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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.08.1870
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- 10.08.1870
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- Deutsch
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^ 181. 10. August. Nichtamtlicher Theil. 2607 Buchhändler befragt. Sie erklärten „bei ihren bürgerlichen Pflich ten", daß ihnen die fraglichen Flugschriften nicht zugekommen seien. Nur der Buchhändler Jos. Anton Rieger gab an, daß er von der ersten Schrift 4 Eremplare erhalten, und davon 2 in die Schweiz verkauft habe; die andern 2 übergebe er dem Amte. An die Landcsdirection von Schwaben erstattete Frhr. v. An drea» am 17. Juli Bericht über die vorgcnommene Confiscation der beiden Schriften, und ühersandte alle Eremplare, von der „Betrach tung" rc. 13, von der andern Schrift 12, mit der Anzeige, daß man von jeder Schrift ein Exemplar an die Polizeidirection München geschickt, und ebenso eines all sota gelegt habe. Zugleich machte v. Andrian der Landesdircctiou die Anzeige, „daß die Buchhändler, Welche sich mit dem Verkaufe der genannten Flugschriften beschäftig ten, für diesen ersten Fall noch mit der gesetzmäßigen Strafe ver schont, dagegen ihnen, sowie sämmtlichen Buchhctndlungen, streng aufgetragen werden dürste, alle dergleichen anonymen Flugschriften, besonders die politischen Inhalts, bei sonstiger ernstlicher Unter suchung und Strafe der Polizeidirection anzuzeigen". Nachdem Jenisch und alle andern fünfzehn hiesigenBuchhändler von dem kgl. Polizeidirector in Verhör genommen worden waren, wurde das Protokoll sogleich in das Französische übersetzt. Es ge schah dies offenbar zu dem Zweck, daß es dem Kommandanten Ge neral Rtznö übergeben werden konnte. Zugleich wurde einem fran zösischen Gendarme-Unterofficicr, wahrscheinlich demselben, der dem General das Untersuchungsprotokoll zu überbringen hatte, am 14.Juli eines der beiJenisch conftscirten und „all notn" behaltenen Eremplare der Schrift „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung" mitgegeben. Man wird vor allem zu der Frage gedrungen: „Wer hat die k. bayerische Polizeidirection zur Beschlagnahme der Flugschriften veranlaßt!?" In dem Bericht an die k. Landcsdirection vom 17. Juli heißt es nur: die Polizeidirection sei „unterrichtet" worden, daß die Stage'sche Buchhandlung die beiden Schriften hier verbreite. In dem Bericht an die Polizeidirection München von demselben Datum sagt die Polizeidirection: sic habe sich „veranlaßt" gesehen, in Be treff der zwei „gegen" die französische Regierung gerichteten Flug schriften „die Untersuchung zu verfügen". Es scheint daher, daß die k. Polizeidirection nicht durch eine Weisung der französischen Commandantschaft die Beschlagnahme und Untersuchung vorgcnommcn habe, sonst würde sie dies in ihren amtlichen Berichten gewiß ausgesprochen haben. Höchst wahrschein lich gelangte die Polizei durch den k. Nechnungscymmissär v. Grau vogel zur Kenntniß der Druckschriften, denn dieser war offenbar der Käufer, von dem der Lt. Herbst sagte, daß er für die Polizeidirection ein Exemplar der ersten Broschüre von der Stage'sche» Buchhand lung gekauft habe. Um so auffallender ist es, daß die Polizeidirection sich so sehr beeilte, das Ergebniß der Untersuchung den französischen Behörden mitzutheilcn. Wahrscheinlich hatten diese selbst von der Vornahme der Untersuchung erfahren und das Ergebniß der Polizeidirection abvcrlangt, die sich sogleich willfährig zeigte. Bih nicht höhere Weisungen anlangten, ließ man es in Augs burg bei der Kunduahme der Käufer jener Broschüren, welche die Buchhandlungen verkauft hatten. Im Landgericht Friedberg suchte man aber auch die Käufer zur Herausgabe der Flugschriften zu zwingen. Einer deshalb von Friedberg an die Augsburger Polizei- directiou gestellten Requisition vom 3. Äug. wurde keine Folge ge geben, sondern am 4. Äug. erklärt, daß man die Constscation nicht auf jene Schriften ausdehneu wolle, welche