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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.06.1911
- Strukturtyp
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- 1911-06-27
- Erscheinungsdatum
- 27.06.1911
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7656 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Sprechfaul. ^ 146. 27. Juni 1911. Fraktur und Ausländer. (Vgl. hierzu besonders die Einsendungen in Nr. 123 u. 129.) Herr Otto Schulze in Edinburgh warnt als langjähriger Sortimenter im Auslande davor, deutsche Bücher in Fraktur setzen zu lassen trotz meiner »von Autoritäten wimmelnden Aufsätzei. Mag hier und da einmal ein Ausländer erklären, viel leicht auch nur vorgeben, er sehe vom Kaufe eines deutschen Buches ab, weil es in deutscher Schrift gedruckt sei. Die Frage, ob der Absatz deutscher Bücher im Auslande tatsächlich durch deutschen Druck leiden würde, ist doch durch eine Umfrage der Berliner Aka- demie der Wissenschaften bei ausländischen Gelehrten wie durch meine Feststellungen mit einiger Sicherheit negativ entschieden. Gerade wer bloß etwas Deutsch gelernt hat, wird in Verwirrung gebracht, wenn wir ihm deutsche Bücher in Antiquadruck vorsetzen, denn es gibt keine deutsche Sprachlehre für Ausländer, und kann keine geben, aus der der Ausländer das Deutsche anders lernen könnte, als im deutschen Kleide. Übrigens habe ich keineswegs die Lateinschrift einseitig ver dammt, sondern in der Verleger-Erklärung, deren Wortlaut von Herrn Robert Boigtländer und mir herrührt, ist ausdrücklich fest gestellt, daß wir der Lateinschrift, wo sie angebracht sei, ihr Recht lassen wollten. Einseitig sind vielmehr die meisten Lateinschriftler. Insbesondere würde ich selbst einem jungen Mediziner, oder einem Techniker nicht gerade empfehlen, sein Buch in Frakturschrift drucken zu lassen, nachdem in diesen Wissenschaften nun leider einmal der Antiquasatz zur Herrschaft gelangt ist. Daß »der Deutsche im Auslande gerade als Deutscher mehr gefürchtet als geachtet« ist, habe ich eingehend begründet. Der Satz kann nur im Zusammenhänge verstanden werden. Selbst verständlich gibt es zahlreiche geachtete Deutsche im Auslande. Aber man liebt uns nicht als Vertreter des deutschen Volkes, dem man die unsinnigsten Bestrebungen und Kriegs gelüste zutraut. Wollten wir doch nur endlich einmal Ernst machen mit der Erkenntnis, daß wir auf dem weiten Erdenrund als Volk nirgends Freundschaft haben noch jemals zuverlässige Freundschaft gewinnen können, solange wir überhaupt noch an eine Zukunft des deutschen Volkes und des Deutschen Reichs in der Welt glauben und dafür arbeiten. Dann würde es auch endlich aufhören, daß wir jedem aus ländischen Chauvinismus nachgeben und dadurch nur uns selbst in der Achtung des Auslandes herabsetzen. Der Engländer z. B. ist eine aufrechte Natur, und wer seine Schuldigkeit tut, wird von ihm immer geachtet. Ich habe das gerade in der Schrift frage von Ausländern im vollsten Maße erfahren können und wünschte allen Herren Kollegen im Auslande einige Steif- nackigkeit und mehr Festhalten an unserer berechtigten völkischen Eigenart, ehe sie sie auf unverständigen vielleicht gar mißgünstigen Tadel hin preisgeben. Herr Weyhe in London, der Herrn Schulze mit einem Hinweis auf das Begehren fremdsprachlich-deutscher Wörter bücher mit Satz rein aus Antiqua sekundiert, hat wohl meinen Artikel über Wörterbücherdruck 1910 in Nr. 169 d. Bl., den ich ihm gern senden will, nicht gelesen. Ich darf nach der Wirkung, die dieser Artikel gehabt hat, sicher sein, daß kein verständiger deutscher Verleger den einige wenige Male vorgekommenen Fehler wiederholen wird, auf den großen Vorzug der Heraus hebung der deutschen Wortbedeutungen durch die deutsche Welt- letter-Spielart zu verzichten. Wörterbücher werden gerade von Anfängern am meisten gebraucht, der Anfänger aber kennt ja die deutschen Worte nur im deutschen Kleide. Sollten wir ihn künstlich verwirren durch mit Antiqua veränderte Wortbilder? Herrn Hölschers Witzeleien über k'vllkl'H fallen auf ihn selbst zurück, wie Herr Herwig schon gezeigt hat. Ein noch bedenk- licheres Licht auf seine Kampfesweise wirft aber, daß er meinen ihm so unbequemen Bericht von dem Dienstmädchen des amerikanischen Professors, das Fraktur »glattweg, ohne Anstoß« lesen konnte, dadurch zu verdächtigen sucht, daß er in bezug auf mich von »diesem Professor, den er nicht nennt«, redet. Ich lege diese Giftblüte des Schriftkampfes gelassen zu den übrigen. Es ist wohl nicht ohne Grund, daß sie alle immer nur von der Antiquaseite kommen. H. findet den lediglich