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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.06.1870
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- 1870-06-03
- Erscheinungsdatum
- 03.06.1870
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125, 3. Juni. Nichtamtlicher Theil. 1889 gering. Diejenigen Autoren, welche jetzt in Deutschland das beste Honorar bekommen haben, sind in neuerer Zeit Mendelssohn und in früherer Zeit Beethoven und Weber, Nun sagt der Herr Rcgierungscommissar, Men delssohn würde nicht so hohe Preise bekomme» haben, wenn der Schutz nicht bis drcisüg Jahre nach dem Tode gegolten hätte. Da möchte ich doch darauf anfmcrksam machen, dass Mendelssohn in seinem Briefwechsel, welchen ich gelesen habe, an Simrock in Bonn schreibt, er begreife gar nicht, wie er ihm so viel sür seine Compositioncn bezahlen könne. So stand Mendels sohn mit dem Verleger. Nn» frage ich, kann denn ein Verleger überhaupt übersehe», ob ein Werk so durchschlagen werde, daß es noch dreißig Jahre nach dem Tode des Autors verkäuflich ist? Ich muß das meinerseits leugnen. Rechnen Sic nun zugleich die Anzahl der Compositioncn, die überhaupt erscheinen. Ich habe neulich schon auSeinanecrgcsctzt, daß bei sechs Verlegern von Musikalicn im Ganzen 84,000 verschiedene Compositionen verlegt worden sind. Rechnen Sic diese ungeheure Zahl und fragen Sie dann, wie gering das Honorar sür die einzelne Leistung gewesen sein muß. Nun sage ich aber, wenn der Verleger Glück hat, wenn ein Werk cinschlägt, wie das bei Wcber's, Bccthoven's und Schubert's Compositioncn namentlich der Fall gewesen ist, welch' ein kolossales Geschäft macht er dann, und wie ist er im Stande, das Publicum auszubcuten. Nicht Diejenigen sind die Raubvögel, die da warten, daß die dreißig Jahre zu Ende gehen, um dem Publicum billige Ausgaben zu verschaffe», sondern die Verleger, die die Werke gekauft haben und nun die wucherischen Zinsen nehmen, sind die Raubvögel; und wie bedienen sic das Publicum? Ich bin leider nicht im Stande gewesen, mir die Schlcsinger'schc Ausgabe von Webcr's Freischütz zu verschaffen, wo Sic auf der Seite höchstens dreißig Noten finden; ich habe aber die zweite Ausgabe von Schubert's Müllcrliedcrn in der Hand: So sicht das Blatt aus, so siebt das aus — eine total zersprungene Platte. (Zieht ein Nvtenheft vor.) Und, meine Herren, das ist bereits die zweite Ausgabe; die Platten der ersten Auslage waren bereits vollständig zerstört, die konnten nicht einmal zu einem so schäbigen Abdruck benutzt werden. Und, meine Herren, was hat das Werk gekostet? Es hat ganz genau gekostet 4 Thlr, 20Sgr,; denselben Preis hat gehabt der Schwancngcsang und denselben Preis hat die Winter- rcisc gehabt. Nun frage ich Sic, meine Herren, das sind also gerade 14 Thlr,! Gegenwärtig können Sie das gcsammtc Werk kaufen für 1 Thlr, Das Publicum ist also seit 1828, wo Schubert gestorben ist, bis zum Jahre 1858 gezwungen gewesen, 14 Thlr, für diese Sachen zu bezahlen, die Sie jetzt für 1 Tlstr. kaufen. Ich muß übrigens nebenbei bemerken, daß hier ein Factum vorlicgt, welches auszuklären ich nicht im Stande gewesen bin. Meines Wissens hat der Schutz für Schubert, Beethoven und Weber gedauert bis 1867, Wie das gekommen ist, weiß ich nicht und habe ich nicht ermitteln können; seitdem sind die Gesammtausgaben erschienen. Die Bcethovcn'schen Sonate» kosteten früher 81 Thlr,, Sic können sic jetzt kaufen für 1 Thlr, Nun frage ich Sie, meine Herren, welche Veranlassung ist da gewesen, das Publicum solche kolossal thcurc Preise zahlen zu lassen! Die Musiker haben davon keinen Vorthcil. Selbst Beethoven hat, objchon er die verhältniß- mäßig höchsten Honorare bekam, doch auch nur sehr kärgliche Honorare bezogen. Denn seine ganze