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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.08.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-08-16
- Erscheinungsdatum
- 16.08.1917
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Teil. ^ ISO, 16. August 1917. Börsenblatt f. d. Dtschri. Piichhandet. Verlag von WZ? - Man wird mir zugeben müssen, kennt man das Unmaß literarischer Kenntnisse der großen Masse, daß selbst so ein »bekannter« Ding mindestens 90 Prozent von allen Vorübergehenden, von denen ja jeder Käufer sein könnte der paar Nickel halber, schon ein Rätsel ist. Wäre es als ein »Theater« stück« bezeichnet, so würde sich der den Kopf nicht darüber zer- brechen, der gern eine Räubergeschichte lesen möchte, dem schon die Hand nach dem Beutel zuckt, aber wieder zurückkehrt, weil Zweifel ihn abhalten, ob es auch »so was« sei, wie er gern möchte. Und fragen, im Laden fragen? — Er hat's einmal getan und an der wehleidig-spöttischen Art des Herrn Lehrlings genug, den man drinnen zur »Bedienung« des augenscheinlich im Bücherkaufe ungewandten Proletariers losgelassen hat, da die Größen des Geschäfts natürlich Besserer zu tun hatten. Fragen tut also unser Mann nimmer; er kauft aber auch nicht, was er vielleicht getan hätte, spräche das Buch im Titel, auch wenn's keine »Näubergeschichte«, sondern ein »Theaterstück mit Räubern« wäre. Sein gewecktes Lesebedürsnis aber deckt er beim nächsten Büchertrödler oder Hausierer mit einem Schmarren. Man liest jetzt immer wieder, der Krieg, der Schützengraben habe dem Buche viele neue Freunde gewonnen; manches be obachtet man selbst, was diese Behauptungen erfreulich stützt. Wenn es nun schon immer die Ausgabe des ernsten Buchhänd lers war, die Beziehungen zwischen Büchern und Menschen zu bessern, eine Annäherung beider zu unterstützen, so ist jetzt der Augenblick besonders günstig. Billig ist dabei die Forderung: haben sich die Leute geändert und suchen das Buch, so muß der Verleger auch seine Bücher so einrichten, daß diese die Leute zu finden wissen, für die sie gehören, die sie wollen; die Bücher müssen es sagen, wer sie sind und was sie bieten; es dürfen nicht schwarze Schaltenreihen ohne Ge sichter sein: die Buchtitel müssen reden. Und zwar müssen sie das tun, ohne jede Voraussetzung in bezug aus literaturgeschichtliche Vorbildung der Menge, aber in der Ab sicht, diese zur Literaturgeschichte zu führen, als der Wiege höhe ren Literaturverständnisses, die sie nun einmal ist. Wer sich erst ans Buch gewöhnt hat, kommt für sein bescheiden Teil ganz von selbst dazu, wenn man ihm die Möglichkeit gibt, sich über die Verfasser, ihre Lebensumstände, ihre Berufsart (über die Bücherschreiber herrschen die allerunklarsten, nebelhaftesten Vorstellungen!), über die Zeit ihres Schaffens, womöglich auch über Vaterland oder Stammeszugehörigkeit zu unterrichten. Gerade »das Volk«, der »gemeine Mann« hat das Bedürfnis, zu wissen, mit wem er verkehrt; sein gesunder Instinkt liebt verschleierte Gestalten nicht. Wir Buch händler andererseits erleichtern uns die Übersicht über die Lite ratur und die Einordnung ihrer Erzeuger in unsere gedank liche Registratur zweifellos selbst ungemein, wenn für die Volksbücher mindestens, statt nichtssagender, sprechende Buchtitel eingeführt werden. Wir können ja eine »Irmgard von Franz L. Huber« oder einen »Hans Michel von G. Reuter«, ein »Flammenzeichen von Bodo Heinz« und dergleichen in un seren Gedankenfächern nicht ohne weiteres umerbringen und damit auch zur rechten Zeit nicht an den Mann und den Betrag dafür nicht in die Kasse, solange wir nicht wissen, was dahinter versteckt ist: Epos, Novelle, Drama, Schwank, Lhrik oder was es sonst noch alles fein kann .... Also! ..... Statt weiterer Worte darüber zunächst ein Beispiel: Die Räuber. Ein Schauspiel von Friedrich Schiller, Karlsschüler zu Ludwigsburg (Schwaben). 