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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.02.1851
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 04.02.1851
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- Deutsch
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1851/j I Besprechung der parlamentarischen Fragen durch die Presse ganz abge- schnilten; denn es ist die Pflicht eines jeden Parteiorgans, belehrend, war nend, aufmunternd, die vorliegenden Gegenstände zu besprechen, und je ein dringlicher, überzeugender sie cs den Abgeordneten ihrer Partei zur Pflicht macht, sich so oder so zu entscheiden, einen je größeren moralischen Zwang sie ihrem Gewissen auflegt, um so mehr erfüllt sie ihren Beruf. Sie soll die Kammern zwinge», so und so zu stimmen, indem sie ihnen vorstellt: so ist es Recht, so ist es zum Wohl des Staates, das ist die wahre Stim me des Volkes, und wenn Ihr nicht so stimmt, so versündigt Ihr Euch gegen das Recht, den Staat, das Vaterland, das Volk. In allen Staa ten, wo eine Verfassung und eine freie Presse ist, hat man so die Aufgabe der Parteipresse verstanden, so haben die selbständigen berliner Zeitungen gehandelt von der Neuen Preußischen bis zur Urwählerzeitung: sic ha ben alle versucht die Kammern zur Fassung oder Unter lassung eines Beschlusses zu zwingen. Sollte eben diese neue Präventiv-Weisheit zum Gesetz werden, sollten Richter darnach erkennen, so würde Jeder ein Preßvergehen oder gar Verbrechen begehen, die Na- tionalcocarde und damit die Berechtigung verlieren ein Journal zu redigi- rcn, wenn er der Kammer rieche und, wenn es in seiner Macht stände, einen moralischen Zwang ihr auflcgcn würde, den Beschluß zu fassen, diese Bestimmung zu verwerfen. Alle Bestimmungen des Entwurfs, die aus dem Utopien der Angst aufgegriffen sind, hier zu besprechen, dazu haben die Spalten des Bör senblattes keinen Raum. Wir kommen vielleicht später noch einmal darauf zurück; hier greifen wir nur beiläufig eine heraus. Wie gründlich, ja er schöpfend auch die Bestimmung des früheren (leider durch die Kammern geschlüpften) Gesetzes besprochen, gewürdigt und verdammt ist, wonach der Sortimentsbuchhändler für den Inhalt von Büchern haften soll, deren Verleger und Verfasser nicht im richterlichen Bereich des Staates sind, so kommt der Entwurf doch auch wieder auf diese Bestimmung zurück, wodurch der ganze deutsche Buchhandel, wie er ist, wie er seit Jahrhunderten bestand, unmöglich gemacht wird, wenn nicht jeder Sortimentshändler vorher die hohen Studien eines ehema lige» königl. preußischen Censors durchmacht. Und auch dann ist es nicht möglich, denn der Sortimentshändler kann absolut nicht alle ihm zugeschick ten Bücher lesen; und wenn er es könnte, kann er denn jeden Angenblick „den eingetretenen Wendepunkt der höheren Politik" kennen, wodurch was gestern unschuldig war, heute straffällig wird? Kann er wissen, daß: heute an die Union nicht zu glauben ein Verbrechen ist, und morgen der Glaube daran wieder zu einem wird? Oder kann der Herr Premierminister täg lich auf die Tribüne treten und täglich dem Publicum und den Buchhänd lern den neuesten Wendepunkt der Dinge erklären? Und doch bestimmt Z. 42 nackt und dürr, ohne daß man im Gering ste» auf die Vorschläge geachtet, welche zur Abwendung dieses Absurdums gemacht sind: ,,der — Sortiments-Buchhändler — ist für den Inhalt (ei ner Druckschrift) verantwortlich — wenn der Verfasser sich nicht in dem Bereiche der richterlichen Gewalt Prcußcns befindet." O großer Savigny, wie haben sie dich mit Unrecht verketzert, als du unserer Zeit den Beruf zur Gesetzgebung absprachcst! — Daß das sran- zösische Gesetz ebenfalls jenen Grundsatz ausgenommen hat, macht uns kei nen Augenblick zweifelhaft, ihn doch als ein Absurdum zu bezeichne». Wenn er für Frankreich paßt, so paßt er nicht für Deutsch land, es ist der Funke einer principiellen Revolution in ein bestehendes Sustcm geworfen, deren Folgen und Ende gar nicht abzusehen. Wenn der chrcnwerthe solide Buchhandel durch solche Maßregeln zerdrückt ist, wird dem nicht zu controlirenden Winkel- und Schleichhandel muthwillig Thor und Thür geöffnet*). Nur ein Beispiel! Es gehört ein solcher Fall nicht zu dem Un möglichen. Minister von Manteuffel hat durch die rettende That die De mokratie besiegt. Es halfen ihm verschiedene Parteien in und außer dem Lande. Es halfen ihm die deutsche Partei, die Constitutionellen, Neactio- naire aller Fractionen, Junker, Pietisten, Stockpreußen. Wie nun, wenn ihm nach Beseitigung der Ersteren diese Letztere» auch lästig würden? Mit den Stockpreußen hat er es seit Olmütz verscherzt, die Pietisten sind nicht seine Passion und die Junker fordern mehr, als er abgebcn will. Wie nun, wenn er, auf so viele Siege stolz, auf sich selbst vertrauen und *) E« war der Vorschlag gemacht worden, die Verantwortlichkeit des deutschen Sortimentshändlers erentualiter nur auf die Bücher n, s. w. zu erstrecken, zu deren An kauf er durch eine Anzeige in de» Zeitungen besonders eingcladen. Auf diese konnte er verpflichtet werden, eine besondere Aufmerksamkeit zu richten; ihn für Alles , waS im leipziger Ballen, ohne Bestellung, ihm pro nvvitato zugeschickt wird, verantwortlich machen, ist aber nicht viel anders, als den Briefträger verantwortlich machen für den Inhalt der Briefe, die er austrägt. 