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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.01.1862
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 27.01.1862
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- Deutsch
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M 12, 27. Januar. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 189 Verlust der Ohren wegen Majestätsbeleidigung bestraft. Daniel de Foe stand bekanntlich wegen Libels am Pranger. Gleiche Strafe für gleiches Vergehen traf unter Georg II. einen vr. Shcb- bar, der obendrein zu 3 Jahren Gefangniß vcrurtheilt wurde.*) Freilich in Schottland — und nicht in England wurden 1794 Muir ck Palmer wegen Verbreitung von Payne's riZIit ok men und ähnlicher Schriften zu 14 Jahren Transportation vcrur- thcilt. Die letzte allgemeine Staatsrazzia auf strafbare Prcßcr- zcugnissc fand durch Lord Sidmouth's berüchtigtes Eircular un ter Georg IV. Statt, worin er die Friedensrichter auffordcrtc, auf alle Pasquillanten zu fahnden. Jetzt regulircn 2 Acte der Königin Victoria das materielle Recht der Presse. Nach 11 u. 12 Viot. o. 12 wird jede öffentliche Aufforde rung durch Druck, Schrift, Rede, welche dahin geht, die Königin zu entthronen, Krieg gegen sie zu beginnen, Gewalt gegen sie oder das Parlament zu gebrauchen, eine Invasion zu veranlassen, als kelonx (d. h. mit dem Tode oder lebenslänglicher Transpor tation) bestraft. — 6 u. 7 Viel. e. 96 bedroht die Publication eines verleumderischen Libels, ohne daß selbst die Absicht zu be leidigen vorhanden, mit Gefängniß bis zu einem Jahre. War solche Absicht vorhanden, oder war cs dem Verleger bekannt, daß das Libel verleumderisch ist, so tritt Gefängnißstrafe bis zu 2 Jahren ein. Außerdem werden nach wie vor Privat-Entschädi- gungen dem Verletzten zuerkannt. Ein unterliegender Kläger trägt die Kosten. Nichts ist jedoch im englischen Rechte schwieriger, als den Be griff des „Libel" zu desiniren. „Ich konnte niemals recht begrei fen, was ein Libel sei", (kor psrt I ooulä never lesen »bst is » libel) sagt Pitt d. A. Nach Eorc ist ein Libel „eine Publication ohne Rechtfertigung oder gesetzliche Entschuldigung, berechnet, den Ruf eines Anderen zu verletzen, indem ec dem Hoffe, der Verachtung oder dem Gelächter ausgcsetzt wird". Die Vagheit des Begriffes Libel wird von O'Connel dahin illustrirt: „Lord Rcdesdalc wurde ein stämmig gebauter Anwalt (s slout bullt special plesllor) genannt, und das hielt man für ein Libel; auch als man Lord Hardwickc einen Schafzüchter von Cam bridge nannte, sollte es ein Libel sein. Er (O'Eonnel) könne Nachweisen, daß er noch nie eine Zeitung gelesen, welche unter dem gegenwärtigen Libclgesctzc nicht etwas enthielte, was als Pasquill angesehen werden könnte. Wenn cs ein ministerielles Blatt wäre, so beleidigte cs das Volk; wäre es ein volksthüm- lichcs Blatt, so machte cs die Minister herunter, und wenn es ein neutrales Blatt sei, so könnte man darauf wetten, daß cs beide heruntcrmachc." Vor der Revolution von 1688 nahm man in Westminstcr an, daß jede Druckschrift, welche die Regierung tadelte und kriti- sirtc, ein Libel und zu verbieten sei. Der Richter Holt sagte im Tutchin'schcn Prozesse: „Wenn Jemand dem Volke eine üble Meinung von der Regierung und den Ministern beibringt, so verübt er ein Libel," und der 4ttorne> (lenersl sagte in demsel ben Prozesse: „Wer die Minister angrcift, greift indirect den König an." Lord Manssicld strafte auch Libelle gegen Todte, falls dadurch indirect ein schlechtes Licht auf die Uebcrlcbenden gewor fen wurde. Der Ocniet ok Oommvn ploas entschied 1812, daß ein Libel eine Schrift sei, wodurch „Jemand dem Haß, der Verachtung oder dem Gelächter ausgcsetzt würde". Blackstone ist der Ansicht, daß eine Schrift, welche Jemanden zum „Zorne" reizen könne, ') Horaz Walpole, Memoiren I, 289. Ein Diener stand neben dem Ausgestellten am Pranger und hielt einen Schirm über ihn, um ihn gegen den Regen zu schützen. — Georg III. gab ihm und Smollet eine Pension. ein Libel sei. Noch andere Juristen gingen so weit, das für Libel zu erklären, was Jemanden überhaupt Schaden bringen könne. 