Hinterlassenschaft betrug 20,000 Gulden, und auch diese ist nur deshalb möglich gewesen, weil er in den letzten Jahren, indem er die Absicht halte, dieses Capital seinem Ncsscn zu hintcrlassen, ganz außerordentlich gedarbt hat und oft in der größten Verlegenheit gewesen ist, oaS, was er täglich zum Leben brauchte, sich zu erwerben. Meine Herren, der Berleg er hat das kolossale Geschäft gemacht, Sehen Sic sich die Ausgaben au, wie sie damals aussahcn und die meist bei verschiedenen Ver legern erschienen sind. Meine Herren, bei den Schriftstellern hat man angeführt, sie würden durch den dreißigjährigen Schutz gehindert, bei Lebzeiten eine Ausgabe ihrer sämmtlichcn Werke zu veranstalten; ich frage Sie aber, ist das nicht um gekehrt bei den Musikalicn der Fall? Gerade da hindern L>ie durch die Schutzfrist bis dreißig Jahre nach dem Tode, daß der Musiker bei Lebzeiten, wenn er ein hohes Alter erreicht, im Stande ist, eine Gcsammtausgabe zu mache». Sie hindern dies, weil Sic dreißig Jahre den Verleger schützen, den Verleger, der in den meisten Fällen für ein wahres Lumpcngeld die Compositioncn gekauft hat. Meine Herren, welche Veranlassung ist da, frage ich hier:, den Musikern gegenüber liegt gar keine Veranlassung vor, das habe ich Ihnen auscinandergcsetzt. Nun kommt die kluge Commission und sagt: ja, die Musiker sind so furchtbar dumm; sic sollten es besser machen. Der Herr Regicrungscommissar hat sich nicht genirt, dasselbe zu sagen. Ja, meine Herren, wenn der Gesetzgeber auftritl und sagt: ihr Leute handelt alle unvernünftig — dann handelt er selber unvernünftig. Das ist meine Meinung; denn ich bin fest überzeugt, daß der Mann, der im Leben steht, welcher mit den Leuten verhandeln muß, besser die Sache zu bcurthcilcn versteht, als ein Regicrungscommissar oder ein beliebiger Abgeordneter am grünen Tische des Hauses. Meine Herren, wenn die Musiker im Stande wären, derartige Contracte zu machen, so würden sie sic machen. Der Herr Regicrungscommissar hat gesagt, es kämen derartige Contracte vor. Es würde mir außerordentlich wünschenswert!) gewesen sein, wenn er den Namen der Verleger ginannt hätte. Dann würde ich es viel leicht haben machen können, wie ich es gestern versucht habe. Der Herr Berichterstatter bat mir privatim gesagt, er wisse genau — cs sei ihm von einem Manne mitgctbeilt worden, der ein solches Geschäft gemacht hatte — daß ein Musikalienhändler von Ruf in der Schweiz derartige Contracte mache, und ebenso Hofmeister in Leipzig, Der Schweizer ging mich natür lich nichts an, denn er fallt nicht unter das Gesetz, Außerdem ist der Musikalienhandcl in der Schweiz ganz außerordentlich gering und von sehr unbedeutendem Umfange, Ich habe zur größeren Sicherheit bei einem sehr bedeutenden Musikalicnvcrlcgcr angefragt, ob er die Firma von Hug kenne. Darauf hat er mir gesagt, er kenne sie nicht. Also, an den habe ich mich nicht gekehrt. Dagegen an Hofmeister in Leipzig habe ich telcgraphirt und habe dem Berichterstatter bereits die Antwort gezeigt. Er hat mir geant wortet, es wäre gar kein wahres Wort daran, ihm wäre es gar nicht be kannt, daß solche Geschäfte gemacht werden. Ich habe hier in Berlin mit großen Musikalicnvcrlegcrn gesprochen; sie haben mir alle versichert, sie wüßten gar nicht, daß solche Geschäfte gemacht werden. Nun, meine Herren, glaube ich doch, daß die Musikalienvcrlegcr in derartigen Dingen besser Bescheid wissen, als der Herr Rcgierungscommissar und der Herr Bericht erstatter, Davon bin ich meinerseits überzeugt, denn sic haben das aller nächste Geschäftsinteresse, sich um derartige Dinge zu kümmern. Also der Gesichtspunkt, der von der Commission ausgcsührt worden ist, scheint mir gar nicht zutreffend zu sein. Denn, meine Herren, der Gesetz geber soll