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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.12.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-12-23
- Erscheinungsdatum
- 23.12.1916
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- Deutsch
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Nr. 298 MlLöMdeOmilNmMHMel :n> ,d- >lw , "s«d chsft .1» d-r S«zugsp«»l» Im WUgl?-d»b-Itrsg ^ ^ j?hrUch.^Ä^ch 0^!»° «»»sanb'^Aolg" t! N °u?> ^i-r^-xpsll^,- V-«»;-I>- °d-r d-r-n , /^6. 6M-.' .S.s M. f" Nich 3 U^MümöWMrjrMÄws'öeMNWnBwHMMlLrM'ÄiLpzi^ Leipzig, Sonnabend den 23 Dezember lvln 83. Jahrgang. Der Weihnachtsfeiertage wegen erscheint die nächste Nummer Mittwoch, den 27.' Dezember. Redaktioneller Teil. Der Geschmack im Buchhandel. Die Klage ist nicht erst von heute, daß die Geschmacksrichtung mancher Kreise im Buchhandel zu wünschen übrig lasse. Aller dings, über den Geschmack selbst gehen die Ansichten oft ausein ander. Darüber kann man aber nicht im Zweifel sein, daß, wie in der gesamten Geschäftswelt so auch im Buchhandel, zum Beispiel während des Weltkriegs, manches erschienen ist, was man dreist unter die Kriegsgreuel rechnen kann und das dereinst seinen Aufenthalt in der Schreckenskammer der Deutschen Bücherei fin den wird. Natürlich darf man die Schuld des schlechten Ge schmacks nicht einseitig dem betr. Verleger in die Schuhe schieben. Verleger, Sortimenter und nicht zuletzt das liebe Publikum sün digen nur zu oft -gegen den guten Geschmack. Will man somit diese Verhältnisse bessern, so muß man auf alle diese drei Faktoren Rücksicht nehmen. Betrachten wir zunächst einmal den Verleger. Hier finden wir oft in den Formaten der Bücher einen schlechten Geschmack. Formate, wie das Publikum sie sich nie und nimmer aufdrängen läßt, und wenn man mit Engelszungen redete. Da wird zuni Beispiel das Wort »Taschenausgabe« gebraucht, unter welchem Begriff der naibe Leser eine Ausgabe sich denkt, die er in die Tasche stecken kann. Abgesehen davon, daß von einer solchen Taschenausgabe oft eine große Anzahl Bände erscheint, ist das Format manchmal so unpraktisch und das Buch außerdem so dick, daß man zu seiner Unterbringung eine besondere Tasche erst bauen müßte. Gelingt es dem glücklichen Käufer, eine solche Taschenausgabe mit Nichtachtung des Futters und erheblichem Pressen und Zerren hineinzudirigieren, so sieht der Unglückselige aus, als habe er ein Wurstpaket in der Tasche und hamstere Vor räte ! Auch bei den Umschlägen wird oft gesündigt. Bald sind sie zu schreiend, bald so nüchtern, daß einem ein Gähnen ankommt, «he man das Buch liest. Was in Umschlägen geleistet werden kann, habe ich einmal an einem Beispiel gesehen. Vor einigen Jahren, noch in den schönen Tagen des Friedens, erschien ein Buch in englischer Sprache, »Dbs Lntiekrist in lipvpt«, das einen so packenden und doch nicht geschmacklosen Umschlag hatte, daß davon in einer einzigen Buchhandlung mehrere hundert Exem plare nur durch Ausstellung im Schaufenster ohne sonstige weitere Reklame verkauft wurden. In neuerer Zeit wird auch oft mit der Schrift ein besonderer Sport getrieben. Da erscheinen dis Schriftgießereien in der Sucht, etwas Neues zu bringen und die Konkurrenz zu schlagen, mit einer neuen Schrift, die vielleicht auf den ersten Blick besticht, nachher aber beim Lesen allgemeine Unzufriedenheit hervorruft, da das Publikum sich die Augen wund liest und das Buch wütend wegwirft. Auf den Inhalt komme ich natürlich gar nicht, denn sonst könnte man nicht fertig werden. Ebensowenig auf die Einbände, die oft auch keine Muster guten Geschmacks sind, beson ders wenn nach dem Grundsätze billig, billig! gehandelt wurde. Wenn wir zu den Zeitschriften und Zeitungen übergehen, so werden wir auch hier finden, daß, ganz abgesehen von dem Inhalt, oft schon im Format gegen den guten Geschmack gesün digt wird. Hier hat oft einfach der Techniker das Wort, und das Format der Maschine ist maßgebend für das Format der Zeit schrift oder Zeitung. Nachher soll das Publikum sehen, wie es mit der Zeitschrift fertig wird. Und dieses Publikum ist so geduldig, daß es meist, ohne Kritik zu üben, das unmögliche Format mit in den Kauf nimmt. Allerdings gibt es auch Andersdenkende. Mir passierte einmal, daß ein Kunde, dem ich eine derartige Zeitschrift mit einem ganz ungeheuerlich großen Format präsentierte, un wirsch sagte: »Was soll ich denn mit so 'nem Prietznitzumschlag?« Der Mann hatte recht, es war einer! Eine solche Zeitschrift zu lesen ist eine wahre Qual, besonders wenn noch Bilder den Text »zieren«, der auf einmal spurlos verschwindet, um an einer ganz unmöglichen Stelle weiterzugehen, nur nicht da, wo der gemeine Menschenverstand es vermutet. Auch die selbstverständliche Forderung, daß man eine Zei tung in der Mitte brechen kann, wird oft nicht erfüllt. Denn der Verleger hat sich darauf kapriziert, ausgerechnet 5 Spalten zu setzen, während es sicher mit 4 oder 8 auch gegangen wäre. Das Schönste dabei ist, daß der Verkäufer, also der Sorti menter, am meisten die Vorwürfe für alle dies« Sünden, Ge schmacklosigkeiten und Nachlässigkeiten büßen mutz, denn er wird dafür angefahren und persönlich verantwortlich und haftbar ge macht ! — Der Sortimenter ist der Berater des Publikums. Hier kann er, wenn er den guten Willen hat, manche Geschmacklosigkeit bekämpfen, die sich dieses vielköpfige Ungeheuer angewühnt hat, und viel Gutes stiften. Schreiber dieses passierte es einmal in seinem letzten Lehrjahr — tempi passati —, in dem man be kanntlich in Freiheit dressiert auf das Publikum losgelassen wird, um sich die ersten Sporen des Bedienens zu verdienen, daß eine umfangreiche, ältere Dame, die, ohne mich zu beachten, die Schränke für gebundene Belletristik öffnete, lauter blau gebun dene Bücher hervorholte, die sie aufs Format nach ihrer schönen Hand — Handschuhnummer 45 — Prüfte! Ich schaute staunend zu. Nachdem sie eine Anzahl ausgesucht hatte, erklärte sie herablassend: »Ich kaufe nur blau gebundene Bücher, so groß wie meine Hand, und habe schon eine recht schöne Bibliothek davon! Wäre ich nun schon in reiferem Alter gewesen, so hätte ich ihr einen schönen Vortrag halten können über die unendliche Geschmacksverirrung, natürlich, über und über verzuckert! So aber begnügte ich mich, die Bücher sauber cinzupackcn und mich zu freuen, daß ich meinen kostbaren Rat beim Kauf nicht zu geben brauchte, da sie ja alles selbst ausgesucht hatte! Die meisten, die ihre Bibliothek in irgend einer Weise ergänzen wollen oder ein Geschenk kaufen, kommen gewöhnlich nicht mit einem bestimmt ausgesprochenen Wunsch in den Laden. Manchen ist auch erst das Gewünschte förmlich aus dem Mund herauszuziehen! Man will erst Verschiedenes prü fen, miteinander vergleichen, um dann erst das Zusagende aus zuwählen, und verläßt nicht selten das Geschäft mit einem ganz anderen Buch beladen, als man ursprünglich zu kaufen beab sichtigt hatte. Manche Geschäftsleute betrachten es als ein Zeichen besonderer Gewandtheit, wenn es dem Verkäufer gelingt, nicht das an den Mann zu bringen, was der Käufer wollte, sondern eben das, was man am liebsten losschlägt, also einen — ent schuldigen Sie das harte Wort — Ladenhüter. Solche diplo matischen Kunststücke sind jedoch nicht am Platz, denn man spielt hier mit der Gefahr, sich das Vertrauen des Kunden in Zu kunft zu verscherzen, sobald er dahinterkomml. 1549
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