1917. Leipzig, verlegt bet Erstmals gedruckt zu 17 . . Mit diesen wenigen Worten mehr, als bisher zu setzen üblich war, ist dem Beschauer des Buches ein Mehr von Tatsächlichem gegeben, das in seiner Mitwirkung auf Interesse und Absatz gar 97t nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, wenn sich die eine oder andere unserer volkstümlichen Bibliotheken zu der Neuerung entschließen könnte. Eine Reihe Schillerscher Bücher nebeneinander ausgelegt, gäbe eine kurzgesatzte Lebensbeschrei bung des Dichters, denn es stünde auf einer wetteren, jüngeren Arbeit: Militärarzt zu..., dann Professor der Geschichte zu Jena, und der Friedrich Schiller wäre zum F. von Schiller aufgestiegen I — Könnte durch diese Angaben der Volksgenosse ohne jede Mühe und ohne bewußtes Studium, für das er ja natürlicherweise gar nicht zu haben wäre, dem literaturgeschichllichen Wissen zugesührt werden, so wäre außer dem dem literarisch Vorgebildeten bei der Benützung einer der art ausgebauten Volksbücherei Material an die Hand gegeben, das zu weiterer Vertiefung in unser Schrifttum leiten würde. Namentlich eine Gruppierung und Benützung der Literatur nach der völkischen Slammesverschiedenheit dürfte zu ungeahnten Reizen führen. Wenn sich dieses Ziel wohl aus Grund der Orts angaben auf dem Buchtitel nur mangelhaft erreichen lassen wird, da sich völkische Zugehörigkeit und Wohnsitz nicht immer decken Werden, so ließe sich doch ein Nummern-Verzeichnis, wie es jede der ins Auge gefaßten Bibliotheken führt, unschwer bei einigem guten Willen in diesem Sinne bearbeiten. Für die ältere Literatur und ihre maßgebenden Vertreter bietet die Literaturgeschichte Wohl in den meisten Fällen genügende An haltspunkte; für die neuere Zeit dürsten notwendige Nach forschungen nicht auf unüberwindliche Hindernisse stoßen. Auf jeden Fall wäre ein derartiges Verzeichnis, selbst lückenhaft zu nächst, ein weiteres Hilfsmittel, zwar nicht die Titel, aber die Bücher selbst in einer bisher unerhörten Weise reden zu machen. — Doch dies nur nebenbei, — Für ein wertvolles Ergebnis der »sprechenden« Buchtitel würde ich es halten, wenn durch sie das literarische wie das unliterarische Publikum zu der Einsicht käme, daß die Bücher schreiber in weitaus den meisten Fällen dies nicht berufsmäßig waren oder ihre Schöpfungen als das Erzeugnis einer Art von tätigem Müßiggang ans Licht brachten; zu zeigen, daß der echte Dichter in jeder Art von Beruf sich entwickeln und mit unter darin auch weiter gedeihen könne, scheint mir eine verdienst volle Aufgabe zu sein, die manchen heimlichen und keuschen Dichter stützen könnte, bis seine Zeit gekommen ist. Gern sähe ich es auch, wenn diejenigen Schriftsteller, welche aus ihrer Begabung allein täglich Brot machen, als Berufsschriftsteller gekennzeichnet wären, da dies mitunter für die Bewertung ihrer Arbeiten nicht ohne Einfluß sein wird. Die Angabe, wann einBuch erstmals gedruckt worden ist, dürste schon deshalb als zweckmäßig erscheinen, da sie sagt, zu welcher Zeit das Werk entstanden ist. Dem Kenner der Kulturgeschichte ergibt sich daraus ohne weiteres ein ungefähres Bild, ein Zeit duft, dem naiven Leser wiederum sagt die Jahreszahl: so dachte und schrieb man anno dazumal, dies galt also vor hundert Jahren für schön oder gut, und heute muß der Herausgeber auch noch irgend Derartiges daran finden, sonst würde er es nicht neu drucken lassen. Jst's ein zufriedener Leser, so be- scheidet er sich bei seinem Miß- oder Wohlgefallen, ist's ein nachdenklicher, ein »Sinnierer«, wie wir so viele haben, so wird er sich mit dem Buche und seiner eigenen Meinung auseinander setzen, ganz anders, als wüßte er von der Zeit des Ersterschci- nens und dem Ort des Erschaffens nichts! Auch des Orts, denn Großstadtluft, Meeresbrausen, Wald« oder Heideduft geben dem Dichter Atem und Form, Rhythmus und Mißklang — je nach dem — und helfen oft zu der Erklärung, warum der und jener so und nicht anders schreiben konnte, als er es tat im Jahre 1815 im Böhmerwald oder 1915 hinter der Front von Flau- dem. Regen und Sonne machen die Flur gedeihen, mehr oder weniger, wie es die Erdkrume zuläßt, aus die sie fallen; Großes und vieles Kleine schafft der Menschen Art, bildet ihr Wesen und wirkt absonderlich auf Dichtergeister; verständlich werden sie erst ganz, kennt man den Jahrgang, die Wetterart und auch die Scholle, die sie während einer Arbeit traten. Darum laßt die Titel sprechen, plaudern, soviel sie können! Nicht schwarze Schattenreihen sollen sie uns zeigen, nicht Rätselworte, sondern
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