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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.09.1860
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1860-09-03
- Erscheinungsdatum
- 03.09.1860
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- Deutsch
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1762 Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. »U 11V, 3. September. der großen Familie der Buchhändler es nur eine kleine Minorität ist, die meine Ansichten theilt, und das Recht der Nachahmung und der freien Eoncurrenz für heiliger halt, als das Recht des Er finders , und den Anspruch auf Schutz der Gesetze. Ich glaube kaum, daß es mir gelingen wird, Jemanden, der sich zu der anderen Reli gion bekennt, zu der meinigen zu bekehren, und bitte dann nur um einige Toleranz für die Stimme in der Wüste, und um die Gnade, nicht gleich an's Kreuz geschlagen zu werden. Da ich das angegriffene Lange'sche Weck nicht kenne, so kann ich mich selbstverständlich auf dessen Inhalt nicht einlassen, sondern will mich nur an den erwähnten Aufsatz selbst halten, von dem ich sagen muß, daß er mich in meiner Ueberzeugung, daß ein geistiges Eigenkhum nicht existire, nur bestärken konnte. Ich habe nämlich noch immer die Bemerkung machen können, daß bei allen Vertheidigungen des geistigen Eigenthums, die ich noch gehört oder gelesen habe, es immer schließlich darauf hinaus lief, daß ihnen eine Verwechselung des geistigen mit dem ge wöhnlichen, sachlichen Eigenthum zu Grunde lag. Daß Hr. M— sich eine solche Verwechselung ebenfalls zu Schulden kommen läßt, geht augenscheinlich daraus hervor, daß er z. B. das Recht am geistigen Eigenthum mit dem Rechte eines Brückenbe sitzers idenkisicirt, seine Brücke nur gegen beliebige Bedingungen dem öffentlichen Gebrauche zu überlassen. Eine Brücke aber ist kein geistiges Eigenlhum, sondern etwas sehr Körperliches und Greifbares, und ein geistiges Eigenthum an derselben würde der Besitzer nur dann etwa beanspruchen, wenn er allen anderen Menschen verwehren wollte, eine andere Brücke über denselben Fluß zu schlagen, oder sich zur Ueberschreiiung des Flusses anderer Mittel als seiner Brücke (eines Nachens, oder Schwimmens) zu bedienen. Es handelt sich ja immer nur um das Ne ch c der Nachahm ung, und nicht um das Eigenthum an dem bereits hervorgebrachten Gegenstände. Das Eigenthum an den gedruckten Exemplaren eines Werkes, oder an den Stereotypplatten, und das Recht der freien Verfügung darüber ist ja noch nie bestritten worden, wenig stens noch nie, ohne deshalb mit der betreffenden Polizei in ernst hafte Eollision zu gerathen. Dieser, der greifbare Theil des literari schen Eigenthums, ist in allen civilisirten Ländern geschützt, und mit Ausnahme seltener Fälle ist die Berechtigung dieses Schutzes von theoretischer Seite noch nie in Zweifel gezogen worden. Das Recht der Nachahmung ist aber eine ganz andere Sache, und es ist ein Verbrechen gegen die Humanität und gegen allen Fortschritt, wenn man dieses Recht in Abrede stellt. Gewiß hat der, der mit Auf wand von vieler Kraft und Mühe eine Wahrheit gefunden bat, ein größeres Verdienst als der, der sie nur verbreitet; wenn aber des halb ihre Verbreitung an gewisse mehr oder minder lästige Beding ungen geknüpft wird, so ist dies ein entsetzlicher Hemmschuh für die Civilisarion. Gewiß ist es ein geistiges Eigenthum, wenn ein wis senschaftlicher Reisender Forschungen macht, die im Interesse der Wissenschaft, des Handels, oder sonst wie, frühere Jrrlhümer be richtigen; was würde man aber dazu sagen, wenn alle Verfasser von geographischen Werken gezwungen werden sollten, die früheren Jrr lhümer beizubehalten, nur um nicht das geistige Eigenthum des be treffenden Forschers oder seines ^Verlegers zu verletzen t Es wäre dies, das wird Niemand läugnen, etwas Ungeheuerliches, und doch müßte man soweit gehen, wenn es wirklich ein Recht am geistigen Eigenthum geben sollte. Jedermann, der drucken lassen wollte, daß Julius Cäsar von Brutus ermordet wurde, müßte beweisen, daß er dabei gewesen sei, und wer sagen