3 allein herrschen wollte, d. h. nicht mit und nicht durch die Junker? Wenn er, so lange langmüthig, sich plötzlich zornfunkelnd erhöbe und auf dcr Tri- büne erklärte: „Ein Wend epu n k t i st k l a r, cs soll entschieden mit denen gebrochen werden, welche dicBürcaukratie ohne Unterlaß verunglimpfen?" Wer thut dies ehrenhafter und consequcnter als Herr von Bülow- Cummerow? Gesetzt, er hätte ein neues Buch geschrieben, was alles Unglück Preußens auf die Uebcrmacht der Beamten wälzte- Es brauchte gar nicht stärker zu scin als seine früheren Angriffe, aber nach jener Er klärung des „neuen Wendepunktes" wäre unzweifelhaft darin ein Prcßvcr- brechen. Es wäre in Leipzig gedruckt, nach Berlin versandt, doch che jene Erklärung auf der Tribüne erfolgte. Der Hofbuchhändler Herr Alexander Duncker hätte am Morgen einen Ballen mit 50 Exemplaren erhalten. Auf dicKunde davon wären schon am Vormittag, che er noch selbst Zeit gehabt, einen Blick hinein zu thun, alle diese 50 Exemplare abgcholt von Kunden aus dem Schlosse, den Linden, der Wilhclmsstraße. Man risse sie ihm aus dem Ballen, er könnte gar nicht alle seine vornehmen Kunden befriedigen. Bis Mittag wäre er dcnuncixt als Verbreiter einer ein Preßvcrbrcchen ent haltenden Druckschrift, denn gerade an diesem Tage könnte die Erklärung von dem neuen Wendepunkte der Tribüne herab erfolgt sein. Herr v. Bülow- Cummerow aber, der Wind bekommen von dem neuen Wendepunkte, wäre, um dem Sturm auszuwcichcn und nicht Anderer Schicksal zu thcilen, eiligst nach England gereist. In dem Lande der Erbweisheit (?) wäre er außer dem Bereiche der richterlichen Gewalt Preußens. Also nach tz. 42 wäre nun mehr der Hosbuchhändler Herr Alexander Duncker, der Sortimcntshändlcr, für den ganzen Inhalt verantwortlich! Es hälfe ihm nichts, daß er, der loyalste, mit Titeln und Orden gezierte Buchhändler, nichts von dem In halte des Buches gewußt, nichts, daß cs von einem der sonst lovalstcn Schriftsteller herrührte; er könnte sofort verhaftet werden, müßte für den gan zen Inhalt des Buches cinstehcn, die Strafe erdulden, er verlöre wahr scheinlich die Nationalcocarde, das active und passive Wahlrecht, die Re gierung von Potsdam könnte oder müßte ihm den Betrieb seines großen Geschäfts untersagen, und wenn er um die Erlaubniß einkäme, cs wieder zu betreiben, müßte er seine Unbescholtenheit, Zuverlässigkeit u. Bildung beweisen- Lx ungus leonem! Solche Gesetze macht man in der Mitte des 19. Jahrhunderts! Was würden unsere Lamprecht, Dicstclmcier, Cocccji, Suarcz und Klein dazu sagen, von den Stein, Hardenberg ganz zu ge schweige». Und was sagt Savigny dazu? Wäre es cmanirt im November 1848, im Frühjahr 1819, so hätte cs einen Sinn. Die damaligen wirklichen Ercesse der Presse, der Widerwille, die Angst, hätten manches entschuldigt, was nicht Reckt war. 1850 und bis jetzt 1851 liegt kein Grund vor, aus Gcspenstcrangst vor einer Presse, die nur Schmcrzenslautc hat über das, was geschieht, Gesetze zu geben, die alle ehemaligen Ercesse der Presse durch ihre eigenen über das Maß alles gültigen Rechts überbietcn. Die Wein- und Sauerkraut-Presse. Nrd c des Herrn Abgeordneten Ungcr in der Sitzung der II. sächsischen Kammer am 19. Decbr. 1850. (AuS den officiellen Mittheilungen.) „Ich werde ganz kurz sein, indem ich nur dankbar anerkenne, daß unsere Staatsregierung uns diesen Gesetzentwurf (derPresse) vocgclegt hat, welcher in der Verordnung vom 3- Juni andcutend zugesagt wurde. Ich muß gestehen, ich bin vollkommen damit einverstanden; wenn aber von meinem Herrn College» erwähnt worden ist, daß die Presse in Fesseln geschlagen worden sei und durch diesen Gesetzentwurf noch mehr in Fesseln geschlagen werde, so könnte ich dem nicht meine Beistimmung geben. Ich kenne auch noch Pressen, die frei sind, sie sind aber unschädlich, und ich glaube, die Kammer und auch mein Herr College Riedel werden damit einverstanden scin, daß die Frei heit dieser Pressen bestehen muß, ich meine nämlich die Wein- und Sauerkrautpressen. Wo aber, wie z. B- bei der Buchdruckerpresse, die Lumpensammler das Surrogat dazu liefern, wo alles Gute und Böse zusammcngeworfen wird und hier in den Buchdruckereien sich das Gute von dem Bösen scheiden soll, so wird man sich wohl damit einverstehcn, daß der Staatsregierung das Recht zustchcn muß, das Böse zu verhüten. Da, glaube ich, sind gesetzliche Bestimmungen nöthig, sie müssen bestehen, um das Gute vom Bösen zu sondern,
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