bereits „Privatcigen- thum" geworden seien. Dagegen wurden beide Flugschriften auf Verlangen am 3.Aug. an den Marschall Lefövre übersendet. Indessen hatte sich das Loos des Buchhändlers v. Jenisch und Genossen in Paris ganz anders gestaltet als die Augsburger Poli zeidirection vermuthete. Diese hatte gegen ihre Absicht der franzö sischen Macht Gelegenheit gegeben, sich an den armen arglosen Buch händlern Deutschlands zu rächen. Sie hatte gewähnt, mit der Con fiscation und ersten Verwarnung seien die „Schuldigen" absolvirt. Da man aber der französischen Militärgewalt nicht nur die belasten den Flugschriften, sondern auch die Untersuchungsprotokolle einge- händigt hatte, war der Prozeß an die Instanz des französischen Kai sers und seines Militärgerichts überwiesen. Schon am Donnerstag den 7. Äuguft 1806 verkündete das „Journal de l'Empire": der Kaiser habe „die Verbreiter jener Flug schriften, als schuldig des Versuchs, die Bewohner Schwabens gegen die französische Armee aufzuwiegeln, einer Militärcommission über geben lassen". Schon gingen die strengstenVerhaftsbefehle an die französischen Militärbehörden von Paris nach Augsburg und Nürnberg. Und mit welcher Begründung verkündete man dem französischen Volk und der französischen Armee diese Gewaltmaßregel? Mit einer wissentlichen Unwahrheit. In Paris wußte man aus dem Untersuchungsprotokoll, daß Jenisch von der Stein'schcn Buchhandlung in Nürnberg im Ganzen zwölf Exemplare der beschwerenden Flugschrift empfangen, daß er davon nur neun an seine gewöhnlichen Abnehmer verkauft, und drei unverkaufte der Polizeidirection Augsburg übergeben hatte. Der französischen Armee und dem französischen Volk wurde aber durck das Journal de l'Empire am 7. August verkündet: der Buchhändler Stage (v. Jenisch) habe mit einer großen Anzahl dieser Flugschrif ten (srsnä uowbrs lls libstleg) „ganz Schwaben überschwemmt!" (llont il n iuoulls Is. Louubs). So rechtfertigte das Kaiserreich eine der ungerechtesten Ver letzungen des Völkerrechts, die jetzt ein unerhörtes Trauerspiel vor bereitete. Mittwoch, 13. August 1806 erhielt derFrhr. v. Andrian von dem General Nänö die officielle Mittheilung, daß er aus Auf trag des französischen Kriegsministers Prinzen Alexander (Berthier) den Commis der Buchhandlung Stage durch französische Gendar mes habe arretiren lassen, weil er einige Flugschriften, welche das bayerische Volk gegen die französische Armee aufzubringcn suchten, verbreitet habe". Andrian und der königl. Organisations-Commiffär der Stadt Baron v. Widemann erkannten sogleich die Tragweite dieses Ereig nisses. Sie hielten „auf der Stelle" eine Berathung mit einander, und faßten den Beschluß, dem General eine Verwahrung „gegen dieses in einem alliirtcn Staat unerhörteVerfahren" zu übersenden, und ausdrücklich zu verlangen, „daß derArretirte neben dem franzö sischen auch durch bayerisches Militär bewacht, und bis zur Änkunft „von Verhaltsresolutionen" Sr. Majestät des Königs von Bayern nicht von Augsburg abgeführt werden soll. Andrian und Widemann entschlossen sich auch, den Gefangenen „schlechterdings nicht aus der Stadt abführen zu lassen, bis nicht eine ausdrückliche allerhöchste Entschließung des Königs erfolgt sein würde". Sie setzten unverzüglich den bayerischen Kommandanten OberstNeumann mit dem Ersuchen inKenntniß: „sowohl die gemein schaftliche Bewachung des Ärrestantcn zu besorgen, als auch den Haupt- und Thorwachcn den Befehl zu geben, sich der Abführung des Zenisch zu Widerschein Zugleich sind alle Maßregeln durch Auf stellung von Polizcidienern um das Gqfängniß rc. ergriffen worden, wodurch die unvermuthetc oder geheime Abführung des Gefangenen verhindert und im Nothfalle der Gewalt wieder Gewalt entgegenge setzt werden könnte." Sogleich machte sich auch der Frhr- v. Andrian eiligst bereit, selbst persönlich nach München zu fahren, und dem Könige die Mit theilung des Generals Rönä in der Urschrift zur Einsicht vorzulegen, 372*
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