durch ein Versehen ausgefallenen Namen in dem im Druck befindlichen Sonderdruck. — Daß Professor Kirschmann seine »Philippika gegen die Antiqua«, d. h. seine gründlichen, experimentellen Untersuchungen in Antiqua hat erscheinen lassen, hat allein der Buchgewerbeverein zu verantworten. — Die Post macht nicht Lateinschrift zur Be dingung für Sendungen ins Ausland. Mir und vielen Andern ist noch niemals eine deutsch adressierte Sendung ins Aus land verloren gegangen. — Herrn Hölschers Japaner kann ich einen anderen Japaner, Minami, gegenüberstellen, der Professor an einer Kadettenanstalt ist und mir schrieb, daß, wie er selbst stets in deutscher Schreibschrift, wie gestochen, schreibt, seine Schüler mit Vergnügen die deutsche Schrift handhabten. — Der »großen Anzahl von Lehrervereinen« für, lassen sich mindestens ebensoviele gegen die Zurückdrängung der deutschen Schrift entgegenstellen. Wie aber das Stärkeverhältnis ist, will ich nur an einem Falle für viele zeigen. Nr. 22 der Hannov. Schulzeitg. d. I. berichtet: »Ein Antrag Norden« (auf der Jahres versammlung des Ostfriesischen Lehrervereins) »auf Einführung der Lateinschrift wird mit überwältigender Mehrheit ab gelehnt und an seiner Stelle eine Gegeneingabe an den Reichs tag beschlossen, worin u. a. gefordert wird: »dahin zu wirken, daß der Schulunterricht der zwei ersten Schuljahre die Kinder nur mit den deutschen Schriftzeichen bekannt mache«. Solche Beschlüsse werden aber die Regel werden, nachdem von einem Frankfurter Lehrer (wie ich mit Quelle belegt habe, Herr HölscherI) festgestellt worden ist, daß in Frankreich und England mehr Schreibstunden gebraucht und obendrein schlechtere Er- gebnisse als bei uns erzielt werden, daß also die Uberbürdung unserer Abc-Schützen, die Grundlage der Forderung der Reichs tagseingabe für Zurückdrängung der Lateinschrift, eine Ausgeburt der Phantasie der Lateinschriftler ist. Inzwischen mehren sich die Proteste. Nicht 2000, wie durch einen mir erst jetzt ausgefallenen Satzfehler in Nr. 108 gedruckt steht, sondern 20000 Lehrer umfaßt der Deutsch-österreichische Lehrerbund, der protestiert, daß man die deutsche Schrift ab- schaffen will, »während Millionen Deutscher im Auslande auf Leben und Tod deutsche Eigenart verteidigen«. Aus dem Kap- lande schreibt ein deutscher Pastor in der Täglichen Rundschau: »Ist nicht starke Betonung des Charakteristisch.Eigentümlichen, das wir doch in unserer Schrift haben, auch ein Band, das uns Deutsche untereinander verbindet, uns scharf unsere (natürlich tieserliegende) Eigenart immer wieder bildlich vergegenwärtigt und so uns das Rückgrat steif macht gegen unsere weichlichen An wandlungen, in einem allgemeinen kosmopolitischen Brei unterzutauchen? Die Heimat tut uns Auslands-Deutschen einen schlechten Dienst, wenn sie uns der Eigenart unserer Schriftsprache beraubt!« Derartige Stimmen mehren sich fortgesetzt. Aus den Vor posten des Deutschtums, aus Österreich z. B, liegen Erklärungen zur Gegeneingabe an den Reichstag vor vom Bunde der Deutschen in Böhmen, vom Deutschen Schulverein, vom Bunde der Deutschen Ostböhmens, vom Bunde der christlichen Deutschen in Galizien, vom Reichsbund deutscher Arbeiter »Germania« in Wien. Im ganzen sind bereits über eine halbe Million Unterschriften für die Reichstagseingaben zu Gunsten der deutschen Schrift eingelaufen, während der Lateinschriftverein in jahrelanger Arbeit nur 60 000 Unterschriften für seine Eingabe zusammengepreßt hat. Und dabei stehen wir erst am Anfänge des Kampfes, das Volk im Reiche hat überhaupt noch kaum an den Ernst der Sache geglaubt. Uns ist dieser Kampf aufgezwungen worden, und wir würden ihn gern beenden. Je länger, desto mehr scheinen aber Verdächtigungen, Verdrehungen und Entstellungen vom Gegner fortgesetzt zu werden. Da kann ein Fachblatt nicht um hin, der Herausstellung der wahren Sachlage den nötigen Raum zu opfern, mag auch jeder Vornehmdenkende, wie ich selbst am allermeisten, diese Sachlage bedauern. Mir wird niemand das Zeugnis verweigern können, daß ich stets sachlich geblieben bin, indem ich das Tatsachenmaterial dargeboten habe, das mir zufließt. Ich werde mich auch künftig nicht davon abbringen lassen und mich auf das Notwendigste beschränken. Darum überlasse ich auch das fünffache »Es ist nicht wahr« des Herrn Windeck nach der Beleuchtung durch die Anmerkung der Redak tion gleichmütig der Beurteilung aller wahrheitsliebenden Leser, wenn es nicht — was ich nicht erwarte — von beachtenswerter Seite aufgegriffen werden sollte. Göttingen Gustav Ruprecht.
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