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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.09.1916
- Strukturtyp
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- 1916-09-07
- Erscheinungsdatum
- 07.09.1916
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 208, 7. September 1016. mit Erzählungen und Novellen fanden zuerst wenig Liebhaber, seitdem aber der Kompagniebuchbinder immer mehrere zu einem stärkeren Bande bereinigte, sind sie ebenso gesucht wie andere um fangreichere Bücher. Da man niemand am Wohltun hindern soll, so habe ich auch einige Bändchen »Krieg und Liebe« ausge nommen, allerdings mit dem Ergebnis, daß ein durch den Um schlag bestochener Entleiher ein Heft mit den Worten zuritck- brachte: »Dergleichen blödsinniges Zeug kann kein vernünftiger Mensch lesen«. Als ich einst jemand fragte, welchen Eindruck er von dem Roman einer Schriftstellerin erhalten habe, den ein süddeutscher Verleger herausgebracht hat, wurde mir die Ant wort zuteil: »Das ist nichts, mein liebster Autor (sie!) ist Ull stein«. Die von der zuständigen Sammelstelle erhaltenen 60 Bände werden wir demnächst gegen die gleiche Anzahl neuer Werke Umtauschen und versuchen, in der Hauptsache belletristische Lite ratur zu erhalten, da sie für die Leute unserer Konrpagnie am er wünschtesten ist. Bei einer Kompagnie eines benachbarten Regiments verleiht der Telephon» H., anscheinend der Sohn eines sächsischen Ver legers, Lektüre an seine Kameraden. Aus dieser Bücherei kamen mir einige dünne Heftchen zu Gesicht, von denen jedes auf der ersten Innenseite des Umschlags einen gedruckten Zettel trägt, worin der Verleiher seiner Erwartung Ausdruck gibt, daß im Falle eines Alarms jeder Kamerad sein Buch in den Tornister packt, um es dadurch der Gesamtheit zu erhalten. Es liegt hier eine sehr anerkennenswerte, private Bestrebung eines Feldgrauen vor, feinen Kameraden guten Lesestoff zur Verfügung zu stellen. Lesehallen für Soldaten findet man in fast jeder größeren Ortsunterkunft im Westen, es sind darin außer Büchern im allgemeinen noch Tageszeitungen ausgelegt. In einem kleinen Orte unseres Abschnitts besteht eine Lesehalle, verbunden mit Unterstand, was in Hinsicht auf die Benutzer als geradezu ideal bezeichnet werden mutz; denn diese haben bei plötzlich ein tretender Beschießung sofort den notwendigen materiellen Schutz, und so sehr auch die meisten Feldgrauen die Eigenschaften eines guten Buches zu schätzen wissen, so sind sie alle noch viel mehr von den Vorzügen eines bombensicheren Unterstands überzeugt. Die Schlacht um Leipzig. (Übersetzung aus »U'Oeuvre« (Paris) Nr. 329 v. 18. August 1916.) Da seht sie, die Männer von Paris in Schlachtordnung! Hinter den beiden Herren zur Front der Unsrigen vorrückend bis nach Lyon. Edouard Hcrriot hat den ersten Speerwnrf getan. Man ist noch kaum weiter gekommen als zu Plänkeleien. Aber schließlich wird man doch anch ein richtiges Gefecht liefern müssen, und das wird man in Paris liefern. Hier in Paris wird das Leip ziger Joch abgcschnttelt werden. So verkündet man feierlich. Warum nur hat es erst des Krieges bedurft, um uns erklären zu lassen, daß dieses Joch unerträglich ist? Genug, es ist geschehen. Wir werden cs nicht länger dulden, daß Leipzig der Mittelpunkt des Weltbuchhandels sei, nicht mehr zulasscn, daß Europa und die übrige Welt ihre Reiseführer und Musikpartituren in Leipzig bestellen, daß die großen Buchhandlungen in Europa und Amerika für ihre Aufträge ihren Vermittler iu Leipzig halten, daß unsre Hochschulen die besten Texte, oft genug die einzig brauchbaren von griechischen und römi schen Autoren, aus Leipzig beziehen. Denn so war es bei uns noch im Jahre 1914. Wie weit sind wir damit nun heute gekommen? Ich wiederhole: wir arbeiten an unsrer Befreiung. Seit der Maire von Lyon, der Präsident der »Soeiet« ckes Z6N8 cko lettres«, Schriftsteller und einige Verleger und Buchhändler an den Ufern der Saone den ersten Kongreß des Buches abgehalten haben, be reitet man sich entschlossen zum nächsten Kongreß in Paris vor. Man wisse, daß die Verleger, große Feudalherren, ihre Waffenrüstung be gonnen haben. Ach, — aus den Tagen von damals sind inzwischen lange Monate geworden. Das Lyoner Scharmützel liegt schon in weiter Ferne. Aber haben wir denn auch einen Anführer, eine ernst zu nehmende Heeresleitung? 