1840 entschieden die Richter Erle, die Barone Park, Alderson und Gucrncy: „Daß jeder Bürger ein Recht habe, Bemerkun gen über die Acte von öffentlichen Beamten zu machen, die ihn als Unterthancn des Reiches intcressirten; wenn er nur nicht sei nen Commentar zu einer Eloakc von Malice und Verleumdung mache; aber jede Unterlegung gemeiner oder niederträchtiger Mo tive sei ohne Frage ein Libel." Der Einwand der Wahrheit wurde im 18. Jahrhundert von den Gerichten gewöhnlich verworfen. Bekannt ist Lord Mans- sicld's Ausspruch: „Je größer die Wahrheit, um so größer das Libel" (Iko Arvster tko lrutk, lko §rosier lks libel). Seit 6 u. 7 Viel. v. 96 und 32 6eo. III. o. 60 schließt der Beweis der Wahrheit die Strafe aus, wenn die Thatsachcn zum öffentlichen Besten vorgebracht sind. So vage demnach in der englischen Praxis die Definition des Begriffes Libel ist, so enge und so stricte wird die wörtliche Injurie (vclsmgtion) intcrprctirt. Eine mündlich gethane Aeußc- rung, die bloß die Empfindlichkeit eines Menschen beleidigt, die ihm sonst keinen Schaden bringt, ist straflos. Beschuldigungen, welche Dinge angehen, welche vor einem geistlichen Gerichtshöfe strafbar wären, müssen vor diesem eingeklagt werden, wie z. B. die Worte: Ehebrecher, H... rc. Die Wörter: lissosl (Schurke), läse (Lügner), kool (Narr), linsvo (Schurke) und ähnliche kön nen ungestraft gesprochen werden. Um wegen mündlicher Aeußc- rungen strafbar zu werden, muß man in England Verleumdun gen und Bczüchtigungcn aussprcchcn, welche, wenn sie begründet, den Beleidigten einer Strafe aussctzcn könnten. Es ist daher strafbar, wenn man zu Jemanden sagt: „Du Straßenräubcr!" denn ein Straßenräubcr ist den Gesetzen verfallen. Sagt man aber zu Jemanden: „Du bist schlechter als ein Straßenräubcr," so ist eine solche Aeußcrung ihrer Unbestimmtheit wegen straflos. Lbiel äuslico de Grcy sagt: „Daß eine Klage wegen Verbalinju rien nur dann begründet sei, wenn ein Schaden daraus entstan den oder ein Schade wahrscheinlich sei; aber wenn man (münd lich) einen Mann des Mangels an Tugenden bezüchtiget, und ihm sonst nur Fehler vorwirft, welche ihn verhaßt machen, so sei das nicht strafbar." Das Schimpfwort H ... gegen ein anständiges Frauenzimmer gebraucht, kann nur durch den geistlichen Richter mit verhälknißmäßig se.hr milden Strafen gesühnt werden. Ge schieht diese Beleidigung jedoch in der Eity von London, so kann vor dem bürgerlichen Richter auf OsmsAes und volle Strafe ge klagt werden, weil nach altem Gebrauch der Mayor und Alder- mcn das Recht hatten, lüderlichc Frauenzimmer durchpcitschen zu lassen. Es ist demnach straflos, wenn man Jemanden durch gespro chenes Wort dem Haß, der Verachtung oder dem Gelächter aus- sctzt. Dagegen werden dieselben Aeußerungen, wenn sie durch Schrift oder Druck in die Oeffentlichkcit getragen werden, zum Libel. Wären obige Aeußerungen gegen Lord Hardwickc und Lord Rcdesdalc daher nur gesprochen worden, so wären sie straflos gewesen. Eine junge Dame, welche in einem Schmutzblatte hin sichtlich ihrer Keuschheit angegriffen wurde, erhielt 4000 L Ent schädigung. Wäre die Verleumdung mündlich ausgesprochen worden, so hätte sie nicht einen Pfennig erhalten. Trotz der strengen Libclgesctzc besteht von allen Ländern Eu ropas in England der Staatsrcgicrung gegenüber die größte Preßfreiheit. Die Gründe hierfür sind theils in den Gesetzen, kheils im öffentlichen Leben des Landes zu finden. Fast das ganze vorige Jahrhundert hindurch bestritten die Richter der Jury das Recht, in Preßsachen etwas anderes zu er-
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