Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.09.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-09-19
- Erscheinungsdatum
- 19.09.1917
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19170919
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191709190
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19170919
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1917
- Monat1917-09
- Tag1917-09-19
- Monat1917-09
- Jahr1917
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
219, 19. September 1917. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. Meine Verleger und ich. (Zum 00. Geburtstage von Fedor v. Zobeltitz, 5. Oktober 1917.) Ter liebenswürdigen Aufforderung der Redaktion, im Hinblick auf meinen Sechzigsten laus dem ich mir sonst recht wenig mache) ein bissei von meinen Verlegern und mir zu plaudern, folge ich gern. Wer es nicht lesen will, kann es ja überschlagen- Ich muh freilich überlegen, wann ich anfing. Das war schon früh. Ich war erst um die Zwanzig herum und trug noch die Ulanka. Da mals war in Berlin eine Zeitung ins Leben gerufen worden, die hieß Neues Berliner Tageblatt«, und sie hatte ein sogenanntes Witzblatt als Beilage, für das Gntknecht als Zeichner engagiert war: die »Neuen fliegenden Blätter . Für diese »Neuen Fliegenden« schrieb ich meine ersten Geschichten, natürlich Humoresken aus dem Soldatenleben, die auch danach waren, aber trotzdem von dem Verlag — irre ich nicht, so war es W. Jßlcib — honoriert wurden, und zwar mit zehn Pfen niges! die Zeile. In dieser Schlinge fing ich mich. Als ich nun zur Reserve übergetrcte» war und bei der literarischen Stange bleibe« wollte, die mir in überguellender Phantasie eine Goldstange zu sein schien, schaute ich mich weiter nach Erwerbsmöglichkeiten auf die sem hübschen Gebiete um und wurde dabei von meinem lieben alten Freunde Or. Franz Hirsch wohlwollend ermuntert, der das »Neue Blatt« und den »Salon« redigierte. Da war A. H. Payne der Ver leger, der derzeit auch den von dem leider vergessenen und doch un vergeßlichen Konstantin von Grimm begründeten »Puck« herausgab, in den: ich meine erste größere Dichtung, eine poetische Erzählung, gedruckt sehen konnte. Mit Payne war damals sich spreche von da mals) ein etwas schwerfälliger Hoiwrarvcrkehr immerhin, der Verkehr war da. Natürlich fand ich nm diese Drehe anch noch andere schriftstellerische und jonrualistische Verbindungen mancherlei Art, die ich übergehen will, nm ans meine erste Buchtat zn kommen, ein schmächtiges Bändchen lockerer Reime, das in der Hclwingschen Buch handlung in Hannover erschien, deren Besitzer, ein eleganter Herr namens Mierzinsky, mich auch einmal besuchte und zu einem sehr guten Essen mit Sekt bei Hiller einlnd, was mir eine hohe Achtung vor dem deutschen Verlegerstand abnötigte. Dann übernahm ich für etwa zwei Fahre eine Redaktion: die der »Unteroffizier-Zcitnng«, die indessen keinen Champagner abwarf. Besitzer war Gustav von Gla- senapp, ein früherer Husarenoffizier, in dessen Verlage Militaria auch die »Neuen Militärischen Blätter« erschienen, deren Mitarbeiter ich gleichfalls war. Er war ei» ungemein liebenswürdiger Mensch und ei» reizender Gesellschafter, steckte aber ewig in Finanznöten; es kam vor, daß er den Inhalt seiner seidengehäkelten Börse brüderlich teilte, wenn man eine schüchterne Gehaltsfrage an ihn richtete. Meine zweite Nedaktionsstellung war bei »Schorers Familien- blatt«, zu dem mich Otto Hammann brachte, der nun als Exzellenz der Ruhe pflegt. Der Jonkheer van Schorer war ein seiner, reicher Holländer, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, sein großes Vermögen i» einem deutschen Familienblatte