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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.08.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-08-09
- Erscheinungsdatum
- 09.08.1917
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Teil. ,1/ 184, 9. August 1917. seines Berufes bildete, den kundigen Mittler zwischen Buch und Bücherfreund zu spielen. Erwähnen wir noch die ungeheuren Teuerungsverhält nisse, die Verkehrsschwierigkeiten, von denen Sortimenter und Verleger in gleicher Weise getroffen sind, und endlich die fast zur Unmöglichkeit gewordene Beschaffung des Rohmaterials, unter der der Verleger leidet, so zeigt sich ein so trübes Bild, das; das noch immer Geleistete fast wie ein Wunder wirkt. Da wir aber wissen, datz die eigentliche Stärke des deutschen Buch handels in der Produktion ausgereifter, nur zu Zeiten fried licher Entwicklung möglicher Werke besteht, so müssen wir gerade ihm diese Tage der Ruhe und Muße gewinnen Helsen, um ihn bald wieder bei seiner echten, ureigenen Arbeit zu sehen. Wir — das sind ja selbst wieder die Glieder des Ganzen, das sich stolz deutscher Buchhandel nennt, die also ein zeln dazu beitragen sollen, dem gesamten Organismus jene Kräfte zuzuführen, die er zu seiner Stärke und glücklichen Wei terentwicklung benötigt. Und jeder, der hier helfen will, kann es auch, indem er die keimenden Friedensgedanken in sich anf- nimmt und sie überallhin verpflanzt, bis sie kräftig in die Halme schießen und nun in üppig wogender Fülle das zeternde Kriegs- geschrci ersticken, das jetzt noch so oft zu hören ist. Auch die Feinde werden die Bereitwilligkeit des deutschen Buchhandels zu einer menschheitserlösenden Kulturtat nicht übersehe» können, und so wird das moralische Übergewicht des deutschen über den auswärtigen Buchhandel dadurch noch eine bedeutsame Stärkung erfahren. vr. I. H. Einschränkung der geistigen Produktion. (Zum 99. Geburtstage von Prof. vr. Oskar Bulle, 14. August 1917.) Ihrer freundlichen Aufforderung, meine» 99. Geburtstag in Ihrem geschätzten Blatte höchsteigcuhändig dadurch zu feiern, dass ich Ihnen etwas über meine Beziehungen zum deutschen Buchhandel oder z» Bücher» für Ihre Leser schreibe, komme ich ohne weitere Ziererei und gern nach, denn ich sehe in ihr nicht nur den Anstoß zu einem Rück blick auf mein literarisches Leben, zu dem ich von selbst wohl mich kaum veranlasst gefühlt haben würde, sonder» glaube auch, daß ich durch meine viclsachen, sozusagen amtlichen Beziehungen zu dem deutschen Buchhandel und zu de» Büchern vielleicht manches zur Erreichung des von Ihnen angestrcbten besseren Verständnisses zwischen Schrift stellern und Buchhändlern beizutragcn imstande bin. Zunächst nur einige wenige Worte über meine persönlichen Be ziehungen zum deutschen Buchhandel und über die Erfahrungen, die ich dabei machte. Daß der aus eigene Kosten unternommene Druck meiner philosophischen Toktorarbeit und mehrerer Jugenddramcn — zu einer ebenso kostspieligen Berösfentlichung auch der Jugcndlprik hatte ich doch nicht den Mut — mich überhaupt in nennenswerte Be rührung mit dem ehrenwerten Stand der Buchhändler gebracht hätte, wage ich nicht zu behaupten; dafür haben meine beide» ersten Bücher, die ich als wohlbezahltcr Autor veröffentlichen konnte (»Dantes Bca- trice» mit Übersetzung der-Gedichte der Vita Nuova 1889 und »Die ita lienische Einheitsidce in ihrer literarischen Entwicklung« 1893), mich sogleich um eine interessante, freilich auch schmerzliche Erfahrung aus bnchhändlerischcm Gebiete bereichert, denn diese Bücher, die von der fachmännischen Kritik wie von dem Büchermärkte gut ausgenommen worden waren, verschwanden durch de» Tob des jungen Verlegers und durch den über seine» Nachlaß verhängten Konkurs mit einem Schlage ans den, Verkehr und waren, als ich nach einigen Jahren, ans dem Ausland znrückkchrend, nach ihrem Verbleibe mich nmsah, nur noch in einem Ramschgeschästc überhaupt wieder aufzusinbcn. Eine große Arbeit aus sprachlichem Gebiete hatte inzwischen durch viele Jahre hindurch alle meine Kräfte in Anspruch genommen und meine Aufmerksamkeit von dem bis dahin begangenen literarhistorischen Felde zum Teile abgeleukt, freilich mich auch in nähere Beziehungen zu zwei der bedeutendsten Verleger Deutschlands und Italiens (Bern hard Tauchnitz und Ulrico Hocpli) gebracht, die mir nach jeder Rich tung hin den günstigsten Eindruck von der Möglichkeit eines freund lichen Znsammcnarbeitcns des Schriftstellers und des Buchhändlers hintcrließen. Bietet ja gerade die Herstellung eines großen, mehr bändigen Lexikons für zwei Sprachen aus wissenschaftlicher Grundlage, wie cs das unter der Mitwirkung des italienischen Gelehrten Rigutini von mir ausgearbcitete italienisch-deutsche und deutsch-italienische ltbcr- lragungSwörtcrbuch (1894—1909) ist, den besten und sichersten Prlif- 950 stein dar, nicht nur für die Opfcrwilligkeit und das Entgegenkommen des Verlegers, sondern auch für die Arbeitswilligkeit, Geduld und Ausdauer des Verfassers. Noch jetzt, da das große Werk einer durch greifenden