1170 Das ist nicht sicher. Die Meinungen gehen auseinander, schwanken. Die einen glaube», daß Deutschland uns einen Wettstreit in der Massen- erzeugung aufnötigen werde (9000 Neuerscheinungen im Jahre gegen 35 000); andere erwarten das Heil von neuen Zolltarifen; wieder andere halten dafür, daß hier die allgemeine Opferwilligkeit einzutreten habe. Heilige Opferwilligkeit, vorausgesetzt, daß die Verleger sie nicht anrufcn. Sie hat ja schon so«viele edelmütige Bestrebungen mit Eitel leit geschlagen. Ich denke an dies« Dame, die in den ersten Kriegs monaten sprach: Dieser Krieg fordert Opfer von jedermann. Ich selbst habe damit angefangen. Ich entzog meinem Dienstpersonal den Wein. Es ist zwecklos, über die Tyrannei des deutschen Buchhandels zu jammern, wenn ivir dabei die Augen vor unseren Fehlern und Schwächen verschließen. Leipzig hat sich organisiert, um zu verkaufen, und zwar an die ganze Welt, Paris, um alle Kundschaft abzuschrecken. Oder vielmehr, Paris ist überhaupt nicht organisiert. Paris sieht die Seine zwischen den Buden und Kästen der Büchertrödler dahinflicßcn. Leipzig dagegen spannt alle seine Kräfte an, um seine Herstellung von geistigem Handwerkszeug zu verstärken. Paris läßt die seinige auf einen Grad hernntersinkcn, der die Würde des französischen Geistes be denklich bloßstellt. Das ist ein Skandal! Im Norden Europas, bei den Russen, in Südamerika sind die Nachschlagebücher, die Enzyklopädien, die Lehrbücher der Mechanik, der Baukunst, der Heilkunde deutschen Ursprungs. Warum? Die Gesamtwerte oder ausgewählten Stücke von Racine, von Mö llere, von Voltaire, die man in Petersburg liest, sind in Leipzig ver legt. Warum? Hier in Paris sind die zuverlässigen und wohlfeilen Textsamm- lungen unsrer Gelehrten, unsrer Philosophen, unsrer Schriftsteller er staunlich unvollständig. Man schlage den Katalog eines großen Ver legers auf; man wird darin zahlloses dummes Zeug finde«, soge nannte soziologische Schriften, aber, was klassische Texte betrifft, weder Descartes, noch Condillac, noch d'Alembert; die findet man dagegen überreich und für wenige Mark erhältlich jenseit des Rheins. Und ebenso Ronsard, Amyot, Rousseau, Diderot . . . Warum? Die Folge davon ist, baß unsre Professoren und Studenten sich fast immer nach dahinten wenden, daß wir den ausländischen Studie renden Paris verleiden und daß wir uns alle Mühe gegeben haben, für den Erfolg der Hochschulen des Feindes zu arbeiten. Man beachte, daß Engländer und Italiener, diese beiden, sich schon vor dem Kriege daran gemacht hatten, den Wirtschaftskampf aufzunehmen. Wir andern nicht. Warum? Hat man vielleicht für eine philosophische Studie oder andere wis- schenschaftliche Arbeit eine zuverlässige Bibliographie zusammenzu- stellen, so ist man genötigt, zwölf Deutsche gegen vier Franzosen darin aufzunehmen. Und einer von solchen Gelehrten bei uns, der eben ein Werk voll glücklicher Forschungsergebnisse iiber den Jansenismus im Manuskript vollendet hatte — es sind jetzt vier Jahre her —, hatte noch nicht die Feder angesetzt, um einen wagemutigen Pariser Ver leger zu suchen, da gab sich ihm schon Gelegenheit, deutsche Anerbieten abzulehnen. Wie kommt das? Sprechen wir vom Handel. Unsre Buchhändler sind Ignoranten, als Kaufleute schlechte Kaufleutc. Von den Pariser Buchhändlern be sitzen nicht einmal alle den doch ganz unentbehrlichen »Lorenz«. Recht wenige von den Buchhändlern in den Unterpräfekturen halten die »Liklio^raplrie cle 1a Kranes«. Wenn Stockholmer oder Petersburger oder Bukarestcr Buchhändler sich aus einem allgemeinen Katalog Rats erholen müssen, so suchen sie ihn in einem deutschen Katalog. Biblio theken in franzvsischfrcundlichen Ländern bestellen in Leipzig, um alles das in angemessener Frist zu empfangen, womit sie in Paris auf alle erdenklichen Schwierigkeiten stoßen würden. Hier liegt das Übel. Hier klafft das ungeheure häßliche Loch, das zu stopfen sein würde. Wird man das tun wollen? Alle unsre guten Wünsche zum Pariser Kongreß! Aber lassen Sic mich Ihnen eine wahre Geschichte erzählen: Ein alter Herr, der sich der französischen Propaganda widmete, aber mit den Neuigkeiten des Büchermarkts wenig auf dem laufcndeu war, wollte ein Verzeichnis von zu verbreitenden Büchern unfertigen. Ein Bibliothekar, an den er sich wandte, glaubte ihm mit gutem Rat zu dienen, indem er ihn an den Oeroie cle la I^idrairie wies. Das war doch wohl recht so, nicht wahr? Weit gefehlt! Der alte Herr war tief betrübt. In 117, Boulevard Saint-Germain fand er außer dem Pförtner nur einen recht manierlichen kleinen Beamten, der ihm ervffnete: Ich weiß nicht, ob Sie das werden finden können .... — Eine Schlacht also, — sci's drum. Aber wo ist der Befehls haber? Franyois Lebon.
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