an-, nieder- und festzulegen. Mein Nachfolger in der Redaktion wurde zunächst Jnlins Lohmeycr, für dessen »Schalk ich mancherlei geschrieben hatte. Überhaupt glitt meine Feder nun schon recht flüssig über das Papier und gebärdete sich noch lebhafter, seit ich zu den von Hermann Schönlein in Stuttgart heraus- gegcbeneu Blättern »Buch für Alle«, »Chronik der Zeit« und »Biblio thek der Unterhaltung und des Wissens« in Beziehung getreten war. Zu jener Zeit gehörte Schönlein zu den wenigen Verlegern, die sofort nach Annahme der Manuskripte honorierten und bei beendetem Abdruck nach bestimmten Sätzen auch noch immer eine Nachzahlung bereithiel ten. Es war ein sogenannter prompter Geschäftsverkehr mit Stutt gart. Eine Anzahl der für Lchönlein gelieferten kleinen Erzählungen stellte ich als Bändchen unter dem- Titel »Märkischer Sand« zusammen und übergab ihn einem jungen Dresdener Verleger, Karl Neißner. Meinen ersten Roman aber ließ ich im Verlage von Friedrich Luck- hardt erscheinen, der in Berlin das konservative Deutsche Tageblatt« in den Wirbel der politischen Stürme geschoben hatte, eine Zeitung, deren lokalen Teil und später deren Feuilleton ich ein paar Jahre gemeinsam mit Hans Herrig redigierte. Lnckhardt war eine sehr an genehme Persönlichkeit, ein freundlicher, gütiger und gefälliger Mensch, aber geschäftlich ein großer Phantast. An seinem erstaunlichen Opti mismus ist er dann auch zugrunde gegangen. Meine drei ersten Buch- vcröfsentlichungen hatten übrigens nnr den Erfolg, hcranszukommen. Einen Geldschrank habe ich mir ihrethalben nicht angcschafft. Nnn ging es immer flotter mit der Schreiberei. Einen bei Schönlein erschienenen Roman von mir bekam ich in Buchform nur in englischer Übersetzung zu Gesicht. Ein amerikanischer Verleger hatte ihn unter dem Titel »Invisible Hanä8« drucken lassen, und als ich höflich um mein Honorar bat, schrieb er mir zurück, ich möchte es mir persönlich holen, er wohne in San Francisco. Das war mir indessen zu weit und zn umständlich, und so ließ ich ihm denn seinen Raub. Gestohlen hat mir Amerika auch nachher noch genug, bis der Riegel des Copyright sich schwerfällig vorschob. Zwei andere Ro mane, »Karadi Nisa« und »Das Nessusgewand«, brachten Bruns in Minden und die Stuttgarter Deutsche Verlags-Anstalt, die ersten Bücher, für die ich auch Honorar einkassieren konnte. Inzwischen hatte ich bei der »Täglichen Rundschau« eine neue Nedaktionsstellung gefunden, deren Verleger, B. Brigl, ein höchst gewandter Mann, einer- alten Buchhändle^familie entstammte, die meines Wissens heute nicht mehr existiert. Von dort aus sprang ich zur »Illustrierten Fraucu- Zeitung« Franz Lippcrheides hinüber, eines Selfmademan bester Bedeutung, der es in einem Viertcljahrhundert vom armen Teufel zum vielfachen Millionär gebracht hatte. Auch seine Firma ist heute erloschen, aber der Name Franz Freiherr von Lipperheide lebt noch in der wunderschönen Sammlung zur Kostümgeschichte, die er dem Berliner Kunstgewerbemuseum vermacht hat. Sein einziger Fehler war, daß er zu viel mitredigierte und mit seinem westfälischen Hart kopf auch das Unmögliche durchsetzen wollte; sonst denke ich gern au diese» fabelhaft arbeitsame», intelligenten Mann, seinen fürstlichen Haushalt und seinen Tiroler Magnatcnsitz zurück. Ich brauchte nun allmählich nicht mehr die Verleger zu suchen: sie kamen zu mir. Zuerst Hermann Costcnoble aus Jena, ein netter aller Herr, mit dem man immer erst lange handeln mußte, aber dann doch endlich ins Reine kam, indes er unausgesetzt über die schlechte Gegenwart klagte und von der großen Vergangenheit der Gerstäcker, Bodenstedt, Hofer schwärmte. Und dann Otto Janke, der mit