und nach vielen Richtungen hin neugestaltenden Umarbeitung cntgegengeht, freue ich mich der Erinnerung an den schönen Zusammen- klaug zwischen Antor und Verleger, durch den die erste Bearbeitung mir ermöglicht und das Hinabsteigc» in die reichen Schächte der Ent wicklungsgeschichte zweier aufs feinste ausgcbildcten Kultursprachen zu einem Genuß geworden war. Schon während dieser Arbeit und durch sie augeregt und gesördcrt kamen die Vorarbeiten zu eiucm anderen großen Werke über den größten italienischen Dichter Dante Alighieri in Gang, die bis zum Ausbruch des gegenwärtigen Kriegs ihre» Ab schluß gesunde» hatte»; freilich schoben die große Bölkcrverfeiubung und die ans ihr entspringenden Bedenken des Verlegers die Heraus gabe dieses mich zur eigentlichen Literatur zurücksührcndeu Werkes bis auf weiteres hinaus. Ich gab deshalb als kleinere Zwischcnarbeit im vorige» Jahre ein Büchlein iMr die »Verkünder des deutschen Idealismus« heraus, durch das ich, ebenso wie durch eine jetzt im Entstehen begriffene kleine Schrift über »Ger manisches und Romanisches in der neueren Weltliteratur», manch« allgemeine Gedanken, die der große Krieg erweckt hat, zu kläre» ver suche. So nehme ich nicht gerade mit einem große» Bücherpakct eigener Erzeugung an dem Entwicklungsgänge der heutigen Literatur und Wissenschaft teil; dafür bin ich aber in den verschiedenen Abschnitten meines Daseins stets mit beiden Füßen mitten drin im Flusse des öffentlichen geistigen Lebens in Deutschland und zum Teil auch im Ausland gestanden; zunächst nach Beendigung meiner mit dem Obcr- lchrerexamen abschließenden akademischen Studienzeit in den literarisch besonders bewegten achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts als Redakteur der damals von Zolling herausgegcbcnen »Gegenwart» i» Berlin; sodann während der neunziger Jahre, die ich zum größten Teil in Italien (Rom und Florenz) zubrachtc, als ständiger politischer und literarischer Mitarbeiter mehrerer großen deutschen Blätter, besonders der Münchener Allgemeinen Zeitung, daraus während des ersten Jahr- i zchntS des neuen Jahrhunderts als Herausgeber der Wissenschaftlichen Beilage der Allgemeinen Zeitung in München und schließlich als Gene ralsekretär der Deutschen Schillerstistung seit dem Jahre 1999 in > Weimar. Welch ein reicher Strom von Büchern aller Art, von ivisscnschast- lichcn, dichterischen und allgemein literarische» Werken ist in diesen Jahrzehnten doch an mir vorübcrgerauscht, denen ich nicht nur aus Wißbcgicrde oder ans rein ästhetischem Interesse, sondern vielfach auch in Erfüllung meiner beruflichen Pflichten die regste geistige ' oder seelische Teilnahme widmen mußte, lind neben den Bü chern ist ja in meinen beide» letzten Ämtern auch ein nicht unbeträchtlicher Teil der noch »„gedruckten oder immer unge- drnckt bleibenden literarische» Produktion in Deutschland während der letzten Jahrzehnte an mich herangctreten, sodaß ich nicht nur die bereits entstandenen und ans Licht getretenen Erzeugnisse des gcmcin- , samen Wirkens der Autoren und der Verleger, sonder» auch ihre noch ! in. Entstehen begriffene Arbeit zu überschauen vielfach in der Lage war. Zn überschauen, zu beurteilen, zuweilen zu fördern oder, wenn ' es mir mein Gewissen gebot, auch zu hindern. Denn eines habe ich in ^ der Ausübung meiner Bernfspflichten in den mir anvertranten litera rischen Ämter» immer für wichtig und nützlich gehalten: der Hochflut > der Bücher- und Schriftencrzcugnng, die seit dem vertieften und ver breiterten Ausbau unseres geistige» Lebens in dem letzte» Jahrhun dert über uns hereingcbrochen ist, so viel wie möglich Dämme ent- gcgcnznsctzcn, und oft genug bin ich in der Lage gewesen, etwas vor eilige» Schristbcslifsenen, die sich durch Träume von Ruhm oder raschem Gewinn die Feder in die Hand drücken ließen, durch mahnen des Zureden große Enttäuschungen zu ersparen. Tenn die größte Förderung würde unsere heutige Literatur, so wohl die wissenschaftliche als auch die dichterische, gewiß dadurch erfahren, daß ein Weg gesunden würde, um ihre äußere Fülle zu beschränken, und zum Anbahncn eines solchen Wegs müßte meines Erachtens der deutsche Buchhandel ebenso mit beitrage» wie der deut sche Schriststcllerstaud. Ich verhehle mir durchaus nicht, daß eine große Gefahr für die geistige Freiheit unseres Volks wie für die freie gewerbliche Entwicklung des Buchhandels in der Ausstellung von be schränkende» gesetzlichen oder gar polizeilichen Bestimmungen liege» würde, die das schriftstellerische Schassen und die bnchhändlcrische Her ausgabe von Büchern und Schriften von außen und oben her eineiige» sollten; aber um so mehr müßten alle, denen die große innere Schädlichkeit der ins llngemesscne wachsenden Schreib- und Veröffent» lichungsivnt auf alle» Gebieten iinsercs geistigen Lebens schon längst zu einem Gegenstand ernster Besorgnis geworden ist, darauf sinnen, von innen heraus wirksame, gleichsam selbsttätige Hemmungen des allzu großen Schwalls einzuführcn oder zn fördern.
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