Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.03.1860
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 21.03.1860
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18600321
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-186003210
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18600321
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1860
- Monat1860-03
- Tag1860-03-21
- Monat1860-03
- Jahr1860
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
der Couplets (aus „Doctor Peschke" und aus „Berlin wie es weint und lacht") nicht gestattet haben und daß er überhaupt ihre Geneh migung dazu nicht nachgesucht hat. Der Präsident verlas hierauf das Gutachten des literarischen Sachverständigen-Vereins. Der letztere hatte sich ungefähr, wie folgt, ausgesprochen: „Es könne von Hause aus bedenklich er scheinen, ob bei Liedern, die öffentlich auf der Bühne vor Hunderten und Tausenden gesungen werden, die also täglich von jedem Hörer ausgeschrieben oder im Gedächtniß bebalten werden könnten, über haupt von einem Nachdruck die Rede sein könne. Indessen habe der Verein nicht Anstand genommen, um angenommene und feststehende Rcchtsprincipien, namentlich in Beziehung auf den Schutz der Autoren vor Schaden, zu wahren, jene Frage zu bejahen. Was nun die in die „neuen Lieder" des Angeklagten aufgenommenen Kalisch'schen Cou plets anlange, so finde sich in diesen zwar nicht durchweg der Wgxt- laul und die Versordnung derjenigen, die als aus dem „Leierkasten" von Behrend abgedruckc bezeichnet werden, indessen sei es außer Zweifel, daß es die nämlichen seien, und die unwesentlichen Abänd erungen, welche vorgenommen sind, können dabei nicht in Betracht kommen. Zweifellos liege also ein Abdruck der betreffenden Ka- lisch'schcn Couplets vor. Was die fernere Frage betreffe, ob de m Buchhändler Behrend aus diesem Abdrucke ein Schaden entstanden sei, so könne die Bejahung dieser Frage ebenfalls bedenklich erschei nen, wenn man in Erwägung ziehe, daß dieTrowitzsch'schen „neuen Lieder" nur einzelne der fraglichen Couplets enthalten, also kaum von Jemand gekauft werden dürften, der eine Sammlung dieser Couplets, wie Behrend sie herausgegeben, besitzen wolle. Indes sen müsse auch in dieser Beziehung das Rechlsprincip gewahrt wer den, und gehe das Gutachten des Vereins dahin, daß dem Autor, resp. dessen Rechtsnachfolger allerdings ein, wenn auch nur sehr unerheb licher Schaden erwachsen sei." — Der Präsident ertheilt demnächst dem Staatsanwalt (Assessor Dambach) das Wort. Dieser erörtert in seinem Plaidoyer die vier Fragen: Sind die betreffenden Cou plets geistiges Eigenthum? Hatte Trowitzsch von dem Autor oder dessen Rechtsnachfolger das Recht zum Abdruck erworben? Ist der Abdruck durch das Gesetz vom 11. Juni 1837 verpönt? Ist dem Autor oder dessen Rechtsnachfolger ein Schaden durch den Abdruck erwachsen? Diese Fragen beantwortet Hr. Dambach dahin: Ja, die Couplets sind Eigenthum des Kalisch und dürfen ohne dessen Ge nehmigung von Niemand abgedruckl werden. Wenn auch der §.4. des gedachten Gesetzes gestatte, daß einzelne Lieder oder Gedichte in andcreWcrke übernommen werdenkönnten, so habe das Gesetz doch auch diejenigen Werke, in welchedie Aufnahmegestattet sei, speciell be zeichnet und als solche kritische, literac - historische und zum Schulge brauch bestimmte Bücher genannt. Nun werde aber Niemand be haupten, daß dieTrowitzsch'schen „neuen Lieder" in die aufgeführten Kategorien zu rechnen seien. Es beantworte sich hierdurch von selber die andere Frage, ob der Abdruck, wie er vocliegt, durch das Gesetz von 1837 mit Strafe bedroht sei. Da sowohl durch dasGe- ständniß des Angeklagten, als das Zeugniß des vr. Kalisch und Buchhändler Behrend feststehe, daß sie dem Angeklagten keine Ge nehmigung zum Abdruck gegeben, so sei letzterer den gesetzlichen Be stimmungen gemäß als strafbarer Nachdruck zu betrachten und zu ahnden und der Autor, resp. dessen Rechtsnachfolger also selbstver ständlich auch cntschädigungsberechtigt. Der Staatsanwalt bean tragt demgemäß das Schuldig gegen