einem Nachlaßwerkc de la Motte Fougues anfing und in guten Zeiten Er zähler wie Mügge, Mundt, die unermüdliche Mühlbach, Brachvogel, Hesekiel, Alexis, Wachenhnsen, Raabe, Spielhagen, Scheffel, Meißner, die Lewald, Galen, Gutzkow und weiß Gott wen nicht noch alles au sich zu fesseln verstand. Den alten Kommerzienrat Janke habe ich nur »ungeschäftlich« gekannt, aber mit seinen Söhnen Gustav und Richard häufig geschäftlich und freundschaftlich verkehrt: zwei vornehme Men schen von etwas altvüterischer Solidität des Sichgebens. Nun die großen Zeitungen, die Wochen- und Monatsblätter der Firmen Spe- mann, Bong, Scherl, Vclhagen L Klasing, Neclam u. a. sich mir gern und bereitwillig öffneten, mehrten sich auch die Ver-<agsangc- bote. Mit dem »Schlagwort der Zeit« kam ich zu Fontane L Co., wurde dann von Egon Fleische! K Co. übernommen und habe mit den Herren Fleische! und Cohn mich über ein Dutzend Romane hin aus gut vertragen. Zwischendurch ließ ich auch einmal einen Roman bei Georg Elsner erscheinen, weil er in seinem Blatt »Bühne und Welt« zuerst vor die Öffentlichkeit getreten war, ein paar wieder bei der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart, einen bei der dor tigen Union und einen anderen, der zuerst im »Universum« zum Ab druck gekommen war, bei Neclam in Leipzig (eine mir auch freundlich in der Erinnerung stehende persönliche Bekanntschaft). Nicht minder angenehme Beziehungen verbanden mich mit I. Engelhorn und sei nem Nachfolger, die eine ganze Anzahl Bücher aus meiner Feder herausgebracht habe», und mit Carl Krabbe, der es ausgezeichnet ver stand, ältere Wevke^in illustrativer Auffrischung als gern gekaufte Neuheiten auf den Büchermarkt zu bringen. Neclam und Hermann Hillger erwarben für ihre billigen Volksausgaben gleichfalls ver schiedenes von mir; andere Romane meiner »ersten Periode«, die ich s. Z. mit Haut und Haaren verkauft hatte, schwirrten jahrelang wie Wandelsterne durch den Verlagsmarkt — einer tauchte schließlich in Kirsteins Kronen-Bücherei wieder auf, einer bei N. Eckstein, von einem dritten weiß ich überhaupt nicht, wo er seine letzte Druckruhe gefunden hat. Er ist mir nicht wieder in den Weg gekommen, doch muß ich hinzufügen, daß mich auch nicht nach ihm verlangt. Ausgezeichnet ebnete sich mein Verkehr mit Ullstein L Co. In der Reihe ihrer Eine- und Drei-Mark-Serien ivie in der ihrer Jugend- schriften, in denen sich die besten Namen unseres Schrifttums finden, sind letzthin viele meiner Werke erschienen, und ich kann nur sagen, daß ich in den 15 Jahren meiner Verbindung mit dieser Firma nie Grund zu einer Klage gehabt habe. Gleiche Dankbarkeit bewahre ich Vclhagen. L Klasing, die mir 1897 bei Begründung meiner den In teressen der Bibliophilen Deutschlands dienenden »Zeitschrift für Bücherfreunde« mit offenen Armen entgegenkamcn und sie ein dutzend Jahre öurchführten, obwohl die Eigenart des Blattes recht erhebliche Opfer verlangte. Meinen eigenen bibliophilen Neigungen entsprang auch die Herausgabe der »Neudrucke literarischer Selteuheitcu« bei Ernst Frensdorfs in Berlin, die wir cingehcn ließen, als der Ver leger sich vom Geschäft zurückzog. Wenn Sie, mein verehrter Herr Redakteur, mich also fragen, wie ich mich mit meinen verschiedenen Verlegern gestanden und vertragen habe, stehe und vertrage, so muß ich wahrheitsgemäß antworten: Ganz ausgezeichnet. Zwar wirft der eine oder andere von den alten Freunden mir gelegentlich vor, ich hätte ihn »treulos verlassen«, aber ich bin der Überzeugung, auch diesen Vorwurf, den ich mir gefallen lassen muß, hat noch keiner böse gemeint. Fedor v. Z o b e l t i tz. 1097
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder