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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.01.1873
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1873-01-08
- Erscheinungsdatum
- 08.01.1873
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Theil Das optische Verhalten von Fractur und Antiqua. (Schluß aus Nr. 1.) Diese Veränderungen erfahren aber weitere, sehr erhebliche Complicationeu durch den Umstand, daß auch die schmalen schwarzen Linien durch Bildung von Zerstrcuungskreisen au ihren Begren zungen breiter werden, sobald der Durchmesser der Linien im Netz hautbilde unter den Durchmesser der Zerstreuungskreise herabsinkt. Die nebengesetztc Figur veran schaulicht eine solche Complication. Der Durchmesser des mittleren weißen Streifens ist überall gleich groß; betrachtet man die Figur aber bei erheblich ungenauer Accommoda- tion, etwa in einer Entfernung, in welcher sie undeutlich zu werden be ginnt, und bei starker Beleuchtung, so wird man finden, daß der mittlere weiße Streifen eine birnförmigc Gestalt annimmt; während dessen Breite oben durch Bildung von Zerstreuungskreisen beeinträchtigt wird, nimmt sic nach unten durch Irradiation zu und verringert den Durchmesser der dunklen Flächen. Je nach der Form, den Größenverhältnissen und der Zusammen stellung der Hellen und dunklen Flächen entstehen auf diese Weise höchst mannigfache und complicirte Veränderungen. Man vermag sich am leichtesten von diesen Verhältnissen zu überzeugen, wenn man eine gut beleuchtete Druckschrift mit einer schwachen Lupe, wie solche z. B. zur Betrachtung von Photographien allgemein im Gebrauch ist, besichtigt. Hält man die Lupe unmittel bar vor das Auge zunächst in solcher Entfernung, daß die Schrift scharf begrenzt gesehen wird, und verringert oder vergrößert sodann die Entfernung bis zur Grenze der Erkennbarkeit, so werden die Formveränderungcn sofort in auffälliger Weise wahrnehmbar. Die Lupe wirkt hier wie ein unvollkommener Accommodationszustand. Es ist nun einleuchtend, daß einfache regelmäßige Figuren, wie quadratische, rechteckige, kreisförmige oder cllipso'i'dische, welche von Flächen und Linien mit constantem Durchmesser umschlossen werden, wohl in Bezug auf ihre scheinbare Größe Veränderungen erleiden, ungleich weniger aber bezüglich ihrer Form. Jrradiirt z. B. eine kreisförmige Helle Fläche, so ist die Jrradiationsfigur wiederum ein Kreis, nur ist der Radius desselben um eine gewisse Größe gewachsen. Quadrate und Rechtecke Verhalten sich nicht völlig analog, indem der Winkel abgestumpft werden kann, indcß nicht in dem Maße als dies bei spitzen Winkeln der Fall ist; auch wächst bei denselben meistens ein Durchmesser mehr als der andere. Es kann daher ein Helles Quadrat wohl als stehendes, ein dunkles als liegen des Rechteck und umgekehrt das Rechteck als Quadrat re. gesehen werden, doch ist dies für die Erkennbarkeit eines Schrifttypus von untergeordneter Bedeutung. Kommen dagegen unregelmäßige Vielecke oder Curven von unregelmäßiger Form in wirrem Durcheinander in Betracht, so gelten für deren Formveränderungcn alle oben erwähnten Folgerun gen, der Typus wird bis zur Unkenntlichkeit, sowohl durch die Irra diation, als auch durch die Mangelhaftigkeit des Distinctions-Ver- mögens kleiner Winkel und Krümmungen bei großer Entfernung des Objects, umgewandelt und das fortgesetzte Bestreben, genaue Accom- modation zu erzielen, erschlafft den Mechanismus und ermüdet daher das Auge ohne Erfolg. Eine Schrift wird daher osteris parilms in um so größerer Entfernung auch bei ungenügender Accommodation zu erkennen sein und bei der Entzifferung um so weniger das Auge ermüden, je mehr regelmäßige Figuren von quadratischer, rechteckiger, kreis förmiger oder ellipsoidischer Form, insbesondere die Augen derselben aufzuweiscn haben und um so geringer der Contrast zwischen den relativen Größenverhältnissen der benachbarten Hellen und dunklen Linien ist. Untersucht man von diesen Gesichtspunkten aus die optischen Eigenschaften der Fractur und Antiqua, so kann nicht der geringste Zweifel, bestehen, daß die Antiqua die weitaus bevorzugte Schrift gattung ist. Damit soll indeß keineswegs gesagt sein, daß die Anti qua in ihrer gewöhnlich angewcndeten Form den Bedingungen größtmöglicher Deutlichkeit entspräche. Die Vortheile, welche die Regelmäßigkeit ihrer Form zu bieten im Stande wäre, werden viel mehr oft nahezu aufgehoben durch ein höchst unzweckmäßiges Ver- hältniß der Haarstriche zu den Grundstrichen, sowie der Vertheilung von Licht und Schatten überhaupt. Ich komme zum Schluß auf die sen Gegenstand zurück. — Aus dem Mitgetheiltcu erklärt sich bereits hinreichend, wes halb die Antiqua bei den öffentlichen Inschriften eine fast ausschließ liche Anwendung findet. Die ungünstigen physiologischen Vor bedingungen, unter denen diese Inschriften zur Wahrnehmung zu gelangen Pflegen, sind es vorzugsweise, welche den Zwang ausüben, sich derjenigen Schriftgattung zu bedienen, deren Form am meisten geeignet ist, die schädlichen Einflüsse auf ihr Minimum zu beschränken. So sehen wir denn auch weiter die Erfahrung bereits vielfach auf die richtigere Gestaltung der Antiquabuchstaben hinführen, indem diejenigen Muster, welche mit den Namen EgYPtienne, Clarendon, Grotesque bezeichnet werden, immer mehr Verbreitung gewinnen. Beim Lesen unserer Druckschriften haben die erörterten Grundsätze ebenfalls Geltung; es besteht nur der Unterschied, daß die Verhältnisse, unter denen die Wahrnehmung stattfindet, ungleich günstigere sind. Wir können beim Lesen eines Buches nicht allein eine bei weitem genauere Accommodation erzielen, sondern vermögen auch in den meisten Fällen die Intensität der Beleuchtung zu regeln. Daraus folgt, daß die Bildung von Zcrftreuungskreisen kaum, die Erscheinungen der Irradiation nur in geringerem Grade in Betracht zu ziehen sind. Erwägt man jedoch, daß die Accommodation auch hier keine völlig genaue zu sein Pflegt, sondern nur einen gewohnheits mäßigen mittleren Grad erreicht, bei welchem die Perception der Gesichtseindrücke ohne besondere Anstrengung vor sich gehen kann, so erhellt, daß die schädlichen Einflüsse einer ungünstigen Buchstabcn- form nicht verschwindend klein sind. Es wird daher auch beim Lesen der Druckschriften wiederum diejenige Schriftgattung das Auge am wenigsten ermüden, welche einen höheren Grad der Accommodation überflüssig macht und das ist aus den angeführten Gründen ohne Zweifel eine zweckmäßig geschnittene Antiqua. In einer, auch in diesem Blatte (1872, Nr. 13) erwähnten Broschüre gelangt Hr. vr. Hering in Philadelphia zu entgegen gesetzten Ansichten. Ich muß diesen Meinungsäußerungen, welche sogar als entscheidende bezeichnet wurden, um so entschiedener wider sprechen, als dieselben durch keinen einzigen Beweisgrund wissen schaftlicher Natur unterstützt werden, sie vielmehr auf rein subjcctiver Empfindung beruhen. Aber selbst das subjective Gefühl dürfte mei nes Erachtens in der Mehrzahl der Fälle für die Antiqua sprechen, da eine gewisse combinatorische Thätigkeit erfordert wird, um aus dem eckigen Linien-Gewirr der Fractur und der verwandten Schrift gattungen, namentlich wenn allerlei Haken und Zierrath daran hängen, die zusammengehörigen Linien aufzusinden und einheitlich zur Darstellung des Buchstabens zu verschmelzen. Die psychische
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