht bei Jena für Deutsch land und ganz besonders auch für Hamburg hereinbrach, ward Elisen dadurch erleichert, daß ihre Schultern die Last nicht allein zu tragen brauchten; 1806, kurz ehe der namenlose Jammer des Krieges über unser Vaterland hereinbrach, heirathete sie den Buchhändler August Campe. Dieser, am letzten Februar 1773 — nahezu genau dem näm lichen Tage, an welchem hundert Jahre später seine Wittwe starb — zu Deensen bei Holzminden geboren, war der dritte Sohn von Friedrich Heinrich Campe, älterem Bruder des weltbekannten Joachim Heinrich Campe, Bearbeiters von Defoe's Robinson. — Friedrich Heinrich Campe, August's Vater, war Jurist ; ein origineller, freisinniger Mann, der seine tüchtigen Gesinnungen auf seine Kinder vererbte. Nachdem er in Holzminden gute Schulbildung genossen, trat August Campe in die Buchhandlung des Oheims, die „Schul buchhandlung" zu Braunschweig, als Lehrling ein. Als Neffe des Besitzers der Handlung ward er natürlich auch in dessen Familie gezogen; der Anregungen, welche Joachim Hein rich Campe und dessen Ehefrau dem Strebenden gaben, gedachte dieser noch im Alter aufs wärmste: ein Werdender wird immer dankbar sein. — Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts ging August Campe zuerst nach Berlin, wo er im Geschäfte Friedrich Vieweg's (desselben, der später Joachim Heinrich Campe's aus deni Robinson allbekannte Tochter Lotte heirathete und nach Brannschweig über- fiedclte) thätig war, dann nach Paris und endlich nach Hamburg. Hier gründete er sogleich selbständig ein« Buchhandlung, deren erster Verlagsartikcl Bonapartc's „Tagebuch aus Egypten" wurde und zwar in einer von dem jungen Verleger selbst angefertigten Ucber- setzung. So kam das Jahr 1806 und mit ihm die Verbindung August Campe's mit Elise Hoffmann. Die Flitterwochen wurden deni jungen Paare nichts weniger als versüßt durch sechs Maun französischer Einquartierung, mit welcher August Campe belegt ward. Es war das erste schwer empfundene Zeichen drangsalvollcr Zeit, deren schlimmsten Stürmen man cntgegcnging. Die junge Hausfrau selbst wurde zwar mit den Franzosen leidlich fertig: sie war der fremden Sprache mächtig und wußte sich — geübt durch zahlreiche Bekannt schaften, welche die Emigrantenzeit gebracht hatte — sehr gewandt in derselben auszudrücken. Desto schlimmer heimgcsucht wurden Vater und Gattte. Aus Perthes' Leben kennt man die endlosen Chikaue», denen besonders die Hamburger Buchhändler zur Franzoscnzeit ausgcsctzt waren. Auch B. G.Hoffmann entging der Verfolgung nicht und ward wegen einer unbedeutenden Phrase in einer von ihm verlegten Gram matik von Gendarmen überfallen uud zur Rechenschaft gezogen. Seines Schwiegersohnes besonnenes Benehmen in dieser Angelegen heit, die glücklicher Weise unter dem friedliebenden Gouvernement Bcrnadotte's stattfand, beendete alles auf die schonendste Weise. In dessen waren cs eben diese Vexationen, welche Elisens Vater be wogen, sich mit seinem Schwiegersohn gänzlich zu verbinden, der nun alle Verhandlungen mit den französischen Behörden übernahm. Es gehörte große Lust und Liebe zur Sache dazu, um während der entsetzlichen Jahre von 1806 bis 1813 unter dem steten Schreck, der beständigen Angst, welche die fremden Peiniger rege zu halten wußten, allen Widerwärtigkeiten zum Trotze muthig auszuharrcn. August Campe verlor die Lust und Liebe nicht, und wenn er auch in seiner Wirksamkeit nicht so öffentlich hervortrat und nicht so frucht bringend und folgenreich in die Geschicke seiner Vaterstadt mit cin- griff wie Perthes, so entzog er sich doch der Mitwirkung bei keinem Anlaß, wo er im Stillen zum allgemeinen Besten beitragen konnte. Daß Elise Campe an all diesen Ereignissen den lebendigsten Antheil nahm, würde man annehmen dürfen, auch wenn aus jener Zeit nicht das erste Product ihrer Feder, welches eben auf die Schreckensperiode unmittelbar bezüglich ist, stammte. Es ist dies ein kleines, jetzt vergriffenes Buch: „Hamburgs außerordentliche Be gebenheiten und Schicksale in den Jahren 1813 und 1814 während der ersten Besitznahme durch den Gdneral Tettenborn bis zum allge meinen Frieden. Hamburg 1814,B.G.Hoffmann'sche Buchhandlung." In gefälliger Form, übersichtlich und klar erzählt die Verfasserin, was sie erlebte; sie erklärt sich weder für berufen, den gordische» Knoten verwirrter Politik zu lösen, noch sich auf ein Wie und Warum einzulassen; nur eine Schilderung, keine Meinung will sie geben, denn ein Historiograph dieser denkwürdigen Tage werde sich schon finden. — „Bis dahin will ich mich wohl zu den Berufenen, aber durchaus nicht zu den Auserwählten zählen." Aus der letzten Wen dung ersieht man eine der hervorstechendsten Eigenschaften Elise Canlpe's: deren Bescheidenheit. Mochte die Anerkennung, welche das Buch fand, noch so groß sein: nie, weder bei dessen Erscheinen, noch als 1863 die Zeitungen wiederholt davon sprachen, hat sie sich als dessen Verfasserin genannt. War doch sogar große Ueberredung des Vaters wie des Gatten nöthig gewesen, Elisen überhaupt die
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