sich dem Leben gegenüber nicht zu klug stellen, er soll nicht sagen, ihr Geschäftsleute versteht das nicht, ibr müßt das künftig besser machen, und darauf bin, daß ihr cS künftig besser machen werdet, will ich das Gesetz einrichtcn. Das geht nicht, meine Herren; das Gesetz wird allemal schlechter werden, wenn Sie es so einrichtcn. Was ist überhaupt das Gesetz, was muß das Streben der Gesetzgebung sein? Es muß sein, die Bedürfnisse des Lebens zu befriedigen und den Gewohnheiten der Menschen im Leben öffentliches Recht zu verschaffen. DaS ist der Ursprung aller Gesetze, Aber der Gesetzgeber darf nicht hintrctcn und sagen: ihr macht das alles schlecht, ihr versteht davon nichts, ich verstehe das viel besser wie ibr, ibr müßt das künftig so und so machen; denn damit bildet er sich ein, die Sache wird gut, allein umgekehrt, sie wird sehr schlecht, Sic erreichen durch diese Be stimmung weiter nichts als die fortgesetzte Ausbeutung des PublicumS und zwar nur zu Gunsten der Verleger; die Musiker haben nicht den geringsten Vorthcil davon. Meine Herren, ich habe erst gesagt, daß der Einwand des Herrn Re- gierungscommissars wegen der posthumen Werke allerdings etwas für sich stabe und der Herr Abgeordnete Meyer und ich haben uns deshalb entschlossen, uusern Antrag etwas zu modificircn. Wir wollen ihn nämlich folgender maßen fassen: „Der Schutz des gegenwärtigen Gesetzes gegen Nachdruck wird auf 30 Jahre nach dem ersten Erscheinen des Werkes, bei nicht veröffent lichten Werken auf 30 Jahre nach dem Tode des Urhebers gewährt," Mit dieser Fassung ist dem vollständig entsprochen, was der Herr Rc- gicrungscommissar verlangte. Und dann wollen wir Zeile 3 hinter „Er scheinen" cinschalten „beziehungsweise des Todes". Meine Herren, ich habe Ihnen auscinandcrgcsctzt, wie die Musikalien händler, welche so glücklich gewesen sind, irgend ein bedeutendes Werk zu kanseu, das Publicum derart mißhandeln, daß sie ihm vollständig unbrauch bare Sachen verkaufen für ganz außerordentlich tstcnrc Preise, Ich muß hinzusügen, daß all die Sachen meistens sehr schlecht herausgcgebcn sind. Sic enthalten eine große Zahl von Fehler», und erst die neueren Ausgaben, die dann später erscheinen, wenn das Werk altert, werden corrigirt durch sachverständige Musiker herausgcgcben. Es ist jetzt z, B. die große Ausgabe von Händel im Begriff zu erscheinen; die große Ausgabe von Bach erscheint überall vortrefflich corrigirt. Ferner zeichnen sich die Ausgaben von Beet hoven, Schubert und Weber, welche bei Peters erschienen sind, außerordent lich vor den früheren Ausgaben aus. Also das Publicum bat einen dop pelten Vorthcil: cs kauft das Werk thcilwcisc für den 30sten Theil des Preises, welchen cs früher zu zahlen hatte; zweitens, cs kauft ein gut ge drucktes Werk, das lesbar ist, uno nicht ein solches Werk, das auf zerbro chenen Platten, die Noten und Worte kaum lesbar machen, abgedruckt ist; und drittens, das Werk erscheint correct. Also, meine Herren, ich kann gar nicht cinsehcn, welche Gründe dazu versiegen sollen, hier bei dem vollständig mit dem Autorrechte von Druck werken disparat liegenden Falle die Sache ganz ebenso zu behandeln, die Materie ist eine vollkommen verschiedene. DaS Leben bat der Sache eine ganz andere Richtung gegeben und wir, meine Herren, haben die Aufgabe, das Leben und die wirklichen Verhältnisse anzuerkennen, dann allein werden wir im Stande sein, ein gutes Gesetz zu machen, Vicc-Präsidcnt Fürst zri Hohenlohe, Herzog von Ujest: Es ist ein Antrag auf Schluß der Debatte von dem Abgeordneten von Rochau eingc- reicht. Ich bitte diejenigen Herren, welche den Antrag unterstütze» wollen, sich zu erheben, (Eine ausreichende Anzahl Mitglieder erhebt sich.)
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