wollte, daß London drei Millionen Einwohner hat, müßte den Nachweis liefern, daß ec sie selbst ge zählt habe. Und noch mehr: Keine Dampfmaschine hätte gebaut werden dürfen, ohne James Watl's Erlaubniß, kein photographi sches Bild dürfte gefertigt werden, ohne Daguerrc oder Niepce de Saint-Victor eine Abgabe zu zahlen; die Franzosen dürften kein Porzellan machen, weil Böttger ein Sachse war; in der ganzen Well dürfte kein Schießpulver fabricirt werden, weil es in Mainz er funden wurde; die etwaigen Nachkommen von Christoph Columbus würden das Recht beanspruchen, ganz allein nach Amerika zu fah ren, weil ihr Vorfahr die erste Idee gehabt hat, daß dieses Land existicen könnte; es dürfte in der ganzen Welt nur eine einzige Drucke rei existicen, die der Guttenberg'schen Erben in Mainz oder Straß burg! — Dies wäre das geistige Eigenlhum bis in seine letzten Consequenzen ducchgeführt, und ich bin überzeugt, es würde selbst Hrn. M— schaudern, wenn man ihm sagte, daß es nur die Erfül lung seines Wunsches wäre, den er folgendermaßen ausspricht: „Man wage es nur, das volle und unbeschränkte Eigcnthum an den Erzeugnissen der Kunst und Wissenschaft mit allen seinen rechtlichen und natürlichen Folgen anzuer- kenncn und gelten zu lassen, und man wird sehr bald denselben Segen davon ernten, den die Anerkennung und der Schutz des Eigenthums noch überall zur Folge gehabt hak." Wenn Hr. M— kurz vorher sagt: „Das Recht an der Sache wird mit derselben geboren und ist seiner Natur nach unbeschränkt, weil cs sogar die Macht der Wiedervernichtung in sich begreift." und unter diesem Recht an der Sache nicht nur das Eigenthum an den gedruckten Exemplare» und den Stereotypplatten, sondern auch ein geistiges Eigenthum an dem Inhalte versteht, so wird er nicht umhin können, wenn er consequenl sein will, einem Nachkommen Lessing's, dem sein Ahn etwa zu liberal geschrieben hat, das Recht einzucäumen, den ferneren Druck und Verkauf der sämmtlichen Werke Lessing's zu untersagen; ja, wenn dieser Enkel sehr viel Geld hätte, so könnte er dann den Zweck seines Lebens daran setzen, alle Exemplare der Werke seines großen Vorfahren aufzukaufen und zu vertilgen, und somit eine Zeit herbeizuführen, in der eS nur wenigen Leuten noch möglich sein würde, ein Exem plar des Nathan zu Gesicht zu bekommen. Ich muß gestehen, daß ich ein solches Recht für ein schreiendes Unrecht halten würde, wel ches in die Hand eines Einzigen die Macht legen wollte, der ganzen Welt die Meisterwerke vorzuenthalten, die schon ihr Eigcnthum ge worden sind. Die Werke eines Dichters, eines Philosophen, eines Künstlers sind, sobald sie der Oeffentlichkeit übergeben worden sind, Eigenlhum nicht nur seiner Nation, sondern der ganzen Menschheit geworden, und dies ebensogut 100 Jahre oder 6 Monate nach dem Tode des Verfassers, wie bei seinen Lebzeiten. Dies ist ein unan tastbares Recht, welches die Menschheit dem Einzelnen gegenüber hat, und welches ihr durch keine Gesetzgebung verkümmert werden kann. Nachdem ich mich nun gegen den Begriff eines geistigen Eigen thums, und für das der Menschheit zustchcnde Recht der Nachahm ung ausgesprochen habe, nehme ich keinen Anstand, auch wieder einen Schritt rückwärts zu lhun und zuzugeben, daß ich nicht die Absicht habe, damit den Nachdruck zu vcrtheidigen, da wo ec durch Gesetze untersagt ist, noch selbst ihn da gut und nützlich zu finden, wo er mit der Gesetzgebung nicht in Widerspruch steht. Es ist nicht zu läugnen, daß die menschliche Gesellschaft im Interesse ihres Be stehens oder ihrer Fortentwickelung sich das Recht anmaßen darf, dem Rechte des Individuums mitunter Beschränkungen aufzuerle gen, und gewiß hat sie auch das Recht, der freien Nachahmung im Interesse der Literatur, der Kunst oder des Handels durch Privile gien eine Grenze zu stecken, und also Gesetze gegen Nachdruck oder sonstige Nachahmung zu geben; nur sollte man dann, sei es bei Erlassung der Gesetze oder bei Abschließung internationalerVerträge, immer nur den Standpunkt des Jnteressesund der Zweck-
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