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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.09.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-09-19
- Erscheinungsdatum
- 19.09.1917
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- Deutsch
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- Saxonica
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Redaktioneller Teil. iv. L-epiemoer ivi?. Das Impromptu der Hauptversammlung zu K 7 der Verkaufsordnung. Die Majorität ist heute sllr manche aufgeklärte Geister eine Art von Gottheitsersatz. Sie weiß alles; sie kann alles; von ihrem Willen hängt überall und immer jede menschliche Ent scheidung ab. Ihre Ersatz-Eigentümlichkeiten zeigen sich freilich an allen Ecken und Enden, und unverantwortliche Zusalls- majoritäten fassen fleißig Beschlüsse^ die in der Sphäre der In telligenz von Weisheit ebenso entfernt sind wie auf der Erd kugel Nordpol und Südpol. Der Börsenverein hat sich, wie Versammlungen sachverständiger und erfahrener Männer ge wöhnlich, von solchen Stegreifbeschlllssen bisher fast ganz frei gehalten, und es wurde früher dafür gesorgt, dass kein Beschluß zur Abstimmung kam, der nicht sorgfältig durchdacht und durch- deratcn, namentlich auch in seiner Tragweite vollständig klar gelegt war. Mit dieser schönen Überlieferung hat die Haupt versammlung 1917 leider gebrochen. Der angeblich so harm lose Beschluß, in Z 7 der Verkaufsordnung aus einer 25 eine 30 zu machen, war ein Stegrcifbcschluß schlimmster Art. Die Art, wie hierbei der Verlag durch eine Zufallsmehrheit aus dem Handgelenk niedergestimml wurde, läßt das Märchen von den »im Börsenverein ausschlaggebenden Verlegern« in sonderbarem Lichte erscheinen. Nicht einmal der Sinn des Beschlusses ist klar. Was heißt »weniger als 30 Prozent Rabatt«? Ist Bar- oder Rechnungs rabatt gemeint? Sind 25 Prozent und 7/6 weniger, auch wenn fast jeder eine Partie beziehen kann? Soll der Auchbuchhändler wirklich sich über Zurücksetzung beschweren können, wenn ihm der Verleger »nur« mit 25 Prozent liefert, da er eigentlich 30 Prozent beanspruchen kann? Soll der Aufschlag auch Be hörden und Bibliotheken gegenüber Anwendung finden, die eben erst in die Aufhebung des bprozentigen Behördenrabatts ge willigt haben? Soll er auch bet Zeitschriften Anwendung fin den? Auch bei Schulbüchern, namentlich für die Volksschulen? Auch wenn der Ladenpreis aufgedruckt ist? Soll der Sorti menter, der eine ihm ins Haus getragene Bestellung auf ein Werk von 200 «ff Ladenpreis aussührt, 210 »kt verlangen können, weil er sonst »nur« 50 «Ä brutto bei diesem Geschäft verdient? Und wie hoch soll der Aufschlag sein? Und wie steht's, wenn von zwei Sortimentern in einem Ort der eine sich für einen Verleger verwendet, der andere nicht? Dieser erhält nur 25 Pro zent, jener aber 30 Prozent und mehr. Dann erhebt der eine diesen Aufschlag; der andere nicht, nicht wahr? Oder ist der Verleger gezwungen, beiden mit 30 Prozent zu liefern, damit nicht — beide den Aufschlag erheben? Das ist so eine kleine Blütenlesc von Fragen, die beliebig vermehrt werden könnte; Fragen, die eigentlich keine sind. Denn der Wortlaut des Be schlusses bejaht sie sämtlich. Aber auch ein Buchhändler? Bei dcifj 25 Prozent-Rabatt konnten alle solche Fragen ruhig außer acht gelassen werden. Unter diesem allgemein anerkannten Minimalrabalt wurde und wird nur ausnahmsweise geliefert, und es kam in diesen wenigen Fällen praktisch nicht in Be tracht, ob und wie ein Aufschlag erhoben wurde. Durch die Proklamierung von 30 Prozent zum Minimalrabatt, die den Tatsachen einfach ins Gesicht schlägt, wird aber ein großer Teil der Literatur, bei der wissenschaftlichen sogar der über wiegende, von der Bestimmung des A 7 betroffen, fällt unter sie ein erheblicher Teil des Gesamtumsatzes eines Sortimenters. Es ist deshalb durchaus nicht mehr gleichgültig, ob dieser von dem ihm eingeräumten Recht Gebrauch macht oder nicht. Eine umfangreiche Anwendung dieses Rechts würde vielmehr für eine» großen und sehr wichtigen Teil der Literatur der Auf hebung des Ladenpreises gleichkommen mit all ihren schädlichen Folgen für den Gesamtbuchhandel. Der Beschluß steht ferner im schroffen Widerspruch zu dem gerade nach dieser Richtung über jeden Zweifel erhabenen Ge- brauchsrecht. Dieses abändern wollen dadurch, daß man einen ihm widersprechenden Beschluß faßt, offenbart nur die völlige Verständnislosigkeit für die Grenzen, die der Gottheit »Majori tät« gezogen sind. Mau könnte geradesogut versuchen, einen Gegenstand dadurch zu ändern, daß man sein Spiegelbild än- 1094 dert. Gerade umgekehrt wird ein Schuh daraus! Wenn jetzt irgendeine Zufällsmajorität beschließen wollte, daß die Bücher nicht mehr frei Leipzig, dafür aber unter Berechnung der Ver packung zu liefern seien, so würde dieser Beschluß an den be stehenden Verhältnissen gar nichts ändern; er würde vielmehr einfach ungültig sein, weil er sich in Widerspruch zu festem. Gebrauchsrecht setzt. (Zommou lacv geht vor Statuts laiv; in obigem Sinne nicht nur in England! Wenn Herr Nitschmann diesem Sachverhalt.aus dem Wege zu gehen glaubt damit, daß er meint, Gebräuche könnten nicht »bis in alle Ewigkeit kon serviert«, und deshalb müsse an der Formulierung des Ge brauchsrechts geändert werden, so wird ec mit solcher Logik Wohl nur bei ganz Gedankenlosen Eindruck machen. Durch Änderung der Gebräuche ändert sich auch das Gebrauchsrecht; nicht aber umgekehrt. Würde z. B. die direkte Lieferung mit Vergütung des halben Portos so allgemein üblich, daß dagegen die Lieferung über Leipzig ganz zurückträte, so hätte sich das Gebrauchsrecht geändert, und man würde dann — aber auch erst dann — den Z 18 der Verkehrsordnung ändern können. Nie mand aber wird glauben, durch eine Änderung der Verkehrs ordnung den Verleger zur Vergütung des halben Portos bei direkten Sendungen zwingen zu können. Wer da glaubt, daß sich die Handelsgebräuche in ihrer Entwicklung nach Paragra phen richten, der verrät wenig Verständnis für die bestimmen den Kräfte im Wirtschaftsleben. Aber auch abgesehen von seiner Unklarheit und Rechjs- widrigkeit ist der Beschluß zu Z 7 so widersinnig, daß selbst diejenigen, zu deren Gunsten er gefaßt wurde, sich mit Händen und Füßen gegen ihn wehren. Nicht nur, daß von sehr beacht licher Sortimenterseitc die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Erhöhung bestritten wurde, auch Herr Nitschmann hat drin gend davor gewarnt, »auf einen so schwankenden Boden zu treten«; hat erklärt, daß dieser Beschluß »gar nicht in Er wägung gezogen« werden könne. Und mit Recht. Man mag über die Anträge Nitschmann und Genossen denken wie man will: daß sie ein geschlossenes, folgerichtiges Ganzes bilden, wird man zugeben müssen. Ihre Annahme und straffe Durchführung würde zwar, wie wir überzeugt sind, letzten Endes auf eine schwere Schädigung des Sortiments hinauslaufen; eine klare Sach lage aber würden sie geschaffen haben. Der von der Haupt versammlung an ihre Stelle gesetzte Beschluß dagegen erreicht nicht nur seinen Zweck, sondern würde — wenn durchgeführt — den schlimmsten Wirrwarr schassen und gerade die Zustände wieder herbeiführen, die durch die Krönersche Reform im Inter esse des Sortiments in 30jähriger mühsamer Arbeit glücklich nahezu beseitigt sind. Hat beispielsweise die »göttliche Majori tät« in ihrer Allwetsheit sich klar gemacht, welche Rückwirkung es auf das Sortiment haben müßte, wenn der Verleger, durch Aufschläge gezwungen, seinen Ladenpreis auf den Titel druckt mit dem Zusatz: »falls beim Sortiment zu diesem Preise nicht erhältlich, postfrei vom Verlag«? Und damit offenbart sich eine Seite dieses Beschlusses, die geradezu humoristisch ist: Alle Beteiligten haben das dringende Interesse daran, daß er nur ja nicht etwa — ausgesührt wird! Er ist reine Schaufenster-Dekoration, wenigstens in Deutschland. Vergessen wir nicht, daß in Österreich mit seiner anders ge arteten Gewerbegesetzgebung manches richtig oder möglich ist, was bei uns ganz unmöglich ist. Welchen Wert hat bei uns das Recht der Erhebung eines Zuschlags für den Sortimenter, wenn dieser sich sagen muß, daß er durch dessen Anwendung nur seiner Konkurrenz — sei es am Platz, sei es auswärts — will kommenen Anlaß bietet, ihm durch Unterbietung das Geschäft wegzunehmen? Solange ein solcher Aufschlag nicht einheitlich, wenn auch geographisch begrenzt, durchgeführt und vom Börsen verein geschützt wird, ist er nur ein Danaergeschenk für den harmlosen Sortimenter, der ihn anwenden will. Ein Beschluß also, bei dem niemand weiß, was eigentlich mit ihm festgesetzt ist; ein Beschluß, bei dem nur eins ganz klar ist: seine Unvereinbarkeit mit dem in Kraft stehenden Gebrauchs rechte; ein Beschluß, vor dessen Anwendung jeder sorgsam sich hüten mutz, und der — wenn angewendet — das Gegenteil von dem erreicht, was er bezweckt: muß man nicht bewundernd
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