den Angeklagten. —Der Ver- theidiger des letzteren, Rechtsanwalt Lcwald, gibt dem Gericht zu bedenken, daß eine Unmasse von Lieder- und Gedichtsammlungen existier, in welche einzelne Geistesproducte der verschiedensten Auto ren ausgenommen sind, und daß es trotzdem nie irgend einem dieser Autoren eingefallen sei, die Herausgeber solcher Sammlungen eines Nachdruckes zu zeihen. Der Vertheidigcr bemerkt, daß es, wenn das Gericht dieses Ver gehen im concreten Falle als vorliegend erachten sollte, künftig weder Commers- noch andere Liederbücher, noch Gedichtbücher und sonstige Anthologien geben würde. Er ist ferner der Meinung, daß die Be trachtung des Staatsanwalts, ob überhaupt die fraglichen Couplets geistiges Eigenthum seien, eine überflüssige gewesen sei. Es könne nicht zweifelhaft sein, daß der so weit hin berühmte Verfasser Kalisch gerade in seinen Couplets auf die größte Orginalitäl Anspruch zu machen habe, und daß diese Originalität seine eigenste geistige An strengung erfordere. Nun ist der Vertheidigcr aber ferner der Meinung, daß Lieder, die, wie die Kalisch'schen Couplets, auf allen Bühnen gesungen wer den, in das Eigenthum des Volkes übergehen, und daß namentlich die incriminirten Couplets längst Volkseigenthum geworden waren, als Trowitzsch sie abdruckte, wie sich dies schon daraus ergebe, daß Leierkastenmänner ihm das Manuscript dazu gebracht hätten. Dies geschehe erfahrungsmäßig erst dann, wenn solche Lieder so allgemein bekannt und beliebt geworden wären, daß das Volk das Absingen derselben mit Leierkastenbegleitung verlange. Der Verthcidiger be antragte das Nichtschuldig. — Das Gericht erkannte dahin, daß Trowitzsch des Nachdruckes schuldig zu erklären, mit 50 Thaler Geldbuße oder im Unvermögensfalle mit 3 Wochen Gefängniß zu belegen, die in Beschlag genommenen Exemplare der „neuen Lieder" zu consiscircn, der Rechtsnachfolger des vr. Kalisch, Buchhändler Beh ren, aber mit dem ihm gebührenden Entschädigungsansprüche zum civilcechtlichen Verfahren zu verweisen sei. Das Gericht halte, wie sich aus den Gründen ergibt, die Ansicht der Staatsanwaltschaft be ziehungsweise des literarischen Sachvcrständigen-Vereins adoptirt. (Bcrl. GecichlS-Ztg.) MiScellen. Flensburg, 12- März. In Bezug auf den Stand der Heiberg'schen Angelegenheit hat die Nachricht sehr unan genehmüberrascht, daß der Polizeimeistec in Schleswig, statt die Ver siegelung der Heiberg'schen Buchhandlung in Gemäßheit des ihm vom Schleswigs Criminalgericht infolge eines Befehls vom Ap pellationsgericht gewordenen Auftrags aufzuheben, die gedachte Buch- handlung von neuem versiegelt hat, mit der Erklärung, daß sie von ihm als Administrativbeamlen nunmehr polizeilich geschlossen werde, da vr. Heiberg sich in Criminaluntcrsuchung befinde, welche infolge eines Ministcrialrescriprs auch auf die Vorfälle vor Erlaß des Amnestiepatenls zu erstrecken sei. Der Grund, weßhalb diese neue Versiegelung verhängt ward, ist somit nach der eigenen An gabe des Polizeimeistecs durchaus kein polizeilicher, sondern ein rein criminalrechtlicher, processualischec, also ganz derselbe Grund, aus welchem die Versiegelung vom Criminalgericht verfügt war. Da durch, daß der Polizeimeister diesen Act selbst geradezu für einen ad ministrativen und polizeilichen erklärt hat, ist jede weitere und gericht liche Maaßregel infolge der entsprechenden verhängnißvollen Be stimmung der schleswigischcn wie der holsteinischen Verfassungsur kunde abgeschnitten. §. 9. der ersteren undß. 8. der letzteren machen nämlich die Beurtheilung administrativer und polizeilicher Maaßregeln durch die Gerichte von vornherein unthunlich. Man muß deßhalb abwartcn, was das schleswigische Ministerium beschließen wird, an welches der Polizeimeister seiner eigenen Angabe gemäß die Sache einberichtct hat. Mehr als auf den ministeriellen Bescheid ist man darauf gespannt, ob und welche Maaßregeln das Appellationsgericht des Herzogthums Schleswig diesem Verhallen des Polizeimeistecs gegenüber thun wird. (Allg. Ztg.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder